Religiös nicht nur zur Weihnachtszeit?
Fragen des Glaubens spielen derzeit vor allem in politischen Debatten eine Rolle. Offenbar gibt es Konfliktfelder zwischen "Staat" und "Religion". Wie groß muss und kann der "Sicherheitsabstand" zwischen Religion und Politik sein?
"Heidenrepublik Deutschland" nennt der Historiker Michael Wolffsohn die Bundesrepublik. Kaum jemand wisse mehr, warum Weihnachten überhaupt gefeiert würde. All jenen, in deren Augen Religion in der Moderne zum rein Folkloristischen verkommen ist, widerspricht der Soziologe Hans Joas. Er sagt: Das Religiöse sei in Deutschland und Europa keineswegs ungebremst auf dem Rückzug – anders als vorhergesagt. Er spricht von einer wieder erstarkenden "Macht des Heiligen".
Tatsache ist, dass nicht zuletzt durch Migranten, die mehrheitlich "Religion im Gepäck" mitbringen, die Frage nach dem Glauben neue gesellschaftliche und politische Relevanz bekommen hat.
Wie ist das Verhältnis zwischen den Religionen zu organisieren? Welche Konflikte birgt es? Wie groß muss und kann der "Sicherheitsabstand" zwischen Religion und Politik sein?
Darüber diskutieren:
Ellen Überschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, ehemalige Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentages. Sie sagt: "Ich bin nicht für eine säkulare Gesellschaft. Dafür trete ich nicht ein, sondern ich trete für einen säkularen Staat ein."
Detlef Pollack, Religions- und Kultursoziologe und Sprecher des Exzellenz-Clusters "Religion und Politik" an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Er sagt: "Wir haben starke Säkularisierungsprozesse in Westeuropa, aber nicht in dem Maße, dass wir davon reden, dass wir in einer Heidenrepublik leben oder dass Religion am Absterben wäre."
Abdel-Hakim Ourghi, in Algerien geborener Islamwissenschaftler, Islam-Reformer, Philosoph und Religionspädagoge. Er sagt: "Dass wir durch mehr Migranten Gott bei uns retten würden, das ist der falsche Ansatz. Es geht in erster Linie darum, was wir voneinander lernen können."
Michael Schmidt-Salomon, Philosoph und religionskritischer Publizist, Mitbegründer und Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung. Er sagt: "Der Staat muss weltanschaulich neutral sein – das heißt, er darf natürlich Muslimen nicht verweigern, was er Christen gewährt."
Moderation: Annette Riedel