Grenzenlose Grenzgänge

Von Nana Brink und Claudia van Laak |
Zittau: Alle waren sie gekommen - alte Idealisten, neue Enthusiasten, eine Reihe von Skeptikern und viele Kameras um das große Ereignis der EU-Osterweiterung im Dreiländereck zu feiern. Die Mikrofone waren auf die Redner gerichtet, die Augen in eine verheißungsvolle Zukunft. Ein Jahr danach geht es um den Alltag: um die Arbeit, um das Gefühl und ums Geld. Denn immer noch sind unterschiedliche Lebensverhältnisse das größte Hemmnis für die neuen partnerschaftlichen Beziehungen.
Frankfurt/Oder: Mehr als 30 polnische Unternehmen haben sich seit dem 1. Mai in Frankfurt niedergelassen, immer mehr deutsche Firmen kooperieren mit polnischen und nutzen so ihre Wettbewerbsvorteile. Der Einkaufstourismus boomt. Die Kriminalität im Grenzgebiet ist gesunken, die wirtschaftliche Verflechtung nimmt zu - doch Vorurteile und Vorbehalte bleiben.

Zittau

Collage: "Wir fühlen uns nicht mehr abgehängt, wir fühlen uns Mitten im Herzen von Europa ...
Mental ist doch einiges passiert, das große Interesse am 1. Mai vor einem Jahr hat doch der Stadt und der Umgebung sehr gut getan ...
Ich denke, es fehlt den Politikern hier in der Region oftmals die Vision und der Glaube daran, dass dieses Europa mit dem Schulterschluss der Minister am 1. Mai nicht abgeschlossen ist, sondern dass die Arbeit eigentlich erst jetzt beginnt. "

Die Arbeit im Dreiländereck liegt momentan - auf der Straße. Sprichwörtlich. Die B 178 von Zittau soll über Polen nach Tschechien verlängert werden - bislang ist es bei der Ankündigung geblieben. Am 1. Mai letzten Jahres baute die Bundeswehr eine Behelfsbrücke zwischen Deutschland und Polen, auf der die Regierungschefs - und nach ihnen viele tausend Bürger - grenzüberschreitend lustwandelten. Zittaus Oberbürgermeister Arnd Voigt hätte liebend gern an diesem 1. Mai den Spatenstich für die neue Straße angekündigt.

Arnd Voigt: "Also der Ausbau der B 178 ist natürlich das dringendste Problem, aber auch ...der Brückenausbau Richtung Polen ist noch nicht ganz gesichert, hier fehlt die Unterschrift des polnischen Präsidenten noch, dann wir es sicher dazu führen, dass Baukräne zu sehen sind und dann erst spürt die Bevölkerung, es hat was gebracht. "

Immerhin - Berlin hat schon zwölf Millionen Euro für den Straßenausbau bereitgestellt. Die neue Verkehrsader genießt in Zittau hohen Symbolwert. Mit der EU-Osterweiterung rückt das Städtchen, das einst "die Reiche" genannt wurde, wieder in die Mitte Europas.

Arnd Voigt: "Es war schon mental ein Befreiungsschlag, nicht nur für die Zittauer, sondern auch für die Städte Bogatynia und Hradek nad Nisou, denn diese Städte lagen genau so in einer Randlage, in einer Ecke und man hat es ja gesehen, wie begeistert die Menschen am 1.Mai waren, nach dem sie die Freiheit spüren konnten. "

Werner Kirschner: "Also die EU-Osterweiterung wird wohl am meisten gebracht haben, wenn man das oberflächlich, für den Konsum der Leute, wenn sie tanken fahren, einkaufen fahren und zum Frisör gehen in Polen und Tschechien, die Osterweiterung wird nicht die Abwanderung stoppen, sie hat noch nicht zu merkbaren Industrieansiedlungen geführt, die hier uns Arbeit gebracht hätten, kann ich nicht erkennen. "

