Gott als Archetypus
Der Psychologe Carl Gustav Jung wurde berühmt mit seiner Lehre von den Archetypen im kollektiven Unbewussten, zu denen für ihn auch Gott gehört. Jung versteht Religion als die Einstellung der menschlichen Psyche gegenüber dem Heiligen, das in der Tiefe der menschlichen Seele zu finden ist.
Eugen Drewermann: "Für Carl-Gustav Jung ist die Religion eine zentrale Frage."
Elke Endraß: "Er spricht ganz anders von Religion, von Gott, von dem, was Menschen umtreibt, als es Freud tat. Er verbindet Psychotherapie mit Religion."
Hermann Stenger: "Wohl ein religiöses Genie. Und dann war er Arzt, was auch wichtig ist, Arzt und Psychotherapeut."
Annäherungen an Carl Gustav Jung. Der wächst zunächst in einem evangelisch-reformierten Pfarrhaus auf, studiert später Medizin und kommt als junger Assistenzarzt mit Sigmund Freud in Kontakt. Der Wiener Nervenarzt und Begründer der Psychoanalyse versteht die Traumdeutung als Königsweg zum Unbewussten seiner Patienten.
Dazu der Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann:
"Freud hat seine Theorien entwickelt unmittelbar aus den Erfahrungen mit neurotischen Patienten und so sah er in den Träumen selber eine Ersatzsprache, die deformiert ist vor allem durch die Zensur des Über-Ichs und die bis in die Nächte, bis ins Traumgeschehen hineingelangt."
Carl Gustav Jungs Einstellung zu den Bildern der Träume ist anders.
"Die Träume können unmöglich nur hervorgegangen sein aus neurotischen Deformationen, aus schuldbedingten Abwehrmaßnahmen, aus gesellschaftlich zeitbedingtem Druck, sondern da ist etwas buchstäblich Ewiges im Menschen, wenn man denn die riesigen Zeitkorridore der Evolution einmal ein bisschen pathetisch so beschreibt."
Unterhalb des persönlichen Unbewussten mit seinen Wünschen, Trieben, Erlebnissen und Verdrängtem liegt Jung zufolge das kollektive Unbewusste. Und aus diesem, davon geht Jung aus, schöpfen alle Kulturen und Religionen ihre Bilder, Symbole und Mythen.
"Und so entwickelt Carl Gustav Jung die These vom archetypischen Bildmaterial in der Seele des Menschen. Darunter verstand er objektive Strukturen, Bedürfnisse, Szenarien, Ur-Szenen, die aus der Evolution kommen und mit denen wir auf die Welt kommen."
Zum von allem Anfang an geprägten Bildmaterial zählt für Jung auch der Archetypus "Gott".
"Für Jung ist Gott nicht nur der Gott der Christen, sondern dieses Göttliche in uns, dieser göttliche Kern in uns. Für Jung ist Gott viel größer, das geheimnisvolle Etwas in uns, in jedem Menschen, das wir nicht greifen können, das wir nicht fassen können."
Elke Endraß, Journalistin und Biografin Carl Gustav Jungs. Jung versteht Religion als die Einstellung der menschlichen Psyche gegenüber dem Göttlichen und Heiligen, das in der Tiefe der menschlichen Seele zu finden ist.
"Für Jung ist jeder Mensch absolut religiös im innersten Kern, und die Probleme, die vor allem in der Zeit der Lebensmitte auftreten, sind in Jungs Augen häufig darauf zurückzuführen, dass der Mensch den Bezug zum Religiösen verloren hat. Und damit meint er jetzt nicht unbedingt den Bezug zu seiner Konfession, zu seiner Kirche, sondern den Bezug zu dem, was Jung Gott nennt, dieser unbewusste Teil in uns, der spirituell ausgelegt ist."
Im Blick auf die vielfältigen Erscheinungen des Religiösen wählt Jung stets die psychologische Perspektive. Er vertritt nicht den Standpunkt eines Glaubenden.
Seine Entdeckungen waren wichtig für die Religionswissenschaft, aber auch für die christliche Theologie. Denn von seinen Symbolforschungen etwa profitiert die Religionspädagogik ebenso wie die tiefenpsychologische Bibelauslegung.
Und vieles, was für Psychotherapeuten, für ärztliche Seelensorger gilt, gilt auch für christliche Seelsorger. Jung notiert 1932 in seiner Schrift "Über die Beziehung der Psychotherapie zur Seelsorge":
"Man kann nichts ändern, das man nicht annimmt. ... Will der Arzt einem Menschen helfen, so muss er ihn in seinem So-Sein annehmen können. Er kann dies aber nur dann wirklich tun, wenn er zuvor sich selber in seinem So-sein angenommen hat."
"Wenn ich mich selbst wahrnehme mit all dem, was in mir ist, dann bedarf ich des Almosens der eigenen Güte. Diese Art Feindesliebe zu sich selbst, das halte ich für eine anthropologische Höchstleistung, dass jemand so etwas denken und leben kann."
Hermann Stenger. Für die praktische Ausbildung von Seelsorgerinnen und Priestern empfiehlt der 90-jährige Pastoralpsychologe:
"Ich fände es begrüßenswert, wenn die leitenden Personen selber ein gutes Maß an Kenntnis von den Gedanken, Ideen von C.G. Jung hätten. Ich finde das eine Bereicherung, die von anderen Psychologien nicht ausgeht."
