Wie Streaming die Kulturlandschaft verändern wird
08:49 Minuten
In der Coronakrise gibt es Kunst per Stream. Selbstausbeuterisch sei das, meint Journalist Uwe Mattheiss. Er fordert einen Streaming-Stopp. Es sei die einzige Chance der Kulturschaffenden, sich zu präsentieren, meint dagegen seine Kollegin Elke Buhr.
Virtuell Ausstellungen besuchen, per Stream Konzerte hören oder Theateraufführungen ansehen. Kulturinstitutionen, Künstlerinnen und Künstler streamen in der Coronakrise nonstop.
"Hört auf", schreibt der Kulturjournalist Uwe Mattheiss in einem "taz"-Artikel – und bekräftigt seine Forderung im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. Eine derartige Gratiskultur im Netz führe nicht nur zur Selbstausbeutung der Kulturschaffenden. Auch die Kunst selbst werde dabei in Mitleidenschaft gezogen.
Schließlich, so Mattheiss, lebe das Theater vom direkten Kontakt zu Menschen und lasse sich nicht durch Streaming ersetzen. "Es führt, glaube ich, nicht weiter. Und bevor wir um die Wette streamen, sollten wir uns überlegen, wie es nach der Krise weitergeht", sagt er. Die Kulturschaffenden könnten "nicht so tun, als könne man ohne Produktionsmittel arbeiten. Wir sind ja nicht verantwortlich dafür, den Laden am Laufen zu halten."
Streamen als einzige Chance
Ganz anders sieht es die Chefredakteurin des "Monopol Magazin", Elke Buhr: Für sie sind Streams die "einzige Chance" der Künstlerinnen und Künstler, sich auch während der Coronakrise zu präsentieren – und so nicht in Vergessenheit zu geraten. Auch jenseits der Krise funktioniere der Markt für bildende Kunst nach diesem Prinzip: Erst präsentiere die Künstlerin ihre Werke, mache auf sich aufmerksam, um dann irgendwann etwas zu verkaufen.
"Für manche funktioniert das, für manche nicht", sagt sie. Würde man den Kulturschaffenden auch die Möglichkeit nehmen, sich und ihre Werke virtuell zu präsentieren, nehme man ihnen das, worum es ihnen geht: "Die wollen ihre Inhalte rausbringen."
Dass die neue Streaming-Kultur unser Rezeptionsverhalten nachhaltig beeinflussen wird und wir irgendwann auf Theater- oder Konzertbesuche verzichten, glaubt Buhr nicht – auch aus eigener Erfahrung: "Ich will bitte wieder etwas in echt sehen. Ich glaube, das hat den gegenteiligen Effekt."
Künstlerinnen und Künstler in Bedrängnis
In einem sind sich Buhr und Mattheiss aber einig: Die Coronakrise bringt viele Künstlerinnen, Künstler und Kulturinstitutionen in Bedrängnis. "Je länger der Lockdown dauert, desto stärker werden die Einschnitte sein", meint Mattheiss.
"Man weiß jetzt schon, dass die Kommunen ihre Budgets zusammenstreichen müssen", ergänzt Buhr. Viele Kunstinstitution werden daher "hinten runterfallen" – so ihre Prognose.
(lkn)