Werner Kirschner, Kreishandwerksmeister, sitzt frühmorgens über seinem Kaffee und plant die Baustellen. Seit Jahren machen ihm sinkenden Umsatzzahlen zu schaffen; 40 von ehemals 50 Mitarbeiter hat er bereits entlassen müssen. Der 58-jährige Besitzer eines Baubetriebes zählte am 1. Mai letzten Jahres zu den großen Skeptikern der EU-Osterweiterung, fürchtete Dumpinglöhne auf dem Bau. Zumindest dies hat sich nicht bestätigt:

Werner Kirschner: "Also mir ist im Bereich des Handwerks wenig zu Ohren gekommen, dass es durch polnische oder tschechische Kapazitäten Verdrängung von Handwerksbetrieben gegeben hat, schlimmer ist für uns die gesamtwirtschaftliche Situation hier in der Grenzregion, es gibt zuwenig Industrie, es ist dadurch zu wenig Bevölkerung, die Bevölkerung wandert ab. "

Gerade saniert Kirschners Firma die Fassade der Königlich Sächsischen Bauschule, - eines der zahlreichen klassizistischen Bauwerke der ehemals wohlhabenden Patrizierstadt Zittau. Solche öffentlichen Aufträge sind rar geworden in den letzten Jahren. Natürlich hat Werner Kirschner auch schon über die Grenzen geblickt....

Werner Kirschner: "Kontakte hab ich schon gehabt, aber nur lose Kontakte, es gibt nichts ständiges...da steht zum ersten die Sprachbarriere und zum anderen könnten wir mit unseren Preisen für Bauleistungen ja nur an ausgewählten, besonderen Objekten in Polen oder Tschechien einen Auftrag bekommen, weil doch die einheimischen bodenständigen Kapazitäten viel billiger anbieten. "

So stagniert die Arbeitslosenquote auch nach dem 1. Mai 2004 bei mehr als 25 Prozent. Spitzenplatz in Sachsen. Hartz IV ist in Zittau eine größere Herausforderung als die EU-Osterweiterung. Wie überall in der Republik fehlen vor allem Arbeitsplätze für ungelernte Kräfte. Große Handelsketten zum Beispiel suchen trotz Grenzöffnung nicht den Weg nach Zittau, wie Gudrun Laufer, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle, erklärt.

Gudrun Laufer: "... inzwischen gibt es ja Großmärkte in Tschechien, sie finden alle Produkte, die sie hier kaufen können, auch in Tschechien, und der Vorteil, der hier bisher tschechische Käufer nach Zittau gelockt hat, nämlich dass sie die Mehrwertsteuer zurückbekommen, der ist ja weggefallen, das stellen wir auch fest, dass weniger Einkäufe durch tschechische Bürger hier getätigt werden. "

Auffälliger als die tschechischen Tagestouristen, die über den Marktplatz von Zittau schlendern, sind die vielen jungen Leute, die in Grüppchen zusammenstehen. Im Frühjahr 2005 hat Zittau fast schon das Flair einer Universitätsstadt. Straßencafés und Kneipen mit jungen Leuten, ein Stimmengewirr aus polnisch, tschechisch und deutsch...

Martin: "Aus Tschechien, aus Liberec, aus der Nähe, also ich fahre jeden Tag mit dem Auto nach Hause.... bei mir ist das keine große Änderung, aber bei Leuten, die noch so in Kontakt mit Deutschen oder Polen sind, dann gibt es keine Grenzen mehr, für mich ist das nichts besonderes. "

Martin aus der nahegelegen Stadt Liberec in Tschechien studiert an der Neisse-University. Dieses einmalige Hochschulprojekt der Universitäten von Wroclaw, Liberec und Zittau bietet seit 2001 einen Studiengang in Informations- und Kommunikationsmanagement mit einem gemeinsamen Abschluss an, der in allen drei Ländern anerkannt wird. Für Stefan Kühne, Leiter der akademischen Verwaltung der Fachhochschule Zittau, wächst hier bereits eine neue europäische Generation heran.