Die intensive Begegnung mit der inneren Wirklichkeit hat Carl Gustav Jung zeitlebens ebenso wenig losgelassen wie die Beschäftigung mit religiösen und theologischen Fragen. Das bezeugt etwa Jungs Spätwerk mit dem Titel "Antwort auf Hiob". Und auf Jungs Grabstein findet man die Worte:
"Gerufen und ungerufen, Gott wird da sein."
Elke Endraß: "Er spricht ganz anders von Religion, von Gott, von dem, was Menschen umtreibt, als es Freud tat. Er verbindet Psychotherapie mit Religion."
Hermann Stenger: "Wohl ein religiöses Genie. Und dann war er Arzt, was auch wichtig ist, Arzt und Psychotherapeut."
Annäherungen an Carl Gustav Jung. Der wächst zunächst in einem evangelisch-reformierten Pfarrhaus auf, studiert später Medizin und kommt als junger Assistenzarzt mit Sigmund Freud in Kontakt. Der Wiener Nervenarzt und Begründer der Psychoanalyse versteht die Traumdeutung als Königsweg zum Unbewussten seiner Patienten.
Dazu der Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann:
"Freud hat seine Theorien entwickelt unmittelbar aus den Erfahrungen mit neurotischen Patienten und so sah er in den Träumen selber eine Ersatzsprache, die deformiert ist vor allem durch die Zensur des Über-Ichs und die bis in die Nächte, bis ins Traumgeschehen hineingelangt."
Carl Gustav Jungs Einstellung zu den Bildern der Träume ist anders.
"Die Träume können unmöglich nur hervorgegangen sein aus neurotischen Deformationen, aus schuldbedingten Abwehrmaßnahmen, aus gesellschaftlich zeitbedingtem Druck, sondern da ist etwas buchstäblich Ewiges im Menschen, wenn man denn die riesigen Zeitkorridore der Evolution einmal ein bisschen pathetisch so beschreibt."
Unterhalb des persönlichen Unbewussten mit seinen Wünschen, Trieben, Erlebnissen und Verdrängtem liegt Jung zufolge das kollektive Unbewusste. Und aus diesem, davon geht Jung aus, schöpfen alle Kulturen und Religionen ihre Bilder, Symbole und Mythen.
"Und so entwickelt Carl Gustav Jung die These vom archetypischen Bildmaterial in der Seele des Menschen. Darunter verstand er objektive Strukturen, Bedürfnisse, Szenarien, Ur-Szenen, die aus der Evolution kommen und mit denen wir auf die Welt kommen."
Zum von allem Anfang an geprägten Bildmaterial zählt für Jung auch der Archetypus "Gott".
"Für Jung ist Gott nicht nur der Gott der Christen, sondern dieses Göttliche in uns, dieser göttliche Kern in uns. Für Jung ist Gott viel größer, das geheimnisvolle Etwas in uns, in jedem Menschen, das wir nicht greifen können, das wir nicht fassen können."
Elke Endraß, Journalistin und Biografin Carl Gustav Jungs. Jung versteht Religion als die Einstellung der menschlichen Psyche gegenüber dem Göttlichen und Heiligen, das in der Tiefe der menschlichen Seele zu finden ist.
"Für Jung ist jeder Mensch absolut religiös im innersten Kern, und die Probleme, die vor allem in der Zeit der Lebensmitte auftreten, sind in Jungs Augen häufig darauf zurückzuführen, dass der Mensch den Bezug zum Religiösen verloren hat. Und damit meint er jetzt nicht unbedingt den Bezug zu seiner Konfession, zu seiner Kirche, sondern den Bezug zu dem, was Jung Gott nennt, dieser unbewusste Teil in uns, der spirituell ausgelegt ist."
Im Blick auf die vielfältigen Erscheinungen des Religiösen wählt Jung stets die psychologische Perspektive. Er vertritt nicht den Standpunkt eines Glaubenden.
Seine Entdeckungen waren wichtig für die Religionswissenschaft, aber auch für die christliche Theologie. Denn von seinen Symbolforschungen etwa profitiert die Religionspädagogik ebenso wie die tiefenpsychologische Bibelauslegung.
Und vieles, was für Psychotherapeuten, für ärztliche Seelensorger gilt, gilt auch für christliche Seelsorger. Jung notiert 1932 in seiner Schrift "Über die Beziehung der Psychotherapie zur Seelsorge":
"Man kann nichts ändern, das man nicht annimmt. ... Will der Arzt einem Menschen helfen, so muss er ihn in seinem So-Sein annehmen können. Er kann dies aber nur dann wirklich tun, wenn er zuvor sich selber in seinem So-sein angenommen hat."
"Wenn ich mich selbst wahrnehme mit all dem, was in mir ist, dann bedarf ich des Almosens der eigenen Güte. Diese Art Feindesliebe zu sich selbst, das halte ich für eine anthropologische Höchstleistung, dass jemand so etwas denken und leben kann."
Hermann Stenger. Für die praktische Ausbildung von Seelsorgerinnen und Priestern empfiehlt der 90-jährige Pastoralpsychologe:
"Ich fände es begrüßenswert, wenn die leitenden Personen selber ein gutes Maß an Kenntnis von den Gedanken, Ideen von C.G. Jung hätten. Ich finde das eine Bereicherung, die von anderen Psychologien nicht ausgeht."
Die intensive Begegnung mit der inneren Wirklichkeit hat Carl Gustav Jung zeitlebens ebenso wenig losgelassen wie die Beschäftigung mit religiösen und theologischen Fragen. Das bezeugt etwa Jungs Spätwerk mit dem Titel "Antwort auf Hiob". Und auf Jungs Grabstein findet man die Worte:
"Gerufen und ungerufen, Gott wird da sein."