Viel Glitzer, wenig Gefühle
Operette in einer außergewöhnlicher Freiluftatmosphäre: Peter Edelmann präsentiert auf der Seebühne Mörbisch die "Gräfin Mariza". Geboten wird gute Unterhaltung mit einem tollen Finale, aber auch viel Kitsch statt Witz.
Der neue künstlerische Leiter der Seefestspiele Mörbisch, Peter Edelmann, sieht sich und die Seefestspiele als Botschafter der Operette und möchte die dort in Zukunft gespielten Hauptwerke des Genres im Sinne ihrer Komponisten pflegen. Er vertritt also klar eine konservative Linie, auch wenn die Präsentation von Operette unter freiem Himmel am Ufer des Neusiedler Sees seit vielen Jahren auch ein Spektakel mit personellem Großaufgebot, moderner Soundtechnik und zur Musik inszeniertem Abschlussfeuerwerk ist.
Die größte Geige der Welt
Zu Edelmanns Einstand platzierte Bühnenbildner Manfred Waba eine Riesengeige in den naturgeschützten Schilfgürtel der Mörbischer Bucht, die sich sehr harmonisch in die Umgebung einfügt. Leider bespielt Regisseur Karl Absenger diese herrliche Geige kaum, bis auf den Prolog der Zigeunerin hoch oben auf der Schnecke des Instruments und den Moment, in dem Mariza in sie hineingeht. Dann öffnet sich das Instrument zu einer mit vielen Operettenklischees überladen Innenansicht des Landsitzes der Gräfin Mariza. Zwischen Bibliothek, Marmortreppe und roten Samtvorhängen spielen sich die Liebesgeschichten zwischen Mariza und Tassilo, dessen Schwester Lisa und Zsupàn ab. Alle tragen schicke Uniformen und Kostüme im Stil der 20er-Jahre, das Ballett tanzt meist in ungarischen Folklore-Kostümen und bekommt ausgiebig Raum für große, nostalgische Revuenummern.
Breitformatig legt auch Dirigent Guido Mancusi die Tempi an, sodass Kálmáns Musik sehr opernhaft dramatisch wirkt und nur selten richtig zündet, doch die gut besetzten Solisten haben so Gelegenheit, ihr beachtliches stimmliches Material voll zur Geltung zu bringen. Christoph Filler und Rinat Moriah als Zsupàn und Lisa harmonieren besonders gut, aber auch Vida Mikneviciute als Mariza und Roman Payer als Tassilo geben stimmlich wie darstellerisch ein elegantes Paar ab.
Gute Unterhaltung für Operette-Fans
Vor lauter Eleganz bleibt in dieser neuen Mörbischer Mariza die Spritzigkeit etwas auf der Strecke, denn Regisseur Karl Absenger setzt lieber auf Kitsch statt auf Witz. Folglich gibt es mehr Glitzereffekte und stereotype Choreografien, als echte Gefühle. Trotzdem bietet Mörbisch auch diesen Sommer gute Unterhaltung, wenn man einen Operettenklassiker wie "Gräfin Mariza" gerne traditionell und in außergewöhnlicher Freiluftatmosphäre erleben möchte. Das Finale mit beleuchteten Wasserspielen und Feuerwerk ist auf jeden Fall ein Knaller!