Gregor Gysi zum Tod von Otto Stark

"Kabarett passt nicht zur Diktatur"

Das undatierte Foto zeigt Otto Stark, langjähriger Direktor des Ostberliner Kabaretts Distel.
Das undatierte Foto zeigt Otto Stark, langjähriger Direktor des Ostberliner Kabaretts Distel. © dpa / Alexander Stille
Gregor Gysi im Gespräch mit Britta Bürger |
Der gebürtige Wiener Otto Stark wirkte seit 1960 am Ostberliner Kabarett "Die Distel" – als Intendant, Regisseur und Schauspieler. Bis zur Wende blieb er dem Ensemble treu, jetzt ist Otto Stark im Alter von 96 Jahren gestorben.
Die "Distel" war der Ostberliner Gegenentwurf zum Rundfunkkabarett "Die Insulaner" und zu den "Stachelschweinen" im Westteil der Stadt. 1960 kam der österreichische Kabarettist Otto Stark zur Distel – und blieb bis 1990. Stark wirkte als Regisseur und Schauspieler, ab 1968 war er auch Direktor der Bühne.
Linken-Politiker Gregor Gysi erinnert daran, dass Kabarett und Diktatur schlecht zusammen gehen. Kabarett solle zum Lachen animieren, gleichzeitig solle über die Diktatur nicht gelacht werden, so Gysi. "Kabarett passt nicht zu einer Diktatur – immer musste sich Otto Stark und natürlich auch alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der 'Distel' durch diesen Widerspruch quälen", erzählt der Politiker.

Zensur folgt keiner Logik

Nach der Wende habe ihm Stark von der Kommission erzählt, die alle Stücke eines Programms überprüfen und freigeben musste, so Gysi. "Und dann haben sie immer drei Szenen eingeübt zum Streichen. Da haben sie gedacht 'Da sind wir schärfer, als sonst'. Und manchmal sind die drei Szenen durchgekommen und andere gestrichen worden", so Gysi. Die Zensur sei also keiner Logik gefolgt.
Thematisch habe sich die "Distel" vor allen Dingen auf die DDR bezogen, sagt Gysi: "Und dann gab es immer eine Szene gegen die Bundesrepublik, die war Pflicht. Wo wir dann auch natürlich alle klatschen sollten, dass wir doch begriffen haben, wer die eigentlichen Gegner sind."

Die Antwort gegen die Nazi-Diktatur

Warum der Österreicher Otto Stark sich dafür entschieden hat, in der DDR zu leben, und ab 1952 der SED beizutreten, kann auch Gysi nicht so recht beantworten. "Es lebte sich als Österreicher in der DDR natürlich besser. Er hatte ja einen Reisepass und konnte immer hinfahren, wo er wollte. Das war das eine und das zweite sicherlich seine Erfahrung aus der Nazi-Diktatur. Und er ging davon aus, das ist die konsequentere Antwort gegen die Nazi-Diktatur", erinnert sich Gysi.
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