Glitzer-Events und Hokospokus
Jedes Jahr werden die Präsentationen auf der Funkausstellung noch aufgeblähter, noch absurder. Vorstände fahren im Formel-1-Wagen vor, DJs beschallen Hallen. Die Industrie veranstaltete auch in diesem Jahr wieder ein gigantisches Spektakel, um die rund 7000 Journalisten für ihre Neuheiten zu erwärmen.
Die Halle vier ist noch geschlossen. Hunderte Journalisten stehen in einer langen Schlange vor den grauen Stahltüren und warten darauf, hineingelassen zu werden. Sony überlässt nichts dem Zufall. Um Punkt 16 Uhr öffnen sich die Türen und der Empfang erinnert an die Hotels damals, Neunziger Jahre, Pauschalurlaub in Tunesien: Mit Gesang und Applaus empfängt das Personal die Gäste.
Junge, gut aussehende Menschen in schwarzen Sony-T-Shirts stehen Spalier für die Journalisten. Das japanische Unternehmen hat die ganze Halle gemietet: weiße Plastikstühle, auf denen Wasserflaschen für die Journalisten stehen. Weiße Tische, auf denen – noch unter Tüchern abgedeckt – die neuen Smartphones, Tablets und Kameras von Sony liegen. Und an den Wänden: zwölf übermannshohe Projektionsflächen. Ein DJ legt Musik auf. Es wird eng, weil die Stühle nicht ausreichen. Und eine Viertelstunde später betritt dann der Vorstandsversitzende von Sony die kleine Bühne.
Ladies and Gentleman, please welcome Kazuro Hirai. Thank you. Good afternoon. How is everybody doing? Thank you for joining us in Berlin. It's really an exciting time for me to be here. Particularly i will be showcasing the rapid change that we made at Sony.
Der Japaner ist Profi genug, um sich nicht anmerken zu lassen, dass er seine freundliche Ansprache von drei Telepromptern abliest. Drei Kameras nehmen ihn dabei auf und übertragen das Bild nicht nur an die großen Projektionsflächen in der Halle, sondern auch ins Internet. Dort kommentieren User die Veranstaltung live. Sind die vielleicht bezahlt? Unter Technikbegeisterten entsteht so jedenfalls eine Spannung, als ginge es um ein sensationelles Sportereignis. Aber am Ende geht es um: ein Telefon. Und die Journalisten können danach sogar eine 200 Euro Smartphone-Kamera mit nach Hause nehmen.
Auch der Elektronik-Konzern Samsung haut auf den Putz. Als erfolgreichstes Unternehmen der Smartphone-Branche hat er das komplette Berliner Tempodrom angemietet, 800 Menschen aus aller Welt kommen, gucken und staunen. Bewegt eine Gala für ein Telefon die Welt? Schicke, nichtssagende Filme, ein mehrköpfiges klassisches Orchester und zwei Menschen, die sich auf einer riesigen Bühne ein Smartphone angucken und sich darüber unterhalten.
Junge, gut aussehende Menschen in schwarzen Sony-T-Shirts stehen Spalier für die Journalisten. Das japanische Unternehmen hat die ganze Halle gemietet: weiße Plastikstühle, auf denen Wasserflaschen für die Journalisten stehen. Weiße Tische, auf denen – noch unter Tüchern abgedeckt – die neuen Smartphones, Tablets und Kameras von Sony liegen. Und an den Wänden: zwölf übermannshohe Projektionsflächen. Ein DJ legt Musik auf. Es wird eng, weil die Stühle nicht ausreichen. Und eine Viertelstunde später betritt dann der Vorstandsversitzende von Sony die kleine Bühne.
Ladies and Gentleman, please welcome Kazuro Hirai. Thank you. Good afternoon. How is everybody doing? Thank you for joining us in Berlin. It's really an exciting time for me to be here. Particularly i will be showcasing the rapid change that we made at Sony.