Stefan Kühne: "... es ist so eine gewisse Aufbruchsstimmung bei den Studierende, sie sind relativ mobil, flexibel, wir merken das an den Praktika, dass nicht alle ihr Praktikum in Deutschland machen, sondern irgendwo in der Welt ihr Praktikum machen, also da merkt man schon, dass ist eine andere Studierenden-Generation ... nicht Abenteuertypen, aber sie wissen genau, was sie wollen. "

Mike Wohne: "300 Meter vielleicht, wenn wir jetzt hier rechts rumlaufen, dann sind wir gleich an der Grenze, Fußgängerüberweg...es ist schon normal für die Kinder … nicht mehr ungewöhnlich, für uns ist das ganz normal."

Seit sechs Jahren schon gibt es in Hartau nahe Zittau eine deutsch-tschechische Grundschule, "Schkola" genannt. Das Modell: Vier Tage gehen die deutschen Kinder in ihre deutsche Schule und einen Tag in die tschechische Partnerschule; in Tschechien funktioniert es genau umgekehrt. Trotz aller Sonntagsreden über grenzüberschreitende Projekte kämpft Schulleiter Mike Wohne um Anerkennung; - erst um die staatliche Zulassung als Privatschule, jetzt um den Neubau.

Mike Wohne: "Das ist genau das gleiche, dass wir hier in Hartau seit 99 nachgewiesen haben, dass dieses Konzept auch wirklich angenommen wird, das zeigt sich an den Anmeldezahlen der Eltern, die sehr, sehr viel auf sich nehmen.....wo wir sagen können, dass das interkulturelle Lernkonzept hier auch gewünscht ist, das hätte damals niemand geglaubt... nun geht es wieder darum, dass die Finanzierung kippt, weil die Behörden der Meinung sind, dass die Ökonomie wichtiger ist, als die Vision, die wir haben.... "

Die Vision, die Schulleiter Mike Wohne hat, deckt sich übrigens mit den Statements vieler Politiker nach dem 1. Mai: Jeder bleibt bei seiner Sprache, aber versteht den anderen. Zumindest ein bisschen. Was übrigens weitestgehend unbemerkt bleibt: Ob Studenten, Geschäftsleute oder Touristen, - die deutsch-tschechisch-polnische Gemeinschaft spricht heute englisch. Für Stefan Kühne von der Hochschule Zittau immerhin ein Indiz dafür, dass Zittau ein Jahr nach der EU-Osterweiterung nicht mehr im toten Winkel liegt.

Stefan Kühne: "Es wäre jetzt völlig falsch zu sagen, es ist eine große Euphorie ausgebrochen... aber ich denke die Region um das Dreiländereck ist in Deutschland und in der Welt bekannter geworden, und es interessieren sich mehr Menschen für diese Region, ob dass nun sofort den Ausdruck findet, dass vielmehr Touristen und Wirtschaftsansiedlungen kommen, dass ist ein Langzeitprozess, aber dieses - ich möchte fast sagen - Zentrum Europas ist in den Blickpunkt gerückt. "


Frankfurt/Oder

Grenzabfertigung an der Frankfurter Stadtbrücke. Seit dem 1. Mai letzten Jahres haben sich die Wartezeiten drastisch verringert. Ein bis zwei Minuten in der Autoschlange, kurz den Personalausweis vorzeigen, dann wird durchgewunken.

Auf der Rücksitzbank einen altes Golf liegt ein Sack Kartoffeln, das nächste Auto ist voll gepackt mit Gartenzwergen - die Reisenden kommen gerade vom Polenmarkt. Der Grenzschutzbeamte Henry Kostetzky weiß, wer wann warum über die Grenze fährt.

BGS: "Die fahren tanken und holen Zigaretten, das ist das hauptsächliche Klientel, das wir haben, das sind Leute aus der Region, die rüberfahren und ein bisschen einkaufen, Zigaretten holen, viele ältere Leute vormittags, zum Abend dann mehr Jugendliche. "

Seine polnische Kollegin debattiert mit dem Fahrer eines schwarzen Geländewagens. Nein, der Führerschein reicht nicht aus, um nach Deutschland einzureisen, sagt sie bestimmt.

Der deutsche Grenzschützer spricht ein paar Brocken polnisch, die polnische Kollegin ein bisschen deutsch. Beide tragen eine Pappkarte mit den wichtigsten Begriffen in der Sprache des Nachbarlandes mit sich. Und beide sind für die Sicherheit des jeweils anderen verantwortlich.

