Beethovens harte Jugend und Verdauungsprobleme
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Die Graphic Novel "Goldjunge" zeigt das Genie Beethoven auf ungewöhnliche Weise: Seine Kindheit und Jugend stehen im Zentrum, man sieht den späteren Titanen mit blutiger Nase, am Boden und mit einem Leiden, das ihn sein Leben lang begleitete.
Viele Beethoven-Biografien sind in diesem Jahr erschienen, aber "Goldjunge – Beethovens Jugendjahre" ist wohl die ungewöhnlichste: eine Graphic Novel von Mikael Ross.
Die Lektüre macht klar: Die wenigsten möchten wohl mit Beethoven in seinen Jugendjahren getauscht haben. Ross zeigt den Titanen am Boden, als jemanden, der von Kindesbeinen an gegen Widerstände ankämpfen muss und das auch tut. Gleich auf den ersten Seiten holt er sich eine blutige Nase, später wird er wegen seines Namens verspottet.
Dazu ein Vater, der das Genie seines Sohnes nicht erkennt, mit dessen Begabung aber trotzdem Geld machen will – daher der Titel "Goldjunge". Die ewigen Geldsorgen, viele Krankheiten, Verdauungsbeschwerden, die soweit führen, dass sich Beethoven vor seinem ersten großen Auftritt wortwörtlich in die Hose macht.
Leiden Beethovens schmälert Werk nicht
Er habe zunächst Skrupel gehabt, Beethovens körperliche Leiden so direkt darzustellen, sagt Ross. In der Recherche treffe man auf das bekannte Beethoven-Leiden, "dass er sein Gehör langsam verliert". Wenn man aber weiterforsche, tauchten dann seine Verdauungsprobleme auf, die ihn sein ganzes Leben begleitet hätten. Aus einigen Briefen werde klar, dass er dauerhaft unter Durchfall gelitten habe. "In einer Stadt, in der keine öffentlichen Toiletten, keine sanitären Einrichtungen gibt."
Er habe es "einfach so unvorstellbar" gefunden, dass jemand mit einem solchen Leiden trotzdem ein solches Werk schaffen könne. "Dadurch sind die Skrupel dann auch weniger geworden." Er habe gemerkt: "Es schmälert nicht die Leistungen dieses Menschen, sondern es erhöht sie eher. Weil jemand, der mit so viel Krankheit so viel schafft - das ist doch beeindruckend."
Musik als überdrehende Farben
Auf Beethovens Kindheit und Jugend habe er sich fokussiert, weil die Beschäftigung mit dem Künstler meist erst dann beginne, wenn er bereits ein Genie sei, arriviert sei. Ross wollte wissen: "Wie ist er dazu gekommen, zu diesem unglaublichen Leben und diesem unglaublichen Werk?" Generell halte er die prägenden Kindheitsjahre für sehr wichtig.
Eine große Herausforderung sei gewesen, die Musik zu zeichnen. Comic sei ein sehr stummes Medium, deswegen sei es darum gegangen, dies zu verbildlichen. Er habe es so gelöst, dass sich das ganze Buch in der Farbigkeit zurückhält. Das Alltagsleben werde eher düster und ein bisschen matt gezeichnet. Eine Farbdynamik komme dagegen in den Momenten rein, "in denen er in die Tasten greift".
Er habe sich vorgestellt, wie Beethovens Musik wohl auf seine Zeitgenossen wirkte. Denn die "Beethoven-Musik ist noch heute, wenn man das erste Mal reinhört, das absolute Spektakel", schwärmt Ross. "Ich kann mir nicht vorstellen, wie die Leute das damals ohne Radio, ohne Fernsehen, ohne Smartphones und ohne YouTube empfunden haben müssen."
(abr)