Govert Schilling, Einsteins Ahnung. Das Rennen um den Nachweis der Gravitationswellen
Übersetzt von Karsten Petersen
Piper Verlag, München 2017, 431 Seiten, 24 Euro
Der Gravitationsphysik auf der Spur
Govert Schilling macht es möglich, dass man versteht, wie sich Raum kräuselt. In "Einsteins Ahnung" gibt er Auskunft darüber, was sich die Forscher von der Beobachtung Schwarzer Löcher versprechen.
Wer die jahrzehntelange Suche nach Gravitationswellen, deren Nachweis 2017 mit dem Nobelpreis geehrt wurde, nachvollziehen und verstehen will, der ist bei Govert Schilling richtig. In seinem gerade erscheinen Buch verbindet er elementares Hintergrundwissen mit Reportage-artigen Berichten und erweitert so das Verständnis für diese Jahrhundertentdeckung nachhaltig.
Seit der revolutionären Gravitationsbeschreibung von Albert Einstein gilt die Raumzeit als eine Art Gewebe, das gestaucht, gedehnt, verzerrt werden kann. Die Kräfte, die notwendig sind, um den Raum selbst zum Schwingen zu bringen, sind jedoch enorm. Von den gewaltigen Kraftausbrüchen, die entstehen, wenn Neutronensterne oder schwarze Löcher in Milliarden Lichtjahren Entfernung aufeinandertreffen – die kompaktesten Objekte, die der Physik bekannt sind – erreicht die Erde trotzdem nur ein winziges Zittern.
Eine Apparatur, die Signale von den Sternen empfängt
Um dieses Zittern aufzuspüren, haben Physiker die empfindlichsten Messinstrumente der Menschheit gebaut. Am 14. September 2015, kurz nach ihrer Inbetriebnahme, registrierten die beiden baugleichen und 3000 Kilometer voneinander entfernten LIGO-Detektoren in den USA ein außergewöhnliches Signal. Das nur eine Zehntelsekunde dauernde Zirpen kündete von der Verschmelzung zweier schwarzer Löcher, waren sich die Forscher sicher. Doch woher wussten sie das? Und wie ist die Apparatur überhaupt in der Lage, diese Signale zu empfangen? Govert Schillings Antworten sind auch für Laien erhellend. Seine Faktensammlung macht klar, dass Gravitationswellenphysik kein Kinderspiel ist.
Berichte aus den Observatorien aus erster Hand
Dass sie dennoch begriffen werden kann, ist Schillings Fähigkeit zu verdanken, auch komplexe Sachverhalte in verständliche Zusammenhänge aufzuschlüsseln. Neben einem historischen Überblick über die Gravitationsforschung widmet er sich – wenn auch etwas zu ausführlich - den langwierigen personellen und politischen Verwicklungen auf dem Weg zum Bau der Detektoren.
Glücklicherweise greift der niederländische Wissenschaftsjournalist dann aber auch auf seine eigenen Reisen der vergangenen 20 Jahren zurück, in denen der niederländische Wissenschaftsjournalist Observatorien und Forschungseinrichtungen in Nord- und Südamerika, Australien, Japan, Italien, Deutschland und selbst in der Antarktis besucht hat.
Stets beichtet er so aus erster Hand. Und gerade deshalb ist sein Buch eine klare Empfehlung für alle, die wissen wollen, worum es bei der Gravitationswellenphysik geht, welche technischen Schwierigkeiten beim Bau der Detektoren überwunden werden mussten, welche Pläne es bereits für noch bessere Apparate gibt und welche Erkenntnisse sich die Forscher durch die Messungen in Zukunft erhoffen.