Motiv für Messerattacke ist noch unbekannt
Ein 27-Jähriger hat in den frühen Morgenstunden am Bahnhof im bayrischen Grafing mit einem Messer um sich gestochen. Die Hintergründe der Tat sind weitgehend unklar.
Heute morgen um 4.52 Uhr ging der erste Notruf bei der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Oberbayern ein: Ein Mann würde am S-Bahnhof Grafing östlich von München wie wild mit einem Messer um sich stechen und hätte bereits eine Person schwer verletzt. Im Minutenabstand meldeten sich weitere Personen. Die Polizei sei kurz nach fünf Uhr vor Ort gewesen, so der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Nord Thomas Dietl:
"Die erste Streife der Polizeiinspektion Ebersberg traf um 5.04 Uhr am Geschehensort ein, stellte in unmittelbarer Nähe der Hauptstrasse, also noch am Tatort eine männliche Person fest, die um 5.07 Uhr von den Angehörigen der PI Ebersberg festgenommen worden ist. Die Festnahme erfolgte widerstandslos. Der Festgenommene hatte noch ein Messer im Gürtel, zehn Zentimeter Länge, drei Zentimeter Breite."
Die Nacht auf dem Bahnhof verbracht
In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs habe man kurze Zeit später einen Ausweis gefunden, dazu Schuhe und einen Rucksack, der darauf hindeutet, dass sich der Täter auf der Reise entweder nach Österreich oder Portugal befand. Laut Ausweis handelt es sich um einen 27-jährigen, ledigen, gelernten Schreiner, der seit zwei Jahren arbeitslos ist und Sozialhilfe bezieht. Er stammt aus der Nähe von Gießen in Hessen und nahm nach neuesten Erkenntnissen gestern den Zug von Fulda nach München. Den Abend verbrachte er am Hauptbahnhof München und fuhr nachts mit der S-Bahn nach Grafing.
"Wir wissen aus Videoüberwachungsaufnahmen vom Bahnhof in Grafing, dass er dort gegen 1.38 Uhr wohl schon anwesend war und sich dann den Rest der Nacht auf dem Bahnhof aufgehalten hat."
Warum genau der 27-Jährige nach Grafing fuhr, steht noch nicht fest. Es gäbe keinerlei Bezüge zu Bayern und zu Grafing, so Petra Santes, Vizepräsidentin des Bayerischen Landeskriminalamtes. Die Durchsuchung seiner Wohnung bei Giessen dauere momentan noch an. Ausserdem habe man...
"...bislang in den Ermittlungen keinerlei Hinweise darauf gefunden, dass es Mittäter gibt. Wir haben auch keinen Hinweis darauf gefunden, dass er Teil eines islamistischen Netzwerkes wäre."
In Absprache mit dem Bundeskriminalamt wurde heute seine Sonderkommission mit 80 Beamten gegründet, denn ein islamistischer Hintergrund kann auch jetzt noch nicht ausgeschlossen werden.
Er war offenbar ein Einzeltäter
Laut verschiedenen Zeugenangaben rief der 27-Jährige während der Messerattacken laut "Allahu akbar" ("Gott ist groß") sowie "Ihr Ungläubigen müsst alle sterben". Der Laptop des Täters und sein Handy werden derzeit noch dahingehend untersucht. Es fanden sich wohl Videos mit entsprechendem Inhalt, deshalb könne man es nicht ausschließen, so die Ermittler.
Sicher ist: Es handelt sich um einen Einzeltäter, der nicht auf dem Weg in die Türkei oder die Krisengebiete war. Vielmehr gehen die Beamten mittlerweile davon aus, dass es sich um einen Verwirrten handeln muss. Er war barfuß seinen Opfern gefolgt und wirkte auch sonst auf die Beamten wirr.
Wichtig war dem Sprecher des LKA noch zu betonen, dass heute morgen keine Nachrichtensperre verhängt worden war, wie von einzelnen Medien berichtet, sondern man sei bemüht, alle Informationen zeitnah der Öffentlichkeit mitzuteilen. Da man erst die Richtigkeit der Fakten überprüfen müsse, dauere das seine Zeit. So werden die letzten Erkenntnisse erst morgen feststehen.
Ob der Täter zum Beispiel unter Drogeneinfluss stand, ob er aus Verzweiflung gehandelt hat, in einer psychischer Ausnahmesituation agierte oder ob er beeinflusst war von islamistischen Hetzvideos – all das wird noch ermittelt.