Golden Records der NASA
"Dekolonisiert euch": Der Künstler Lukas Matthaei will die Voyager Golden Records von 1977 zeitgemäßer fassen. © picture alliance / AP Photo / NASA
Was für ein Menschenbild haben Außerirdische?
08:55 Minuten
1977 sandte die NASA eine Botschaft der Menschheit ins All – mit Bildern und Audios, die eher zufällig von weißen Amerikanern ausgewählt wurden. Der Künstler Lukas Matthaei meint: Die Voyager Golden Records sollten dringend remastert werden.
"Gruß vom Menschen an den Außerirdischen": Dieser Satz fasst kompakt zusammen, was die Voyager Golden Records sind. 1977 schickte die NASA mit den Raumsonden Voyager 1 und 2 die Golden Records ins All – Datenplatten, ähnlich wie Schallplatten, mit Bild- und Audio-Informationen. Die Platten wurden als Botschaften an Außerirdische erstellt - in der Hoffnung, dass diese irgendwann von uns Menschen erfahren würden.
Die Aliens haben 500 Millionen Jahre Zeit
Auch wenn die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, äußerst gering ist: 500 Millionen Jahre haben Aliens Zeit, die Golden Records zu entdecken. Sollte es die Menschheit dann nicht mehr geben, hätte sie immerhin einen Beweis ihrer (ehemaligen) Existenz hinterlassen.
Der Berliner Künstler Lukas Matthaei sagt allerdings: Das Team, das damals die Golden Records kuratierte, bestand aus vier weißen Männern und zwei Frauen, alle US-Amerikaner, die teilweise auch noch privat miteinander verbandelt waren (der auch in Deutschland populäre Astronom Carl Sagan war der wichtigste Kurator). Die Inhalte der Platten, die an Bord der Voyager-Missionen inzwischen unser Sonnensystem verlassen haben und in etwa 40.000 Jahren am ersten Stern vorbeikommen könnten, müsse man vor dem Hintergrund der Kritik an überkommenen Herrschaftsverhältnissen neu verhandeln.
Matthaei meint: Eine neue Version der Golden Records muss her! Er will eine künstlerische Neuauflage schaffen: "Wenn man sich vor Augen hält, das sind die von Menschen gemachten Objekte, die am weitesten draußen sind! Und gleichzeitig sind sie supermenschlich entstanden, eben aus diesen privaten Zusammenhängen. Fünf, sechs, sieben Leute haben gesagt: Wir entscheiden, was draufkommt!" Der Künstler betont die "irre Perspektive", dass die Datenträger vielleicht eines Tages das Einzige sind, was von der Menschheit bleibt.
Wie wollen wir erinnert werden?
Als er sich vor ein paar Jahren neu mit den Vorgängen um die Golden Records beschäftigte, fragte sich Matthaei: "Wie können wir das heute neu aufnehmen? Wir sagen, wir machen ein Remastering, da stellen sich natürlich sehr schnell ganz viele zentrale, spannende Fragen: Wer trifft die Entscheidung? Was kommt drauf? Wo schicken wir es hin? Ins Weltall? Oder wollen wir es post-apokalyptisch auf der Erde hinterlassen? Wie wollen wir erinnert werden?"
Diese Fragen partizipativ mit sehr vielen verschiedenen Menschen zu verhandeln, ist der Kern seines Kunstprojektes Golden Record Studios. Dazu gibt es nun viele Versammlungsabende an Orten, wo jeweils eine bestimmte Community vorhanden sei, zum Beispiel im größten Tierheim Europas in Berlin-Lichtenberg und im Satellitenlabor der Technischen Universität Berlin.
Poptechnologischer Optimismus
Den poptechnologischen Optimismus der westlichen 1970er-Jahre, der sich auch in der Raumfahrt zeigte, sieht Lukas Matthaei schon als ein historisches Zitat, das private Astronauten wie Elon Musk und Jeff Bezos nur unbeholfen nachahmten: "Das sind eigentlich alte Modelle wie aus den 1950ern. Auch diese comic-artige Fantasie, dass Männer in große längliche Raketen steigen und zu den Planeten fliegen – das ist ein Bild von Kolonisierung, die Logik ist immer noch dieselbe."