Greenpeace erwartet 200 Millionen Klimaflüchtlinge
Angesichts der globalen Erderwärmung rechnet der Klimaexperte der Umweltorganisation Greenpeace, Karsten Smid, damit, dass immer mehr Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Schon heute seien rund 20 Millionen Menschen vor den Folgen des Klimawandels auf der Flucht, sagte Smid.
Marie Sagenschneider: Dass die erste Verhandlungsrunde beim Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll seit gestern ausgerechnet in Bangkok stattfindet, ist durchaus sinnig. Schließlich kämpft auch Thailand um seine Küstenregionen, die durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht sind, der, dieser Anstieg, wie auch zunehmende Dürren oder heftigere Orkane Folge der fortschreitenden Erderwärmung ist und dazu führt, dass Millionen Menschen in den nächsten Jahrzehnten gezwungen sein werden, ihre Heimat zu verlassen, und zwar vor allem Menschen aus den ärmeren Regionen dieser Welt. Aber wohin sollen diese Klimaflüchtlinge, und ist das Problem überhaupt schon ins Bewusstsein der Weltgemeinschaft gerückt? Greenpeace hat eine Studie in Auftrag gegeben, die sich genau damit befasst. Karsten Smid ist Klimaexperte bei Greenpeace und nun am Telefon von Deutschlandradio Kultur. Guten Morgen, Herr Smid!
Karsten Smid: Ja, guten Morgen!
Sagenschneider: Wie viele Menschen sind denn bislang überhaupt schon davon betroffen? Wie viele mussten ihre Heimat verlassen, weil sie zum Beispiel in den Fluten versunken ist?
Smid: Wir rechnen, dass heute schon 20 Millionen Menschen auf der Flucht sind aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels. Das sind mehr als die Hälfte der Flüchtlinge weltweit, die aufgrund der Klimaveränderung aus ihrem Heimatland fliehen müssen. Und wenn wir so weitermachen, werden in den nächsten Jahren diese Zahlen hochschnellen auf über 200 Millionen Klimaflüchtlinge weltweit.
Sagenschneider: Aber 20 Millionen jetzt ist ja schon eine ganze Menge. Wo sind die denn geblieben?
Smid: Ja, das sind Menschen, die auf verschiedenen Wegen auf der Flucht sind. Das sind Hunderte von Leuten auf den kleinen Inselstaaten, die bedroht sind durch den steigenden Meeresspiegel. Wir hören hier sehr oft von den Afrikanern, die mit kleinsten Booten versuchen, die kanarischen Inseln zu erreichen oder das europäische Festland. Und das sind oftmals auch Klimaflüchtlinge, und wir müssen sie als Klimaflüchtlinge auch benennen, weil sie in Afrika zum Beispiel durch Dürren gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Und diese Dürren sind auch Folge der Klimaerwärmung.
Sagenschneider: Der Begriff Klimaflüchtling ist etwas schwierig. Viele Länder weigern sich ja, so zu akzeptieren und sagen, na ja, es handelt sich eben auch um Wirtschaftsflüchtlinge, was, glaube ich, auch Teil des Problems ist.
Smid: Die Definition und der Übergang, der ist schwierig. Aber aus humanitären, moralischen Gesichtspunkten müssen wir uns dort nicht an der Definition aufhängen. Es ist einfach so, dass die Regionen, die ohnehin natürlicherweise schon unter Druck sind, durch den Klimawandel besonders betroffen sind. Es sind vor allen Dingen auch die ärmsten Leute, die eben keine Möglichkeit haben, sich in der Region anzupassen, und die nehmen übelste Qualen auf sich, um wegzukommen, um für sich und ihre Familie eine Zukunft aufzubauen. Und das Schlimme ist, dass wir Europäer uns eher abschotten, als dass wir hier diese Flüchtlingsströme aufnehmen und darauf positiv mit konkreten Maßnahmen auch reagieren und den Menschen helfen.
Sagenschneider: Und Sie sagen, dass die, Sie haben es selber gesagt, betroffen sind die ärmeren Länder verantwortlich für den Klimawandel in erster Linie durch die Industriestaaten. Glauben Sie, dass sozusagen die Lage, denn die Experten reden ja davon, dass bis zur Jahrhundertmitte, dass es da 150 bis 200 Millionen Klimaflüchtlinge geben könnte, dass die Lage die Industriestaaten zwingen wird, hier Verantwortung zu übernehmen?
Smid: Ja, wir steuern auf eine humanitäre Katastrophe hin, wenn wir so weitermachen. Und deshalb müssen wir zweierlei Dinge tun. Wir müssen Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern vorantreiben und finanzielle Hilfen. Darum geht es jetzt auch auf der Klimakonferenz in Bangkok. Wir müssen aber auch das Flüchtlingsrecht erneuern, anpassen, auf Klima- und Umweltflüchtlinge adaptieren. Und das heißt zum Beispiel, dass wir einen Nansenpass einführen sollten, wie das nach dem Ersten Weltkrieg geschehen ist, für Heimatlose, für durch den Klimawandel vertriebene Menschen. Und diese Menschen müssen wir dann auch aufnehmen und für sie auch eine neue Heimat suchen. Und da sind wir in der Verantwortung. Es ist absolut unmoralisch, dass wir dieses Thema verleugnen und ignorieren und diesen Menschen, die ja aufgrund des Ausstoßes der Treibhausgase der Industrieländer in die Flucht gezwungen werden, dass wir dieses Thema so vernachlässigen.
Sagenschneider: Nun ist man etwas skeptisch, dass es wirklich so eine internationale Übereinkunft geben wird, oder sehen Sie schon Anzeichen dafür, dass sich da in die Richtung etwas entwickelt?