BGS Priebe: "Das ist doch schon ein sehr großer Schritt in Richtung vertrauensvolle Zusammenarbeit, weil das ist so ein gewisser Umdenkprozess in den Köpfen, sich von dem Beamten des Nachbarstaates dort bewachen zu lassen. "

Ivo Priebe ist Leiter der Bundesgrenzschutzinspektion Frankfurt/Oder. Seit 1998 fahren und gehen Polen und Deutsche gemeinsam Streife im Grenzgebiet, erzählt er, Deutsche und Franzosen würden dies erst seit einem Jahr tun.

"Die deutschen Beamten dürfen auf polnischer Seite Waffen tragen, die polnischen auf deutscher Seite, und wer die gemeinsame Geschichte kennt und die Vorbehalte in diesen Fragen, das ist auch ein sehr großer Schritt, dem zuzustimmen, aber das ist hier eine Selbstverständlichkeit. "

Frankfurter und Slubicer gehen aufeinander zu - allerdings bleibt eine Regel bestehen: wenn Deutsche und Polen zusammentreffen, wird deutsch gesprochen. Auch Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt kann sich nicht auf Polnisch verständigen. Nichtsdestotrotz vertritt er die Vision einer Doppelstadt Frankfurt - Slubice und denkt grenzübergreifend.

Patzelt: "Der Umsatz von polnischen Geschäften und Tankstellen ist überdimensional gestiegen, die Nachbarn haben erlebt, dass sie deutsche Kunden haben, auch beim Zahnarzt und beim Frisör, überall, die Deutschen haben gemerkt, dass ihre Geschäfte nicht zusammengebrochen sind, im Gegenteil, dass sie auch polnische Kundschaft gewonnen haben, es vermischt sich einfach. "

Auf der Grenzbrücke herrscht wie immer reger Verkehr. Seit dem 1. Mai entdecken immer mehr Slubicer Frankfurt als Einkaufsstadt, zumal Fernseher, Radiogeräte und andere Elektroartikel in Deutschland billiger sind als in Polen. Die Stadträte von Slubice und Frankfurt haben den Bau einer Straßenbahn über die Oder beschlossen, damit beide Städte noch enger zusammenwachsen.

Patzelt: "Ja, wir hoffen, dass wir das im Jahr 2007 dann erleben werden, es ist eines der besten Projekte, wenn man an die deutsch-polnische Zusammenarbeit denkt. "

2007 soll Polen dem Schengen-Abkommen beitreten, die Grenzkontrollen an der Oderbrücke fallen dann weg. Frankfurts Oberbürgermeister Patzelt freut sich darauf. Bis dahin muss auch er seinen Personalausweis vorzeigen.

Patzelt: "Wie jeder andere. Die Gesichtskontrolle reicht da nicht aus. Sehen Sie. Danke schön. "

Auf dem Spaziergang entlang der Oder zum imposanten Backstein-Rathaus wirft Martin Patzelt noch einen Blick auf den Wochenmarkt. Schade, keine polnischen Händler da, sagt er sichtlich enttäuscht. Der CDU-Politiker ist gegen das Arbeitsverbot von Polen in Deutschland, obwohl die Handwerker sich bei ihm beklagen.

Patzelt: "Wenn man den Arbeitsmarkt im allgemeinen, also nicht nur im Handwerk, sondern auch in der Industrie und im Dienstleistungsbereich sieht, dann ist es nach wie vor eine Barriere, die hier eher zur Stagnation beiträgt als zur Entwicklung. "

Im letzten Jahr hat Martin Patzelt einen Aufruf gestartet. Alle Gaststätten, Restaurants und Cafés sollten doch bitte schön auch Speisekarten auf Polnisch drucken. Ein wenig Kundenfreundlichkeit angesichts der EU-Erweiterung könne nicht schaden, so der Oberbürgermeister. Deshalb wirft er auch jetzt einen Blick in den Ratskeller.