Der Japaner ist Profi genug, um sich nicht anmerken zu lassen, dass er seine freundliche Ansprache von drei Telepromptern abliest. Drei Kameras nehmen ihn dabei auf und übertragen das Bild nicht nur an die großen Projektionsflächen in der Halle, sondern auch ins Internet. Dort kommentieren User die Veranstaltung live. Sind die vielleicht bezahlt? Unter Technikbegeisterten entsteht so jedenfalls eine Spannung, als ginge es um ein sensationelles Sportereignis. Aber am Ende geht es um: ein Telefon. Und die Journalisten können danach sogar eine 200 Euro Smartphone-Kamera mit nach Hause nehmen.
Auch der Elektronik-Konzern Samsung haut auf den Putz. Als erfolgreichstes Unternehmen der Smartphone-Branche hat er das komplette Berliner Tempodrom angemietet, 800 Menschen aus aller Welt kommen, gucken und staunen. Bewegt eine Gala für ein Telefon die Welt? Schicke, nichtssagende Filme, ein mehrköpfiges klassisches Orchester und zwei Menschen, die sich auf einer riesigen Bühne ein Smartphone angucken und sich darüber unterhalten.
Abends in der Bar probieren die Journalisten Smartphones aus
Spät am Abend lädt das südkoreanische Unternehmen in eine Bar ein. Über den Dächern der Hauptstadt dürfen die Journalisten bis spät in die Nacht die neuen Geräte anfassen und ausprobieren. Und sich wichtig fühlen.
Das südkoreanische Unternehmen setzt weltweit 188 Milliarden Dollar um. Da darf es auf den als Pressekonferenzen getarnten Produktpräsentationen keine Fehler geben. Die Shows werden geprobt wie ein Bühnenstück. Thomas Kahmann, Marketing-Mann bei Samsung Deutschland:
"Technische Spezifikationen runtersprechen kann jeder, aber wenn man wirklich innerhalb von einer Stunde teilweise noch kürzer die Vorteile eines Produkts für den Alltag regelrecht inszenieren möchte und zeigen möchte, da gehört schon sehr sehr viel Vorbereitung dazu. Da muss schon alles zusammen passen. Entsprechend lang ist auch die Vorbereitungszeit. Eine Storyline gehört immer dazu, die Geschichte, die erzählt wird, muss natürlich erstmal konkretisiert werden."
Wo genau die Storyline verläuft und was eigentlich die Geschichte ist, bleibt unklar. Aber alles ist trendy hier - am meisten natürlich die neuen Smartphones und die Smartwatch – im Prinzip dasselbe, nur kleiner und am Handgelenk.
"Es geht einfach darum zu zeigen, welches Potenzial Produkte haben und welchen Bezug sie auch zu unserem Alltag haben und da reicht eine klassische Pressekonferenz heutzutage einfach nicht mehr aus."
Samsung hat eine dreistellige Zahl von Mitarbeitern auf die IFA geschickt. Unter anderem, um aus Pressekonferenzen "Produktevents" zu machen und um sich um ungefähr 7000 Journalisten zu kümmern, die auf der Messe unterwegs sind.
Jedes Jahr werden die Präsentationen noch aufgeblähter, noch absurder. Vorstandsvorsitzende fahren auch schon einmal mit einem Formel-1-Wagen auf die Bühne. Aber darüber wundern sich nur die wenigsten Journalisten:
"Mir taten die armen Angestellten leid, die eine halbe Stunde klatschen mussten, während die Journalisten alle reinliefen und einen Platz suchten. Mit fällt auf, dass viele CEOs und Vizepräsidenten hier sind und ihre ganze Firmenphilosophie erklären. Die mich eigentlich gar nicht interessiert, weil ich bin wegen der Neuheiten hier."
"Man sollte schon genug Medienkompetenz mitbringen, um zu wissen, dass man da gerade umworben wird."
"Wenn man sich tatsächlich nur auf Fakten konzentrieren will, ist man bei solchen Sachen falsch."
"Über die Jahre hat sich das so rauskristallisiert, dass man immer lauter, immer größer sein muss, damit man überhaupt noch gehört wird."
Die Elektronikkonzerne positionieren ihre Technikprodukte als sexy Alltagsgegenstände, die – hurra! - auch einen praktischen Nutzen haben. Eine Smartwatch mag nett sein. Aber nützlich? Der Marketing-Hokuspokus lässt sie gar unentbehrlich erscheinen.