Smid: Nein, ich sehe, dass das im Moment sehr problematisch ist. Während Frau Merkel sich ja im letzten Jahr noch ganz groß als Klimakanzlerin herausgestellt hat beim G-8-Gipfel zum Beispiel, sind diese Initiativen gescheitert, nicht richtig vorangekommen. Und jetzt ist es seltsam still rund um Frau Merkel geworden beim Thema Klimawandel. Sie stellt sich vor die deutsche Industrie, und da haben wir das Problem, die wissenschaftliche Erkenntnisse, die sind glasklar, die politischen Maßnahmen hinken drastisch hinterher.
Karsten Smid: Ja, guten Morgen!
Sagenschneider: Wie viele Menschen sind denn bislang überhaupt schon davon betroffen? Wie viele mussten ihre Heimat verlassen, weil sie zum Beispiel in den Fluten versunken ist?
Smid: Wir rechnen, dass heute schon 20 Millionen Menschen auf der Flucht sind aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels. Das sind mehr als die Hälfte der Flüchtlinge weltweit, die aufgrund der Klimaveränderung aus ihrem Heimatland fliehen müssen. Und wenn wir so weitermachen, werden in den nächsten Jahren diese Zahlen hochschnellen auf über 200 Millionen Klimaflüchtlinge weltweit.
Sagenschneider: Aber 20 Millionen jetzt ist ja schon eine ganze Menge. Wo sind die denn geblieben?
Smid: Ja, das sind Menschen, die auf verschiedenen Wegen auf der Flucht sind. Das sind Hunderte von Leuten auf den kleinen Inselstaaten, die bedroht sind durch den steigenden Meeresspiegel. Wir hören hier sehr oft von den Afrikanern, die mit kleinsten Booten versuchen, die kanarischen Inseln zu erreichen oder das europäische Festland. Und das sind oftmals auch Klimaflüchtlinge, und wir müssen sie als Klimaflüchtlinge auch benennen, weil sie in Afrika zum Beispiel durch Dürren gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Und diese Dürren sind auch Folge der Klimaerwärmung.
Sagenschneider: Der Begriff Klimaflüchtling ist etwas schwierig. Viele Länder weigern sich ja, so zu akzeptieren und sagen, na ja, es handelt sich eben auch um Wirtschaftsflüchtlinge, was, glaube ich, auch Teil des Problems ist.
Smid: Die Definition und der Übergang, der ist schwierig. Aber aus humanitären, moralischen Gesichtspunkten müssen wir uns dort nicht an der Definition aufhängen. Es ist einfach so, dass die Regionen, die ohnehin natürlicherweise schon unter Druck sind, durch den Klimawandel besonders betroffen sind. Es sind vor allen Dingen auch die ärmsten Leute, die eben keine Möglichkeit haben, sich in der Region anzupassen, und die nehmen übelste Qualen auf sich, um wegzukommen, um für sich und ihre Familie eine Zukunft aufzubauen. Und das Schlimme ist, dass wir Europäer uns eher abschotten, als dass wir hier diese Flüchtlingsströme aufnehmen und darauf positiv mit konkreten Maßnahmen auch reagieren und den Menschen helfen.
Sagenschneider: Und Sie sagen, dass die, Sie haben es selber gesagt, betroffen sind die ärmeren Länder verantwortlich für den Klimawandel in erster Linie durch die Industriestaaten. Glauben Sie, dass sozusagen die Lage, denn die Experten reden ja davon, dass bis zur Jahrhundertmitte, dass es da 150 bis 200 Millionen Klimaflüchtlinge geben könnte, dass die Lage die Industriestaaten zwingen wird, hier Verantwortung zu übernehmen?
Smid: Ja, wir steuern auf eine humanitäre Katastrophe hin, wenn wir so weitermachen. Und deshalb müssen wir zweierlei Dinge tun. Wir müssen Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern vorantreiben und finanzielle Hilfen. Darum geht es jetzt auch auf der Klimakonferenz in Bangkok. Wir müssen aber auch das Flüchtlingsrecht erneuern, anpassen, auf Klima- und Umweltflüchtlinge adaptieren. Und das heißt zum Beispiel, dass wir einen Nansenpass einführen sollten, wie das nach dem Ersten Weltkrieg geschehen ist, für Heimatlose, für durch den Klimawandel vertriebene Menschen. Und diese Menschen müssen wir dann auch aufnehmen und für sie auch eine neue Heimat suchen. Und da sind wir in der Verantwortung. Es ist absolut unmoralisch, dass wir dieses Thema verleugnen und ignorieren und diesen Menschen, die ja aufgrund des Ausstoßes der Treibhausgase der Industrieländer in die Flucht gezwungen werden, dass wir dieses Thema so vernachlässigen.
Sagenschneider: Nun ist man etwas skeptisch, dass es wirklich so eine internationale Übereinkunft geben wird, oder sehen Sie schon Anzeichen dafür, dass sich da in die Richtung etwas entwickelt?
Smid: Nein, ich sehe, dass das im Moment sehr problematisch ist. Während Frau Merkel sich ja im letzten Jahr noch ganz groß als Klimakanzlerin herausgestellt hat beim G-8-Gipfel zum Beispiel, sind diese Initiativen gescheitert, nicht richtig vorangekommen. Und jetzt ist es seltsam still rund um Frau Merkel geworden beim Thema Klimawandel. Sie stellt sich vor die deutsche Industrie, und da haben wir das Problem, die wissenschaftliche Erkenntnisse, die sind glasklar, die politischen Maßnahmen hinken drastisch hinterher.