Gregor Gysi: "Was Politiker nicht sagen"

„Wie verkaufen wir es an die Bevölkerung?“

07:47 Minuten
Gregor Gysi im Porträt
Gregor Gysi ist außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Sein aktuelles Buch trägt den Titel: "Was Politiker nicht sagen" © imago /Future Image/C. Hardt
Gregor Gysi im Gespräch mit Ute Welty · 24.02.2022
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Politiker verschleiern oft die Wahrheit, um Mehrheiten nicht zu verlieren: Über diese Diagnose hat der Linken-Politiker Gregor Gysi ein Buch geschrieben. Sich selbst nimmt er dabei nicht aus, genauso wenig wie Wladimir Putin und George W. Bush.
Parteichef, Bundestagsfraktionsvorsitzender, Präsident der Europäischen Linken: Gregor Gysi hat seit dem Fall der Mauer 1989 reichlich Erfahrungen im Politikbetrieb gesammelt. Mit 74 Jahren ist er nun außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Jetzt legt er ein neues Buch vor: „Was Politiker nicht sagen“.
Im Deutschlandfunk Kultur formuliert es Gysi so: „Sie sagen oft nicht ihre wahren Beweggründe für politische Entscheidungen.“ Nach einem Kompromiss zwischen Regierungsparteien zum Beispiel laute der nächste Tagesordnungspunkt: „Wie verkaufen wir es an die Bevölkerung?“

Bevölkerung werde betrogen und belogen

Dann überlege man sich immer eine Begründung, von der man meine, dass die Mehrheit sie am ehesten teile. Nicht in jedem Fall würden die Menschen das merken, so Gysi. „Aber der Instinkt wächst, dass sie da nicht die Wahrheit erfahren, sondern eher betrogen und belogen werden“.

Gregor Gysi: „Was Politiker nicht sagen … weil es um Mehrheiten und nicht um Wahrheiten geht"
Econ Verlag, Berlin 2022
272 Seiten, 22 Euro

Ein allzu billiges Urteil? Keineswegs, betont der Linken-Politiker. Und verweist auf eigene Erfahrungen: Wenn seine Fraktion oder Partei etwas beschlossen hatte, was er als Vorsitzender nicht teilte, habe er auch immer überlegt: „Sage ich jetzt meine eigentliche Meinung oder versuche ich, die der Partei zu interpretieren?“

Bush und Putin: Unwahre Begründungen für ihr Handeln

Gysi führt aber auch noch weitaus prominentere Beispiele aus der Weltpolitik an: Der damalige US-Präsident George W. Bush habe den Irakkrieg 2003 damit gerechtfertigt, dass das Land angeblich Massenvernichtungswaffen besaß – was nicht stimmte.
Und mit Blick auf das Agieren des russischen Präsidenten Putin gegenüber der Ukraine sagt er: „Wenn jetzt Putin begründet, weshalb er das alles macht, dann wird er sagen, das ist eine Friedenstruppe und da findet ein Völkermord statt – was eben auch nicht stimmt.“ Es gehe immer darum, Mehrheiten dafür zu gewinnen, dass man diese Schritte und keine anderen gehen könne, so Gysi.
(bth)

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