"Keine Route gefunden"
Google Maps soll Menschen miteinander verbinden. Das ist aber nicht immer der Fall. Die App scheitert regelmäßig beim Berechnen der Routen im von Israel besetzten Westjordanland. Pikant: Verbindungen zwischen israelischen Siedlungen funktionieren.
Unterwegs von Tel Aviv in Richtung Haifa. In weniger als einer Sekunde hat die Smartphone-App Google Maps die Route innerhalb von Israel berechnet.
"Der Standort Haifa ist bei starkem Verkehr zwei Stunden und acht Minuten mit dem Auto Standort Tel Aviv-Jaffa entfernt. Dies ist deine Route."
Auf seiner Homepage schreibt der Google-Konzern von einer Mission: "Die Informationen dieser Welt organisieren", steht dort, "sie allgemein zugänglich und nutzbar machen." Das klingt erst einmal gut. Doch im von Israel besetzten Westjordanland scheitert Google an diesem Anspruch.
Die Schnellstraße 60 im Zentrum des Westjordanlandes. Sie verbindet die beiden palästinensischen Städte Nablus und Ramallah. Entfernung: Gerade einmal 35 Kilometer. Wer Google nach dieser einfachen Strecke fragt, bekommt eine Fehlermeldung. "Keine Route gefunden", steht in der App.
Google zeigt nur Route zwischen israelischen Siedlungen
Nun ist es so, dass Google Maps auch im Westjordanland durchaus funktioniert. Jedenfalls immer dann, wenn man nach einer Route zwischen zwei israelischen Siedlungen fragt.
"Der Standort Elon Moreh ist bei wenig Verkehr 54 Minuten mit dem Auto vom Standort Karnei Schomron entfernt. Dies ist deine Route."
Nadim Nashif glaubt nicht, dass das ein Zufall ist. Er ist arabischer Israeli und leitet die Organisation "7amleh", die sich für digitale Rechte von Palästinensern einsetzt.
Nadim Nashif glaubt nicht, dass das ein Zufall ist. Er ist arabischer Israeli und leitet die Organisation "7amleh", die sich für digitale Rechte von Palästinensern einsetzt.
"Wir haben den Eindruck, dass Google die Perspektive der Israelis übernimmt. Die App geht davon aus, dass man ein israelischer Siedler ist. An deren Bedürfnissen orientiert sich Google, obwohl Siedlungen gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Bedürfnisse und die Realität der Palästinenser werden hingegen ignoriert."
Navi-App Waze warnt vor "Kriminalität"
Für Navigationssysteme ist das Westjordanland kein einfaches Terrain. Es gibt verschiedene Zonen, die entweder von Israel oder von den Palästinensern verwaltet werden. Manche Straßen dürfen nur mit Autos mit israelischem Nummernschild befahren werden. Jüdische Israelis wiederum machen sich nach israelischem Recht strafbar, wenn sie in die sogenannten A-Gebiete fahren, die von der palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet werden. Wer mit der Navi-App Waze, die zu Google gehört, in so ein Gebiet fahren will, wird von der App eindringlich gewarnt. Man betrete ein Gebiet mit erhöhter Kriminalität.
"Ihre Fahrt führt in eine Region, in der Gefahr besteht oder in eine Region, in der der Zutritt für Israelis verboten ist."
In der Vergangenheit kam es vor, dass sich jüdische Israelis verfuhren und zum Beispiel mitten in der palästinensischen Stadt Ramallah landeten. Es kam zu Unruhen und die Israelis mussten von der palästinensischen Polizei aus der Stadt geleitet werden. Warum aber erklärt die Navi-App Waze die palästinensischen Städte dermaßen pauschal zu Gebieten mit erhöhter Kriminalität? Auf eine entsprechende Frage des ARD-Studios Tel Aviv ging die PR-Agentur von Waze nicht ein. Das Unternehmen verweist nur darauf, dass die Gebiete von israelischen Sicherheitskräften als gefährlich eingestuft würden.
In der Vergangenheit kam es vor, dass sich jüdische Israelis verfuhren und zum Beispiel mitten in der palästinensischen Stadt Ramallah landeten. Es kam zu Unruhen und die Israelis mussten von der palästinensischen Polizei aus der Stadt geleitet werden. Warum aber erklärt die Navi-App Waze die palästinensischen Städte dermaßen pauschal zu Gebieten mit erhöhter Kriminalität? Auf eine entsprechende Frage des ARD-Studios Tel Aviv ging die PR-Agentur von Waze nicht ein. Das Unternehmen verweist nur darauf, dass die Gebiete von israelischen Sicherheitskräften als gefährlich eingestuft würden.
Google reagiert zugeknöpft auf Recherche
Google, dessen App ohne Probleme Routen zwischen israelischen Siedlungen findet, nicht jedoch zwischen palästinensischen Städten, antwortete nur schriftlich. Dort heißt es:
"Wir versuchen immer, unseren Nutzern die besten Routenhinweise zu geben. Es ist aber möglich, dass falsche Daten oder andere Fehler zu schlechten Navigationshinweisen führen. Ein breites Spektrum von Faktoren wird berücksichtigt, um die beste Route zu liefern. Wir schauen zum Beispiel auf die Größe der Straße, wie direkt die Route ist, die berechnete Reisezeit und andere Faktoren. Wie immer, ermuntern wir unsere Nutzer, uns über ein Tool in der App Bescheid zu geben, wenn etwas nicht stimmt."
Das ARD-Studio Tel Aviv hakte bei Google nach, ob das wirklich erklärt, warum die App im Westjordanland versagt. Die Bitte um ein Telefonat wurde jedoch abgelehnt. Nadim Nashif, der arabisch-israelische Digitalaktivist, kauft Google nicht ab, dass falsche Daten zu den Problemen der App führen.
"Schöne Fotos von Googles Hauptquartier im Silicon Valley, das ist die eine Sache. Aber hier geht es um ein Konfliktgebiet. Um die Besatzung. Google sollte Instrumente entwickeln, damit umzugehen."
Wenn Palästinenser durch das Westjordanland fahren, behelfen sie sich mittlerweile mit einer anderen Karten-App. Die kann von den Nutzern ergänzt werden, ein bisschen so wie Wikipedia. Google Maps ist für viele Palästinenser keine Option. Weil es da viel zu häufig heißt: Die Route wurde nicht berechnet.