Glühend verehrt und abgrundtief verhasst
Richard Wagner gilt als einer der bedeutendsten und zugleich umstrittensten deutschen Komponisten. An ihm scheiden sich die Geister: zwischen bedingungsloser Liebe und unbändiger Abneigung - ein Dazwischen gibt es kaum. Heute vor 200 Jahren wurde Wagner in Leipzig geboren.
"Im wunderschönen Monat Mai/ kroch Richard Wagner aus dem Ei:
ihm wünschen, die zumeist ihn lieben,
er wäre besser drin geblieben."
So selbstironisch, aber auch hämisch gegen seine Kritiker gratulierte sich Richard Wagner selbst 1855 zu seinem 42. Geburtstag. Da hatte er schon einige Opern geschrieben, neben den Jugendwerken "Die Feen", "Das Liebesverbot" sowie "Rienzi", dem größten Publikumserfolg zu seinen Lebzeiten, auch den "Fliegenden Holländer", "Tannhäuser" und "Lohengrin". Aber Wagner lebte im Exil, war ein in Deutschland steckbrieflich gesuchter Revolutionär, und sein großer Plan, das gewaltige "Ring"-Projekt zu beenden und zur Aufführung zu bringen, schien damit kaum realisierbar.
Als er am 22. Mai 1813 in Leipzig aus dem Ei schlüpfte, als letztes Kind der Bäckerstochter Johanna Rosine und des Polizeiaktuars Friedrich Wagner, der wenige Monate nach der Geburt dieses Sohnes starb, da war nicht abzusehen, dass dieser Spross neben dem im selben Jahr geborenen Giuseppe Verdi zu den bedeutendsten Opernkomponisten des
19. Jahrhunderts gehören sollte.
"Leidend und groß, wie das Jahrhundert, dessen vollkommener Ausdruck sie ist, das neunzehnte, steht die geistige Gestalt Richard Wagners mir vor Augen. Physiognomisch zerfurcht von allen seinen Zügen, überladen mit allen seinen Trieben, so sehe ich sie, und kaum weiß ich die Liebe zu seinem Werk, einem der großartig fragwürdigsten, vieldeutigsten und faszinierendsten Phänomene der schöpferischen Welt, zu unterscheiden von der Liebe zu dem Jahrhundert, dessen größten Teil sein Leben ausfüllt, dies unruhvoll umgetriebene, gequälte, besessene und verkannte, in Weltruhmesglanz mündende Leben."
So schwärmt Thomas Mann, der sich zeit seines Lebens in ambivalenter Faszination mit Wagner beschäftigt hat, und dessen Begeisterung – wie bei so vielen anderen – mit dem Vorspiel zum "Lohengrin" begann, jener sphärischen Musik, der sich bis heute kaum jemand zu entziehen vermag.
Auch für den Bayern-König Ludwig II. stand "Lohengrin" am Beginn seiner Wagnerbegeisterung. 1864, kurz nach seiner Krönung, ließ der junge Monarch den Komponisten, der mittlerweile nach einer Amnestie wieder deutschen Boden betreten durfte, suchen und an seinen Hof bringen. Ohne Ludwig als großzügigen Mäzen wären die "Meistersinger von Nürnberg" nicht komponiert worden, wäre der "Ring des Nibelungen" unvollendet geblieben, jenes Opus Magnum der Operngeschichte, in dem einerseits ein uralter Mythos beschworen wird, der aber gleichzeitig noch immer aktuell ist wegen seiner Kritik an den herrschenden Gesellschaftsstrukturen.
Nike Wagner, eine Urenkelin des Komponisten, die sich intensiv mit dem Leben und Werk ihres Vorfahren beschäftigt hat:
"Jede Zeit hat ihren Wagner, der Symbolismus hatte seinen Wagner, die Nazis hatten ihren Wagner. Ich glaube, dass wir heute wieder einen anderen Wagner haben. Ich glaube nicht, dass wir jetzt immer wieder an dem Widerspruch zugrunde gehen müssen, dass dieser schreckliche Antisemit so wunderbare Musik geschrieben hat, da kommen wir irgendwie nicht weiter."
Schon zwanzig Jahre vor seinem Tod schrieb Wagner seinen Grabspruch:
"Hier liegt Wagner, der nichts geworden,/ nicht einmal Ritter vom lumpigsten Orden;/ nicht einen Hund hinter’m Ofen entlockt’er,/Universitäten nicht ´mal `nen Doktor."
