"Gran Torino"
Der alte Haudegen und Waffennarr Clint Eastwood zeigt in "Gran Torino" einmal mehr Altersweisheit und die Fähigkeit zur Wandlung: Im Mittelpunkt steht der bärbeißige Walt Kowalski, der eigentlich nur für seinen Oldtimer große Gefühle entwickelt. Die nicht ganz freiwilligen Kontakte mit seinen vietnamesischen Nachbarn führen Stück für Stück zum Aufbrechen lang gepflegter Vorurteile.
USA 2008; Regie: Clint Eastwood; Darsteller: Clint Eastwood, Bee Vang, Ahney Her, Christopher Carley, Brian Haley, Geraldine Hughes u.a.; Länge: 116 Minuten
"Gran Torino" von und mit Clint Eastwood - was soll man über ihn noch sagen? Er ist der gegenwärtig beste, aktivste Oldie Hollywoods. Er wird am 31. Mai diesen Jahres 79 Jahre alt und dreht immer noch einen Klassefilm nach dem anderen.
Was als Cowboy-Darsteller in einer langjährigen TV-Western-Serie ("Rawhide" von 1959 - 1965) und mit den Sergio-Leone-Meisterwerken "Für eine Handvoll Dollar", "Für ein paar Dollar mehr" und "Zwei glorreiche Halunken" kinomäßig zwischen 1964 und 1966 startete, machte ihn schließlich über seine berühmt-berüchtigten "Dirty Harry"-Auftritte in den 70ern ("Make My Day") zu d e m Superstar im amerikanischen Kino. Vor wie dann auch hinter der Kamera.
Clint Eastwood hat bislang in 45 Spielfilmen die Hauptrolle gespielt; seit 1971 29 Spielfilme und drei TV- und Dokumentarfilme inszeniert und war seit 1982 Produzent von 23 Spielfilmen und vier Dokumentarfilmen. Seit 1969 war er an 14 Filmen auch als Soundtrack-Komponist, Songwriter oder Sänger beteiligt. Seit 1968 tauchte er 21-mal auf der Liste der zehn kommerziell erfolgreichsten Schauspieler auf, die einmal jährlich von "Quigley Publications" erstellt wird - nur John Wayne wurde dort öfter, nämlich 25-mal, erfasst.
Er ist vierfacher Oscar-Preisträger als Regisseur und Produzent (1993: "Erbarmungslos"; 2005: "Million Dollar Baby"; jeweils sowohl für "Beste Regie" als auch für den "Besten Film"). Am 29. Februar 1996 erhielt Clint Eastwood den "Life Achievement Award" für "sein einmaliges Lebenswerk" als Schauspieler, Regisseur und Produzent. 2007 wurde er in Paris zum "Ritter der Ehrenlegion" ernannt und kürzlich erhielt er drei Monate vor dem Auftakt zum Filmfestival von Cannes die Ehren-"Goldene Palme". Diese besondere Auszeichnung außerhalb des Wettbewerbs ehrte "das Talent eines großen Meisters auf dem Höhepunkt seiner Kunst", wie der Cannes-Festival-Präsident Giles Jacob am 26. Februar 2009 anlässlich der Überreichung der "Palme d'Or" während einer privaten Feier im Pariser Restaurant "Le Fouquet" erklärte.
Nur wenige Wochen nach dem hiesigen Kinostart seines Meisterwerks "Der fremde Sohn" mit Angelina Jolie kommt nun also der nächste filmische Eastwood-Hammer in die Kinos. Erstmals wieder seit "Million Dollar Baby" von 2004 hat er in "Gran Torino" auch die Hauptrolle übernommen. Der Anfang Januar 2009 in den USA angelaufene Film bescherte ihm mit 29 Millionen Dollar Kinokassen-Einnahmen das beste Einspielergebnis seiner Regiekarriere an einem Startwochenende. Mittlerweile hat sein Film über 135 Millionen Dollar in den USA eingespielt.
Offensichtlich hat der 78-Jährige den Nerv des amerikanischen Zeitgefühls getroffen: "Gran Torino", der Titel, der an blühende Zitronen denken lässt, verweist auf einen Oldtimer-Autoklassiker, auf einen Straßenkreuzer von Ford, Baujahr 1972. Der befindet sich, kirschrot und blank poliert, in der Garage von Walt Kowalski im heutigen Detroit. Walt, Veteran des Koreakrieges und Automobilarbeiter im Ruhestand, hat gerade seine Ehefrau beerdigt. Die beiden Söhne leben ihr eigenes Leben, mit den Enkelkindern kann der störrische Alte wenig anfangen. Ebenso wenig mit seinen neuen Nachbarn im Highland Park, einem ehemals besseren Wohnviertel, in dem sich jetzt vorwiegend viele Immigrantenfamilien angesiedelt haben.
