"Keine Eingreiftruppe der politischen Einmischung"
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Im Zuge der US-Wahl hat FDP-Politiker Christian Lindner vorgeschlagen, die transatlantischen Beziehungen mit einem neuen Goethe-Institut im Mittleren Westen zu pflegen. Eine "schöne Idee", findet Institutsleiter Andreas Ströhl - mit einem Haken.
Die politische Landschaft in den USA mit all ihren Extremen scheint vielen hierzulande immer noch ein großes Rätsel zu sein. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat deshalb zur Stärkung der transatlantischen Beziehungen vorgeschlagen, dass die Goethe-Institute sich mehr in jene Gebiete vorwagen könnten, in denen Donald Trump auch dieses Mal wieder 60, 70 oder 80 Prozent der Stimmen bekommen hat – zum Beispiel in den Mittleren Westen, nach Wyoming, Montana, Colorado, Kansas, Nebraska oder Oklahoma.
Eine "schöne Idee" sei das, findet Andreas Ströhl. Er leitet das Goethe-Institut in Washington und ist für die Region Nordamerika verantwortlich. Bis vor 20 Jahren hätte es noch mehr Goethe-Institute in den USA gegeben. Einige seien jedoch zu Gunsten anderer Orte in der Welt geschlossen worden.
"Wir können nicht überall präsent sein"
Es gebe zwar einige kleine "Goethe-Pop-ups" mit jeweils zwei Personen im Mittleren Westen. Das einzige reguläre Institut sei jedoch in der Metropole Chicago. Es sei deshalb zwar eine richtige Überlegung, mehr in die Provinz zu gehen, sagt Ströhl: "Wir sind aber nicht eine schnelle Eingreiftruppe der politischen Einmischung. Zum anderen können wir nicht in den Dörfern und Kleinststädten überall präsent sein."
Man habe jedoch im Zuge der Coronakrise erfolgreich digitale Veranstaltungen und Methoden entwickelt, die nicht ortsgebunden seien: "Wir haben noch nie so viele Deutschkurse in den USA verkauft wie in diesem Jahr", sagt Ströhl.
Das Goethe-Institut arbeite zudem mit vielen gut vernetzten Partnern zusammen, die in die Gesellschaft wirken würden. "Wir könnten hier sehr viel mehr machen, das ist überhaupt keine Frage", sagt Ströhl. Das sei jedoch eine Entscheidung des Auswärtigen Amts.
Das Gefühl, etwas wert zu sein
Über die enge Wahlentscheidung ist Ströhl "ähnlich geschockt" wie andere Beobachter in den USA oder in Deutschland. Viele Menschen würden sich gedemütigt und abgehängt fühlen, versucht er die Wahl zu erklären.
Trump verstehe "bizarrer Weise – obwohl er reich ist" – diese Gefühle und könne sie manipulieren: "Es geht darum, den Leuten das Gefühl zu geben, dass sie wieder etwas wert sind und dass ihr Land wieder Wert hat. Das macht er sehr, sehr geschickt."
(sed)