Auf dem Grabstein im Garten der Villa Wahnfried in Bayreuth, wo Wagner, der am
13. Februar 1883 in Venedig gestorben ist, begraben wurde, findet sich nichts davon, nicht einmal sein Name.
ihm wünschen, die zumeist ihn lieben,
er wäre besser drin geblieben."
So selbstironisch, aber auch hämisch gegen seine Kritiker gratulierte sich Richard Wagner selbst 1855 zu seinem 42. Geburtstag. Da hatte er schon einige Opern geschrieben, neben den Jugendwerken "Die Feen", "Das Liebesverbot" sowie "Rienzi", dem größten Publikumserfolg zu seinen Lebzeiten, auch den "Fliegenden Holländer", "Tannhäuser" und "Lohengrin". Aber Wagner lebte im Exil, war ein in Deutschland steckbrieflich gesuchter Revolutionär, und sein großer Plan, das gewaltige "Ring"-Projekt zu beenden und zur Aufführung zu bringen, schien damit kaum realisierbar.
Als er am 22. Mai 1813 in Leipzig aus dem Ei schlüpfte, als letztes Kind der Bäckerstochter Johanna Rosine und des Polizeiaktuars Friedrich Wagner, der wenige Monate nach der Geburt dieses Sohnes starb, da war nicht abzusehen, dass dieser Spross neben dem im selben Jahr geborenen Giuseppe Verdi zu den bedeutendsten Opernkomponisten des
19. Jahrhunderts gehören sollte.
"Leidend und groß, wie das Jahrhundert, dessen vollkommener Ausdruck sie ist, das neunzehnte, steht die geistige Gestalt Richard Wagners mir vor Augen. Physiognomisch zerfurcht von allen seinen Zügen, überladen mit allen seinen Trieben, so sehe ich sie, und kaum weiß ich die Liebe zu seinem Werk, einem der großartig fragwürdigsten, vieldeutigsten und faszinierendsten Phänomene der schöpferischen Welt, zu unterscheiden von der Liebe zu dem Jahrhundert, dessen größten Teil sein Leben ausfüllt, dies unruhvoll umgetriebene, gequälte, besessene und verkannte, in Weltruhmesglanz mündende Leben."
So schwärmt Thomas Mann, der sich zeit seines Lebens in ambivalenter Faszination mit Wagner beschäftigt hat, und dessen Begeisterung – wie bei so vielen anderen – mit dem Vorspiel zum "Lohengrin" begann, jener sphärischen Musik, der sich bis heute kaum jemand zu entziehen vermag.
Auch für den Bayern-König Ludwig II. stand "Lohengrin" am Beginn seiner Wagnerbegeisterung. 1864, kurz nach seiner Krönung, ließ der junge Monarch den Komponisten, der mittlerweile nach einer Amnestie wieder deutschen Boden betreten durfte, suchen und an seinen Hof bringen. Ohne Ludwig als großzügigen Mäzen wären die "Meistersinger von Nürnberg" nicht komponiert worden, wäre der "Ring des Nibelungen" unvollendet geblieben, jenes Opus Magnum der Operngeschichte, in dem einerseits ein uralter Mythos beschworen wird, der aber gleichzeitig noch immer aktuell ist wegen seiner Kritik an den herrschenden Gesellschaftsstrukturen.
Nike Wagner, eine Urenkelin des Komponisten, die sich intensiv mit dem Leben und Werk ihres Vorfahren beschäftigt hat:
"Jede Zeit hat ihren Wagner, der Symbolismus hatte seinen Wagner, die Nazis hatten ihren Wagner. Ich glaube, dass wir heute wieder einen anderen Wagner haben. Ich glaube nicht, dass wir jetzt immer wieder an dem Widerspruch zugrunde gehen müssen, dass dieser schreckliche Antisemit so wunderbare Musik geschrieben hat, da kommen wir irgendwie nicht weiter."
Schon zwanzig Jahre vor seinem Tod schrieb Wagner seinen Grabspruch:
"Hier liegt Wagner, der nichts geworden,/ nicht einmal Ritter vom lumpigsten Orden;/ nicht einen Hund hinter’m Ofen entlockt’er,/Universitäten nicht ´mal `nen Doktor."
Auf dem Grabstein im Garten der Villa Wahnfried in Bayreuth, wo Wagner, der am
13. Februar 1883 in Venedig gestorben ist, begraben wurde, findet sich nichts davon, nicht einmal sein Name.