Kowalskis einzige Zuneigung gilt seinem Hund Daisy und dem akribisch gepflegten Oldtimer in der Garage. Ansonsten hegt er einen rechten Groll gegen alle(s) und jeden. Insbesondere verachtet er die vietnamesische Einwandererfamilie im Nachbarhaus. Als jedoch ausgerechnet der Nachbarjunge Thao von einer Jugendgang gezwungen wird, diesen "Gran Torino" aus der Garage zu klauen, beginnt eine entscheidende Veränderung im Leben des Walt Kowalski.
Zwangsläufig kommt er mit den verhassten Nachbarn und der "fremden Kultur" in Kontakt und Beziehung, fängt an, besser zu verstehen, und stößt dabei auf einen "aktuellen Krieg" direkt vor seiner Haustür. Walt, am Ende seines Lebens angekommen, erkennt, dass diese Auseinandersetzung nicht mit Gewalt lösbar ist und lässt sich eine unerwartete, aber höchst wirkungsvolle Antwort einfallen.
Natürlich sind die aktuellen Polit-Parallelen unübersehbar und unüberhörbar: Der amerikanische Chauvinismus hat sich überlebt. Wenn man so will, ist "Gran Torino" der erste "Obama-Film", Thema: Der alte Macho, immer noch mit Dirty Harry-Chiffren, und seine Seelen-Wandlung. Man ist nie zu alt zum Lernen, signalisiert Eastwood, und ist dabei ebenso mürrisch wie weise. Auch mal über den eigenen, privaten, Tellerrand hinausschauen.
Das Drama unterstreicht, dass die Angst vor "Fremden" hauptsächlich aus Unkenntnis entsteht. Wenn sich aus einem Rassisten nach und nach ein Mensch herausschält, der Verständnis und Zuneigung entwickelt, ist das weder plump noch peinlich noch unglaubwürdig, sondern ganz im Gegenteil plausibel, überzeugend, wahrhaftig. Nicht mehr länger Feindbilder aufbauen, sondern Vernunftlösungen anstreben - das verheißt "amerikanische Zukunft".
Wie Clint Eastwood dies mit den packenden Mitteln des Unterhaltungskinos aufregend-anregend erzählt, ist alles andere als politisch korrekt. Es ist bärbeißig, auch in der Beschreibung von Verrohung, Brutalität, Gewaltbereitschaft ungeschönt-direkt und vor allem sprachlich wüst-realistisch.
"Gran Torino" greift Vorurteile und Ressentiments auf und führt sie brillant ad absurdum. Dass ausgerechnet ein Erzkonservativer schließlich nach einer besseren moralischen Ordnung strebt und Gewalt als Lösung ablehnt, irritiert spannend wie angenehm. Der alte Haudegen Eastwood ist immer noch für Überraschungen gut und mit ein Garant für das zurzeit beste amerikanische Sinn-Kino.
Filmhomepage "Gran Torino"
"Gran Torino" von und mit Clint Eastwood - was soll man über ihn noch sagen? Er ist der gegenwärtig beste, aktivste Oldie Hollywoods. Er wird am 31. Mai diesen Jahres 79 Jahre alt und dreht immer noch einen Klassefilm nach dem anderen.
Was als Cowboy-Darsteller in einer langjährigen TV-Western-Serie ("Rawhide" von 1959 - 1965) und mit den Sergio-Leone-Meisterwerken "Für eine Handvoll Dollar", "Für ein paar Dollar mehr" und "Zwei glorreiche Halunken" kinomäßig zwischen 1964 und 1966 startete, machte ihn schließlich über seine berühmt-berüchtigten "Dirty Harry"-Auftritte in den 70ern ("Make My Day") zu d e m Superstar im amerikanischen Kino. Vor wie dann auch hinter der Kamera.
Clint Eastwood hat bislang in 45 Spielfilmen die Hauptrolle gespielt; seit 1971 29 Spielfilme und drei TV- und Dokumentarfilme inszeniert und war seit 1982 Produzent von 23 Spielfilmen und vier Dokumentarfilmen. Seit 1969 war er an 14 Filmen auch als Soundtrack-Komponist, Songwriter oder Sänger beteiligt. Seit 1968 tauchte er 21-mal auf der Liste der zehn kommerziell erfolgreichsten Schauspieler auf, die einmal jährlich von "Quigley Publications" erstellt wird - nur John Wayne wurde dort öfter, nämlich 25-mal, erfasst.
Er ist vierfacher Oscar-Preisträger als Regisseur und Produzent (1993: "Erbarmungslos"; 2005: "Million Dollar Baby"; jeweils sowohl für "Beste Regie" als auch für den "Besten Film"). Am 29. Februar 1996 erhielt Clint Eastwood den "Life Achievement Award" für "sein einmaliges Lebenswerk" als Schauspieler, Regisseur und Produzent. 2007 wurde er in Paris zum "Ritter der Ehrenlegion" ernannt und kürzlich erhielt er drei Monate vor dem Auftakt zum Filmfestival von Cannes die Ehren-"Goldene Palme". Diese besondere Auszeichnung außerhalb des Wettbewerbs ehrte "das Talent eines großen Meisters auf dem Höhepunkt seiner Kunst", wie der Cannes-Festival-Präsident Giles Jacob am 26. Februar 2009 anlässlich der Überreichung der "Palme d'Or" während einer privaten Feier im Pariser Restaurant "Le Fouquet" erklärte.
