Globale Erwärmung

Klimaschützer verklagen Frankreichs Regierung

04:48 Minuten
Aktivisten haben die französische Regierung wegen ihrer Untätigkeit in Sachen Klimaschutz verklagt.
Aktivisten haben die französische Regierung wegen ihrer Untätigkeit in Sachen Klimaschutz verklagt. © picture alliance / NurPhoto | Estelle Ruiz
Von Christiane Kaess |
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Umweltschützer haben die französische Regierung verklagt, da diese ihrer Ansicht nach ihre klimapolitischen Zusagen nicht einhält. Es sei der einzige Weg, die Regierung zum Handeln zu bewegen, sagen die Kläger. Am Donnerstag begann die Verhandlung.
Die zwei Youtube-Comedians McFly und Carlito sitzen auf einem grauen Stoffsofa, blicken keck in die Kamera und erzählen, dass sie recht viel nachgedacht haben in letzter Zeit. Dann lässt McFly die Nachricht wie eine Bombe platzen:
"Wir werden ganz einfach den französischen Staat vor Gericht zur Rechenschaft ziehen."
"Für seine Untätigkeit bei den Klimavorschriften", fügt die Schauspielerin Juliette Binoche hinzu.
Der Astrophysiker Aurélien Barrau steht vor einer Häuserfront und mahnt: "Die Wissenschaftler sind verzweifelt. Sie wissen nicht mehr, wie sie es sagen sollen. Sie verstehen die Taubheit der Welt nicht."

Kritik: Der Staat hält seine Klimaversprechen nicht

Und die Wettermoderatorin Fanny Agostini erklärt in einem Restaurant: "Wir versuchen nach unseren Möglichkeiten den Müll zu trennen, weniger Fleisch zu essen oder Fahrrad zu fahren, aber wenn es nötig ist, alles zu verändern..."
... dann schafft es der Einzelne nicht mehr und der Staat muss seine Versprechungen einhalten, ergänzen andere prominente Stimmen in einem flott zusammengeschnittenen Video. Die Kampagne im Dezember 2018 von Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace oder Oxfam Frankreich kam an. Über zwei Millionen Menschen unterschrieben damals die Petition der "Affaire du Siècle", was so viel bedeutet wie "Die Jahrhundertfrage". Ein Rekord war das für Frankreich.

Den Erfolg erklärt sich Cécilia Rinaudo, Koordinatorin des NGO-Netzwerkes, heute so:
"Die Kampagne hat die hohen Erwartungen der französischen Bürgerinnen und Bürger getroffen. Sie sorgen sich sehr um die Klimaauswirkungen und wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Man hat Demonstrationen und allerlei andere Aktionen ausprobiert, um den Staat zum Handeln zu bringen. Nichts hat funktioniert. Und dann gab es etwas Neues, nämlich über die Justiz zu gehen."

Die Regierung widerspricht den Klimaschützern

Der Vorwurf an den französischen Staat: Er halte seine Zusagen nicht ein. Mit seiner Umweltpolitik werde er die Klimaziele nicht erreichen. Der damalige Umweltminister François de Rugy widersprach. Die aktuelle Regierung verfolge ohne Zweifel die höchste Ambition: null CO2-Emissionen bis 2050.
Punkt für Punkt listete er in einem zehnseitigen Papier das Klima-Engagement des Staates auf und argumentierte, die Ausgaben in den Klimaschutz seien substanziell, zum Beispiel für die erneuerbaren Energien.
Man strebe außerdem unter anderem an, dass bis 2040 keine Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden. Aber der Minister beklagte auch, dass manchen Bürgern die Dringlichkeit des Themas noch nicht bewusst sei. Er schrieb von "konservativen Nischen" und "Spaltungen" durch die Protestbewegung der Gelbwesten, die damals gegen die geplante CO2-Steuer auf die Straßen gingen.
Über dem Conseil d'Etat - Justizgebäude in Paris - wehen zwei französische Nationalflaggen.
Auch der Staatsrat, das oberste Gericht, befasst sich mit einer Klimabeschwerde gegen die Regierung.© imago / Karo
All das brachte die Klimaaktivisten nicht von ihrem Kurs ab. Im März 2019 zogen sie vor Gericht. Jetzt erhoffen sich die Kläger, dass die Regierung zur Verantwortung gezogen wird, sagt Cécile Rinaudo von der "Affaire du Siècle":
"Wir wollen, dass das Verwaltungsgericht anerkennt, dass der Staat einen Fehler gemacht hat. Weil er nicht alle notwendigen Maßnahmen umgesetzt hat, die er sich selbst auferlegte, um Frankreichs Treibhausgase zu reduzieren."

Nur schöne Worte seitens des Staates?

Das Land müsse schneller vorankommen bei der energetischen Gebäudesanierung oder dem Ausbau der erneuerbaren Energien. Auch wenn das zum Teil schon Regierungsprogramm ist, hinke der Staat hier seinen eigenen Zielen hinterher, so argumentieren die Vertreter der Umweltorganisationen.
In den zwei Jahren seit Beginn ihrer Kampagne hat die Regierung in Paris weiter an ihrer Umwelt-und Klimapolitik gearbeitet und Präsident Emmanuel Macron legt sich mächtig ins Zeug, um auf internationaler Ebene Allianzen für den Kima-und Umweltschutz zu schmieden. Cécile Rinaudo beeindruckt das nicht:
"Es gibt eine Menge schöne Worte vonseiten des Staates, sich zu engagieren für den Klimaschutz. Man redet von der CO2-Neutralität bis 2050. Sie bekennen sich zu all diesen Maßnahmen und halten schöne Reden, aber letztendlich kommt nichts dabei raus."
Ob man das am Pariser Verwaltungsgericht genauso sieht, wird jetzt mit Spannung erwartet. Ein Urteil, das die Regierung zu schärferen Klimamaßnahmen zwingen könnte, soll in einigen Wochen fallen.
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