Wirklich innovativ und neu sind auf der Internationalen Funkausstellung die wenigsten Produkte. Trotzdem müssen sie an den Mann gebracht werden. Und es funktioniert: Wir Deutschen wollen neue Smartphones. Schon jetzt liegen in unseren Schubladen 83 Millionen Handys ungenutzt herum. In ihnen sind fast zwei Tonnen Gold verbaut. Aber diese Seite – und auch, dass für 80 Gramm Smartphone 44 Kilogramm Rohstoffe benötigt werden – ist kein Thema bei den Glitzer-Events der Elektronikkonzerne.
Das südkoreanische Unternehmen setzt weltweit 188 Milliarden Dollar um. Da darf es auf den als Pressekonferenzen getarnten Produktpräsentationen keine Fehler geben. Die Shows werden geprobt wie ein Bühnenstück. Thomas Kahmann, Marketing-Mann bei Samsung Deutschland:
"Technische Spezifikationen runtersprechen kann jeder, aber wenn man wirklich innerhalb von einer Stunde teilweise noch kürzer die Vorteile eines Produkts für den Alltag regelrecht inszenieren möchte und zeigen möchte, da gehört schon sehr sehr viel Vorbereitung dazu. Da muss schon alles zusammen passen. Entsprechend lang ist auch die Vorbereitungszeit. Eine Storyline gehört immer dazu, die Geschichte, die erzählt wird, muss natürlich erstmal konkretisiert werden."
Wo genau die Storyline verläuft und was eigentlich die Geschichte ist, bleibt unklar. Aber alles ist trendy hier - am meisten natürlich die neuen Smartphones und die Smartwatch – im Prinzip dasselbe, nur kleiner und am Handgelenk.
"Es geht einfach darum zu zeigen, welches Potenzial Produkte haben und welchen Bezug sie auch zu unserem Alltag haben und da reicht eine klassische Pressekonferenz heutzutage einfach nicht mehr aus."
Samsung hat eine dreistellige Zahl von Mitarbeitern auf die IFA geschickt. Unter anderem, um aus Pressekonferenzen "Produktevents" zu machen und um sich um ungefähr 7000 Journalisten zu kümmern, die auf der Messe unterwegs sind.
Jedes Jahr werden die Präsentationen noch aufgeblähter, noch absurder. Vorstandsvorsitzende fahren auch schon einmal mit einem Formel-1-Wagen auf die Bühne. Aber darüber wundern sich nur die wenigsten Journalisten:
"Mir taten die armen Angestellten leid, die eine halbe Stunde klatschen mussten, während die Journalisten alle reinliefen und einen Platz suchten. Mit fällt auf, dass viele CEOs und Vizepräsidenten hier sind und ihre ganze Firmenphilosophie erklären. Die mich eigentlich gar nicht interessiert, weil ich bin wegen der Neuheiten hier."
"Man sollte schon genug Medienkompetenz mitbringen, um zu wissen, dass man da gerade umworben wird."
"Wenn man sich tatsächlich nur auf Fakten konzentrieren will, ist man bei solchen Sachen falsch."
"Über die Jahre hat sich das so rauskristallisiert, dass man immer lauter, immer größer sein muss, damit man überhaupt noch gehört wird."
Die Elektronikkonzerne positionieren ihre Technikprodukte als sexy Alltagsgegenstände, die – hurra! - auch einen praktischen Nutzen haben. Eine Smartwatch mag nett sein. Aber nützlich? Der Marketing-Hokuspokus lässt sie gar unentbehrlich erscheinen.
Wirklich innovativ und neu sind auf der Internationalen Funkausstellung die wenigsten Produkte. Trotzdem müssen sie an den Mann gebracht werden. Und es funktioniert: Wir Deutschen wollen neue Smartphones. Schon jetzt liegen in unseren Schubladen 83 Millionen Handys ungenutzt herum. In ihnen sind fast zwei Tonnen Gold verbaut. Aber diese Seite – und auch, dass für 80 Gramm Smartphone 44 Kilogramm Rohstoffe benötigt werden – ist kein Thema bei den Glitzer-Events der Elektronikkonzerne.