Nur wenige Wochen nach dem hiesigen Kinostart seines Meisterwerks "Der fremde Sohn" mit Angelina Jolie kommt nun also der nächste filmische Eastwood-Hammer in die Kinos. Erstmals wieder seit "Million Dollar Baby" von 2004 hat er in "Gran Torino" auch die Hauptrolle übernommen. Der Anfang Januar 2009 in den USA angelaufene Film bescherte ihm mit 29 Millionen Dollar Kinokassen-Einnahmen das beste Einspielergebnis seiner Regiekarriere an einem Startwochenende. Mittlerweile hat sein Film über 135 Millionen Dollar in den USA eingespielt.
Offensichtlich hat der 78-Jährige den Nerv des amerikanischen Zeitgefühls getroffen: "Gran Torino", der Titel, der an blühende Zitronen denken lässt, verweist auf einen Oldtimer-Autoklassiker, auf einen Straßenkreuzer von Ford, Baujahr 1972. Der befindet sich, kirschrot und blank poliert, in der Garage von Walt Kowalski im heutigen Detroit. Walt, Veteran des Koreakrieges und Automobilarbeiter im Ruhestand, hat gerade seine Ehefrau beerdigt. Die beiden Söhne leben ihr eigenes Leben, mit den Enkelkindern kann der störrische Alte wenig anfangen. Ebenso wenig mit seinen neuen Nachbarn im Highland Park, einem ehemals besseren Wohnviertel, in dem sich jetzt vorwiegend viele Immigrantenfamilien angesiedelt haben.
Kowalskis einzige Zuneigung gilt seinem Hund Daisy und dem akribisch gepflegten Oldtimer in der Garage. Ansonsten hegt er einen rechten Groll gegen alle(s) und jeden. Insbesondere verachtet er die vietnamesische Einwandererfamilie im Nachbarhaus. Als jedoch ausgerechnet der Nachbarjunge Thao von einer Jugendgang gezwungen wird, diesen "Gran Torino" aus der Garage zu klauen, beginnt eine entscheidende Veränderung im Leben des Walt Kowalski.
Zwangsläufig kommt er mit den verhassten Nachbarn und der "fremden Kultur" in Kontakt und Beziehung, fängt an, besser zu verstehen, und stößt dabei auf einen "aktuellen Krieg" direkt vor seiner Haustür. Walt, am Ende seines Lebens angekommen, erkennt, dass diese Auseinandersetzung nicht mit Gewalt lösbar ist und lässt sich eine unerwartete, aber höchst wirkungsvolle Antwort einfallen.
Natürlich sind die aktuellen Polit-Parallelen unübersehbar und unüberhörbar: Der amerikanische Chauvinismus hat sich überlebt. Wenn man so will, ist "Gran Torino" der erste "Obama-Film", Thema: Der alte Macho, immer noch mit Dirty Harry-Chiffren, und seine Seelen-Wandlung. Man ist nie zu alt zum Lernen, signalisiert Eastwood, und ist dabei ebenso mürrisch wie weise. Auch mal über den eigenen, privaten, Tellerrand hinausschauen.
Das Drama unterstreicht, dass die Angst vor "Fremden" hauptsächlich aus Unkenntnis entsteht. Wenn sich aus einem Rassisten nach und nach ein Mensch herausschält, der Verständnis und Zuneigung entwickelt, ist das weder plump noch peinlich noch unglaubwürdig, sondern ganz im Gegenteil plausibel, überzeugend, wahrhaftig. Nicht mehr länger Feindbilder aufbauen, sondern Vernunftlösungen anstreben - das verheißt "amerikanische Zukunft".
Wie Clint Eastwood dies mit den packenden Mitteln des Unterhaltungskinos aufregend-anregend erzählt, ist alles andere als politisch korrekt. Es ist bärbeißig, auch in der Beschreibung von Verrohung, Brutalität, Gewaltbereitschaft ungeschönt-direkt und vor allem sprachlich wüst-realistisch.
"Gran Torino" greift Vorurteile und Ressentiments auf und führt sie brillant ad absurdum. Dass ausgerechnet ein Erzkonservativer schließlich nach einer besseren moralischen Ordnung strebt und Gewalt als Lösung ablehnt, irritiert spannend wie angenehm. Der alte Haudegen Eastwood ist immer noch für Überraschungen gut und mit ein Garant für das zurzeit beste amerikanische Sinn-Kino.
Filmhomepage "Gran Torino"