Goethe-Institut befürchtet Schließungen
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Dem Goethe-Institut steht im kommenden Jahr eine Kürzung des Etats bevor, die zu Schließungen von Standorten führen könnte. Der Kulturwissenschaftler Julius Heinicke sieht damit Räume der Demokratie und der Kunstfreiheit gefährdet.
Das Goethe-Institut wird im kommenden Jahr wahrscheinlich mit 26 Millionen Euro weniger auskommen müssen als 2021, zehn Prozent des Etats. Das sieht ein aktueller Haushaltsentwurf der Bundesregierung vor.
Als Folge könnten von den weltweit 158 Instituten in 98 Ländern einige schließen: „Schon jetzt haben die 2022 erlittenen Kürzungen bewirkt, dass viele Institute im Ausland ihre Kulturarbeit bis Ende des Jahres praktisch einstellen müssen“, heißt es in einer Mitteilung des Instituts.
Freiräume für Debatten und Kunst
Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland, es soll die internationale kulturelle Zusammenarbeit pflegen und ein aktuelles Deutschlandbild vermitteln.
Durch Kooperationen mit Partnereinrichtungen verfügt es insgesamt über rund 1000 Anlaufstellen weltweit.
Sehr viel drohe verlorenzugehen, sagt Julius Heinicke, Professor für Kulturpolitik an der Universität Hildesheim. „Diese Haushaltskürzungen geben den Autokraten unserer Welt einen Punktsieg. Denn diese Freiräume, die die Goethe-Institute weltweit aufgebaut haben, sehe ich zum Teil bedroht, und somit auch eine demokratische Auseinandersetzung und ein Feld für die Autonomie der Kunst.“
Kulturarbeit ist langfristig wertvoll
Neben der Sprachvermittlung seien die Goethe-Institute Orte, an denen Kulturschaffen „gelebt und erlebt“ werden könne, sagt Heinicke. Sie hätten eine „enorme gesellschaftspolitische Relevanz“ und seien daher vielen Herrschern und Autokraten ein Dorn im Auge – weil sie eine Vielfalt an Perspektiven und Stimmen zu Wort kommen lassen.
Ebenso wirkten die Goethe-Institute auf die deutsche Gesellschaft ein. Dabei kämen durchaus auch Meinungen nach Deutschland, die vielleicht unbequem seien, aber wichtig für eine globale Gesellschaft: Stichworte seien die Debatten um Rückgabe von Gegenständen aus Kolonien oder um die documenta.
Die Erfolge des Goethe-Instituts und der Kulturarbeit seien nicht auf den ersten Blick sichtbar, betont Heinicke. Doch man könne die Früchte daran sehen, wie offen die deutsche Gesellschaft mit Vielfalt umgehe und wie attraktiv sie für internationale Arbeitnehmer und Künstler sei.
„Die Arbeit ist sehr wertvoll, aber eben langfristig", sagt der Kulturwissenschaftler. "In Zeiten, wo gekürzt werden muss, wird häufig gedacht, bei der Kultur oder Wissenschaft können wir sparen. Das ist genau der falsche Weg, weil das die Orte sind, die langfristig für demokratischen Austausch sorgen.“