Andreas Barthelmess, geboren 1979, ist Ökonom, Start-up-Unternehmer und Publizist. Er lebt in Berlin. Berufliche Anfänge bei Roland Berger, den Vereinten Nationen in New York und bei Gruner + Jahr. Neben eigenen Start-ups baute er führende europäische Tech-Unternehmen mit auf, heute ist er Berater. Noch als Student gründete er den "Think Tank 30" unter dem Dach des Club of Rome Deutschland. Barthelmess kommentiert das Zeitgeschehen regelmäßig für DIE ZEIT, Die Welt, NZZ, Handelsblatt, Wirtschaftswoche und Der Spiegel. Gerade ist sein Buch "Die große Zerstörung - Was der digitale Bruch mit unserem Leben macht" im Dudenverlag erschienen.
Wie Tech-Konzerne die staatliche Autonomie bedrohen
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Der Ökonom Andreas Barthelmess sieht Tech-Giganten wie Google und Facebook auf dem Weg zum globalen Staatsstreich. Selbst das Währungsmonopol des Staates greifen sie an, sagt er mit Blick auf die Digitalwährung Libra. Zeit, ihre Macht zu brechen!
Egal, ob wir Taxifahrten bei Uber buchen, Ferienwohnungen bei Airbnb oder ein Auto über eine Car-Sharing-App, alle Anbieter setzen auf dieselbe Dynamik, die ihr Geschäftsmodell antreibt: die Selbstverstärkung. Je größer sie schon sind, desto größer – noch größer – und stärker werden sie. So entsteht ein Monopol – und zwar im Digitalen häufig ein globales, und das sehr schnell.
Das liegt an den sogenannten "Netzwerkeffekten". Was ist ein Netzwerkeffekt? Salopp gesagt: Ein Netzwerk ist je voller, desto doller. Also ein Gebilde, das immer wertvoller wird, je mehr Menschen es nutzen. Ein Netzwerkprodukt wird mit jedem zusätzlichen Nutzer für alle anderen besser.
Sogwirkung digitaler Monopole
Netzwerkeffekte gab es schon in der analogen Medienwelt: Ein einzelnes Telefon hat keinen Sinn. Selbst das Schnurtelefon hat zwei Enden. Doch im Digitalen sind die Netzwerkeffekte viel stärker. Irgendwann hat jeder von uns schon einmal die Sogwirkung von Whatsapp, Facebook oder Instagram gespürt. Man muss einfach mitmachen. Wenn der Nutzen des Einzelnen von der Größe des Netzwerks abhängt, entscheidet man sich für das größte.
Diese Selbstverstärkung führt zum Winner-takes-it-all-Prinzip. Google ist die Suchmaschine, Facebook das Soziale Netzwerk. Das ist in der alten Industrielogik anders. Da gibt es zwar auch Vorteile für den, der mehr und damit kostengünstiger produziert, das nennt man "Skaleneffekte". Aber hier hat die Anzahl derer, die ein Produkt tatsächlich nutzen, keinen Einfluss auf den Wert des Produkts für mich selbst. Ob mein Nachbar einen BMW in der Garage hat und ob er ihn überhaupt fährt, hat keinen Einfluss darauf, welche Marke und wie gut ich damit fahre.
Politik unterschätzt Übermacht digitaler Konzerne
Die Selbstverstärkung des Digitalen hat die Politik nicht verstanden. Sie übersieht den digitalen Bruch, der uns zum Neudenken zwingt. Das ist fatal. Bis in die Reagan-Ära galt in der westlichen Welt: Wenn ein Monopol die "unsichtbare Hand" des freien Marktes fesselt, muss der Staat sie befreien und das Monopol zerschlagen.
Doch heute geht es bei Facebook, Google und Co. längst nicht mehr nur um den Markt, sondern um die Bedrohung unserer staatlichen Autonomie. Ein Beispiel. Facebook arbeitet an der globalen Digitalwährung Libra, die bei Einführung auf einen Schlag von drei Milliarden Menschen genutzt werden soll. Damit setzt Facebook zum globalen Staatsstreich an. Denn es sind Staaten, die Währungen ausgeben.
Dazu kommt: Einige wenige digitale Monopolisten wie Facebook mit Instagram und Whatsapp und Google mit Android, Youtube und Maps haben heute die gesamte digitale Kommunikations- und Meinungsgewalt in der Hand. Das gibt ihnen eine Manipulations- und Zensurmacht, von der autoritäre Staaten nur träumen können. Facebook überwacht, analysiert, zensiert, kuratiert und privilegiert die Meinungen und Inhalte von beinahe drei Milliarden Menschen.
Digitale Monopole müssen scharf reguliert werden
Es gibt also ökonomische wie politische Gründe, heute gegen die digitalen Monopole vorzugehen. Monopole verhindern Vielfalt und Fortschritt, sie schränken unsere Wahlfreiheit ein und verführen zum Missbrauch. Deshalb müssen wir digitale Monopole jetzt scharf regulieren, konsequent besteuern und im letzten Schritt vor die Wahl stellen: Offenlegung ihrer Schnittstellen oder Zerschlagung.
Dabei hat "Zerschlagung" nichts mit "Enteignung" zu tun. Sie ist ein klassisches Instrument marktwirtschaftlicher Wettbewerbspolitik. Im Fall von Facebook würde die Zerschlagung die Rückabwicklung der Übernahmen von Instagram und Whatsapp bedeuten: also die Entflechtung eines Hyper-Monopols. Wer heute das Monopol verteidigt, und sei es nur aus pseudo-wirtschaftsfreundlicher Trägheit, verteidigt das Autoritäre. Wer die Demokratie und die freie Marktwirtschaft will, geht jetzt hart gegen die globalen Digitalkonzerne vor.