"Überraschend und sehr unverdient"
Ein weichgespültes und austauschbares Biopic - so urteilt Kritikerin Anna Wollner über den Golden-Globe-Gewinner "Bohemian Rhapsody". Der Film über den Queen-Frontmann Freddy Mercury bringe nicht viel mehr als Ohrwürmer.
"Das tut schon ein bisschen weh", meint Kritikerin Anna Wollner zur Auszeichnung des Films "Bohemian Rhapsody" über Queen-Frontmann Freddie Mercury bei den Golden Globes in Los Angeles. "Diesen Film hatte keiner mehr so richtig auf dem Schirm."
Der Film gewann als bestes Drama. Die Entscheidung sei überraschend und "auch sehr unverdient", so Wollner. Bei einem Jahrgang mit vielen politischen Filmen sei es "ein absolutes Versäumnis", ein weichgespültes und austauschbares Biopic, das am Ende nicht viel mehr als Ohrwürmer bringe, zu prämieren.
Zu den politisch relevanten Filmen im Kinojahr 2018 zählte sie "BlacKkKlansman" von Spike Lee, "If Beale Street Could Talk" von Barry Jenkins oder die identitätsstiftenden Blockbuster "Black Panther" von Ryan Coogler und den Musikfilm "A Star ist born" von Bradley Cooper.
Favoriten haben sich durchgesetzt
Insgesamt hätten sich die Favoriten durchgesetzt. So Christian Bale als Dick Cheney in "Vice: Der zweite Mann" oder Olivia Coleman als Queen Anne in "The Favourite - Intrigen und Irrsinn" - beide in der Kategorie Schauspiel Komödie oder Musical.
Außerdem nannte Wollner "Green Book - Eine besondere Freundschaft". Der Film ist ein Road Trip über den Chauffeur Tony Lip, der Anfang der 60er-Jahre den afroamerikanischen Jazz-Pianisten Don Shirley durch Amerika fährt.
Beste Schauspielerin in der Kategorie Drama wurde Glenn Close für ihre Rolle "Die Frau des Nobelpreisträgers". Close habe diesen Globe Lady Gaga weggeschnappt, die für ihre Leistung in "A Star was born" mehr oder weniger gesetzt gewesen sei und ihre Redezeit für ein "flammendes Plädoyer für Frauen" genutzt.
Diversity wurde "groß geschrieben"
Das Thema Diversity sei bei den diesjährigen Golden Globes groß geschrieben worden, betonte Wollner. Als Beispiel nannte sie die Auszeichnung der kanadischen Schauspielerin Sandra Oh in "Killing Eve", die koreanischer Abstammung ist, und die Preise für Mahershala Ali als Nebendarsteller in "Green Book - Eine besondere Freundschaft" sowie für Regina King in "Beale Street".
Einen "Triumph" habe auch der Streamingdienst Netflix gefeiert, so Wollner. Dieses Novum sei womöglich wegweisend. Die Auszeichnung von Regisseur Alfonso Cuarón für "Roma" als bester ausländischer Film sei "ein Statement". "Roma" sei ein in Schwarzweiß gedrehtes, sehr persönliches Drama, das für den kleinen Bildschirm eigentlich verschenkt sei. Auf Netflix ist der in Spanisch gedrehte Film mit englischen Untertiteln zu sehen.
(huc)