Kampf ums Patent für das Telefon
Vor 140 Jahren gelang Graham Bell eine bahnbrechende Erfindung: Er entdeckte, wie man Schallwellen in elektrische Schwingungen umwandeln kann, und legte damit die Grundlage der modernen Telefonie. Doch musste Bell sein Patent erst vor Gericht verteidigen.
Die Stimme Alexander Graham Bells, erhalten auf einer Wachsplatte von 1885. Bell war seinen Zeitgenossen in Boston bekannt für seine Aufrichtigkeit, seine Liebe zur Akustik, für seine Erfolge, mit Hilfe einer von seinem Vater entwickelten Methode, Taubstummen das Sprechen beizubringen. Und für seine fesselnde Stimme:
"Alexander Graham Bell."
Nach dem 7. März 1876 jedoch wurde er weltberühmt: Denn an diesem Tag erhielt Bell nach Jahren harter Arbeit das US-Patent 174.465, das Patent fürs Telefon. Und als ihm kurze Zeit später auch das erste Telefongespräch glückte, schrieb er begeistert an seinen Vater:
"Ich fühle, dass der Tag kommt, an dem Drähte in jedes Haus gelegt werden, wie Wasser oder Gas. Und Freunde werden sich unterhalten, ohne ihre Häuser verlassen zu müssen."
Musik und Sprache in elektrischen Schwingungen
Der in Boston lebende Schotte hatte ursprünglich einen besseren Telegrafen entwickeln wollen. Telegramme waren die einzige Möglichkeit, Nachrichten weltweit schnell zu verschicken – weit mehr als 10 Millionen wurden 1876 allein in den USA aufgegeben. Doch nach wie vor konnte in einem Kabel nur ein Telegramm auf einmal gesendet werden.
Bell hatte nun die Idee, Telegramme in verschiedenen Tonhöhen über einen Draht zu senden. Die Geräte würden dabei so eingestellt, dass sie nur das Signal "hören", das für sie bestimmt wäre. Dann könnten über einen Draht viele verschiedene Depeschen gesendet werden.
Dafür hatte Bell eine Technik entwickelt, die akustische in elektrische Schwingungen und umgekehrt umwandeln konnte. Dann erkannte er jedoch, dass sich so nicht nur einzelne Töne, sondern im Grunde auch Musik oder Sprache in elektrische Schwingungen übersetzen ließen – und ließ sich das Prinzip patentieren:
"Was ich beanspruche und durch ein Patent zu sichern wünsche, sind: Methoden und Apparate, mit denen Stimmen und andere Klänge elektrische Schwingungen erzeugen, ähnlich den Schall-Vibrationen in der Luft, und die diese dann telegrafisch übertragen."
Nur ein Erfinder kann gewinnen
Alexander Graham Bell gilt daher bis heute als Erfinder des Telefons. Dabei war er weder der einzige, noch der erste, der auf diese Weise Geräusche übertragen wollte – Philipp Reis zum Beispiel hatte bereits 1861 einen funktionsfähigen Fernsprecher konstruiert. Der Apparat bestand aus zwei kleinen Holzkistchen, eins zum Sprechen, das andere zum Hören, und wurde auch schon verkauft. Doch die Zeit war offenbar noch nicht reif.
Als Bell jedoch sein Patent einreichte, hatte sich das geändert: Ausgerechnet am selben Tag wie Bells Patentanwalt hatte ein weiterer Erfinder, Elisha Gray, eine Voranmeldung für ein Telefonpatent abgegeben. Und der für Bells Anmeldung zuständige Beamte sah sogar noch mehr Probleme, wie Bell schrieb.
"Nicht weniger als vier Parteien überschneiden sich: Elisha Gray, Poul la Cour aus Kopenhagen, ich, und jemand, den man mir nicht nennen wollte, aber ich fand heraus, es ist Mr. Edison. Es gibt viele verschiedene Ähnlichkeiten – aber meine Idee liegt allen zugrunde."
Damit meinte er das Prinzip, Schallwellen in elektrische zu verwandeln. Der Patentbeamte entschied überraschend schnell – nach nur drei Wochen – zugunsten von Bell und erteilte ihm das Patent.
Ein Konkurrent zieht vor Gericht
Die drei anderen trugen es zunächst mit Fassung. Doch als aus dem Spielzeug "Telefon" ein Millionengeschäft wurde, zog einer von ihnen, Elisha Gray, vor Gericht. Eine Serie von aufsehenerregenden Prozessen folgte – die Bell jedoch letztlich alle gewann.
"Der Oberste Gerichtshof entscheidet zugunsten der Bell Telephone Company!"
Alexander Graham Bell aber zog sich wegen der vielen Prozesse aus der Leitung der von ihm gegründeten Bell Telephone Company zurück.
Er schenkte seiner taubstummen Frau zur Hochzeit einen guten Teil seiner Firmenanteile – im 19. Jahrhundert ein unerhörter Vorgang – half bei der Gründung des Wissenschaftsmagazins "Science", wurde Präsident der National Geographic Society und entwickelte Flugzeuge.
Seine Gesellschaft hieß später AT&T und betrieb ein Monopol, das erst 1984 endete. Die Nachfolgeunternehmen existieren noch heute, einige gehören zu den größten der Welt.