Glück in der Mittelmäßigkeit
Ein Bestseller aus Frankreich, der den alten Satz vom Geld, das nicht glücklich macht, auf intelligente und amüsante Weise variiert.
Die Heldin ist rundum mittelmäßig. Sie ist weder schön noch charmant. Eine übergewichtige Frau mittleren Alters, die einen Kurzwarenladen führt, zwei erwachsene Kinder und einen langjährigen Ehemann hat, der sich auch am Beginn ihrer Liebe nicht durch besondere Leidenschaft ausgezeichnet hatte. Er war nie der ersehnte Märchenprinz, und es wird auch keiner mehr auf dem weißen Pferd vorbeikommen, um sie aus ihrer kleinbürgerlichen Umgebung herauszuholen. Die Frau weiß das, sie ist schließlich eine kundige Roman-Leserin.
Das könnte eine traurige Geschichte werden, aber der versierte Pariser Autor lässt seine - ihre Lage gelassen betrachtende - Heldin ganz und gar nicht sehnsüchtig auf eine andere Existenz hoffen. Die 47-Jährige ist glücklich in und mit ihrer Mittelmäßigkeit, zufrieden mit ihrem Mann, der von einem Flachbildschirm träumt und einem teuren Auto, mit ihren Ferien, die am immer selben Ort mit denselben Bekannten stattfinden – und mit ihren beiden Geschäftsnachbarinnen. Die sind Zwillinge, haben lange Beine und eine gute Figur. Sie führen einen Friseurladen und träumen noch vom großen Glück. Deswegen spielen sie auch jede Woche Lotto und malen sich aus, was sie alles machen würden, wenn sie den großen Gewinn ziehen würden. Und dann überreden sie die Freundin, auch einmal zu spielen.
Die Geschichte scheint absehbar, dass Unwahrscheinliche passiert: Die Heldin gewinnt die unglaubliche Summe von 18 Millionen. An dieser Stelle könnte der Roman eine rührselige oder eine sarkastische Wendung nehmen. Geld macht bekanntlich nicht glücklich. Die Psychologin der Lotteriegesellschaft malt der Frau aus, was ihr alles passieren, wer sie betrügen, wer sie anbetteln wird, wem sie nicht trauen darf. Aber die Ich-Erzählerin ist nicht nur mittelmäßig, sie ist auch klug. Sie macht Listen mit ihren Wünschen. Für keinen braucht sie wirklich viel Geld. Deswegen versteckt sie den Scheck und lebt erst einmal weiter wie bisher.
Dass das nicht wirklich geht, mit einem 18 Millionen-Gewinn im Schuhschrank, das weiß der Autor und schlägt deswegen eine unglaubliche Volte. Betrug und Verrat stehen nun im Mittelpunkt und alles, was die zickige Psychologin vorausgesagt hat, scheint sich zu erfüllen. Weil es sich bei diesem heiteren Roman aber nicht um große dramatische Literatur, sondern um eine kleine feine Geschichte über Glück, Geld und ausgleichende Gerechtigkeit handelt, muss sich am Ende alles zum Guten wenden.
Der Verräter wird bestraft, die Verratene belohnt. Ein neuer Mann taucht auf, Und schlank wird die Heldin auch noch. Das mag im Leben nicht häufig vorkommen, in einem unterhaltsamen, gut erzählten Roman wie diesem ist ein solches Ende jedoch erlaubt und ziemlich tröstlich.
Besprochen von Manuela Reichart
Grégoire Delacourt: Alle meine Wünsche
aus dem Französischen von Claudia Steinitz
Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2012
127 Seiten. 15,99 Euro
Das könnte eine traurige Geschichte werden, aber der versierte Pariser Autor lässt seine - ihre Lage gelassen betrachtende - Heldin ganz und gar nicht sehnsüchtig auf eine andere Existenz hoffen. Die 47-Jährige ist glücklich in und mit ihrer Mittelmäßigkeit, zufrieden mit ihrem Mann, der von einem Flachbildschirm träumt und einem teuren Auto, mit ihren Ferien, die am immer selben Ort mit denselben Bekannten stattfinden – und mit ihren beiden Geschäftsnachbarinnen. Die sind Zwillinge, haben lange Beine und eine gute Figur. Sie führen einen Friseurladen und träumen noch vom großen Glück. Deswegen spielen sie auch jede Woche Lotto und malen sich aus, was sie alles machen würden, wenn sie den großen Gewinn ziehen würden. Und dann überreden sie die Freundin, auch einmal zu spielen.
Die Geschichte scheint absehbar, dass Unwahrscheinliche passiert: Die Heldin gewinnt die unglaubliche Summe von 18 Millionen. An dieser Stelle könnte der Roman eine rührselige oder eine sarkastische Wendung nehmen. Geld macht bekanntlich nicht glücklich. Die Psychologin der Lotteriegesellschaft malt der Frau aus, was ihr alles passieren, wer sie betrügen, wer sie anbetteln wird, wem sie nicht trauen darf. Aber die Ich-Erzählerin ist nicht nur mittelmäßig, sie ist auch klug. Sie macht Listen mit ihren Wünschen. Für keinen braucht sie wirklich viel Geld. Deswegen versteckt sie den Scheck und lebt erst einmal weiter wie bisher.
Dass das nicht wirklich geht, mit einem 18 Millionen-Gewinn im Schuhschrank, das weiß der Autor und schlägt deswegen eine unglaubliche Volte. Betrug und Verrat stehen nun im Mittelpunkt und alles, was die zickige Psychologin vorausgesagt hat, scheint sich zu erfüllen. Weil es sich bei diesem heiteren Roman aber nicht um große dramatische Literatur, sondern um eine kleine feine Geschichte über Glück, Geld und ausgleichende Gerechtigkeit handelt, muss sich am Ende alles zum Guten wenden.
Der Verräter wird bestraft, die Verratene belohnt. Ein neuer Mann taucht auf, Und schlank wird die Heldin auch noch. Das mag im Leben nicht häufig vorkommen, in einem unterhaltsamen, gut erzählten Roman wie diesem ist ein solches Ende jedoch erlaubt und ziemlich tröstlich.
Besprochen von Manuela Reichart
Grégoire Delacourt: Alle meine Wünsche
aus dem Französischen von Claudia Steinitz
Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2012
127 Seiten. 15,99 Euro