Kellner Olaf Rogge ist überrascht über den unangemeldeten Besuch des Oberbürgermeisters. Eine Speisekarte auf Polnisch? Der Kellner schüttelt mit dem Kopf, seine Erklärungsversuche wirken hilflos.

Kellner: "(stöhnt) Es ist im Moment schwierig zu sagen, wir haben im Moment vieles um die Ohren, das ist schwierig zu organisieren, es wird noch dauern, ich kann definitiv keine Zeit sagen. "

Oberbürgermeister Patzelt kann nicht verstehen, warum sich so wenige Frankfurter Gaststätten auf die polnische Kundschaft einstellen. Zumal die Stadt allen das Angebot gemacht hat, die Speisekarten kostenlos und fachmännisch übersetzen zu lassen. Nur sechs Gastwirte haben von diesem Angebot Gebrauch gemacht.

Patzelt: "Ich finde das selber sehr schade, ich verstehe es eigentlich nicht. "

Die Frankfurter Brauerei hat sich notgedrungen auf polnisch, ungarisch und russisch sprechende Biertrinker eingestellt. Das auf die Produktion von Dosenbier spezialisierte Unternehmen stand nach Inkrafttreten der Verpackungsverordnung kurz vor der Pleite. Heute schreiben wir schwarze Zahlen, erläutert Geschäftsführer Götz Ziaja, 40 Prozent der Produktion werden exportiert.

Ziaja: "Wir können in Polen natürlich Dosen verkaufen, wir können Einweg-Glasflaschen verkaufen, weil wir nicht die entsprechenden Verpackungsverordnungen und Bepfandungen auf Einwegprodukte haben wie in Deutschland. "

Während die Frankfurter Brauerei also eine positive Bilanz der EU-Erweiterung zieht, fällt die von Krysztof Wojciechowski eher durchwachsen aus. Der Direktor des Collegium Polonicum in Slubice - dem polnischen Teil der Europa-Universität Viadrina, hat nach dem 1. Mai eine Europa-Ermüdung auf beiden Seiten der Oder festgestellt. Außerdem ist sich Wojciechowski einig mit Frankfurts Oberbürgermeister Martin Patzelt: Das Arbeitsverbot für Polen in Deutschland schadet dem Grenzgebiet insgesamt.

Wojciechowski: "Ein Jahrzehnt lang hat man sich auf deutscher Seite gegen alle Arbeitskräfte geschützt in der Annahme, man rette die Arbeitsplätze für die Deutschen. Das hat sich als eine absolut falsche Taktik erwiesen, das heißt, die Arbeitsplätze wurden vernichtet sowieso, und jetzt hat man praktisch keine grenzüberschreitende Zusammenarbeit, man kann nicht mal in den Genuss der Nachbarschaft, der billigen Arbeitskräfte kommen, weil man in den vorigen Jahren keine Kontakte aufgebaut hat. "

Die deutsche Seite reagiere mit Ablehnung, wenn die polnische Hilfe bei der Lösung von Problemen anbiete. Wojciechowski nennt als Beispiel die mehr als 7000 leer stehenden Wohnungen in Frankfurt/Oder.

Wojciechowski: "Es gibt Wohnungsnot auf polnischer Seite, aber versuchen Sie, jemandem vorzuschlagen, er soll die leer stehenden Wohnungen an Polen vermieten, dann wird er ihnen 100 Vorschriften zitieren, die das ganze unmöglich machen. "

So fordern die Frankfurter Wohnungsbauunternehmen von ihren potentiellen Mietern Einkommensnachweise. Wenn ein Mieter nicht genau belegen kann, dass er eine bestimmte Summe im Monat verdient, bekommt er keine Wohnung - trotz der Tatsache, dass in Frankfurt jede 5. Wohnung leer steht. Darüber kann sich der sonst so ruhige und besonnene Wissenschaftler maßlos aufregen.

Wojciechowsk: "Entschuldigung, darf ich fragen, was ihn das angeht, wie viel Geld die Familie hat, Hauptsache, sie bezahlt die Miete. Und ob die Miete durch die reiche Tante aus Amerika finanziert wird, oder ob sie aus Gedichten, die der Familienvater schreibt, kommt, das sollte ihm wurschtegal sein. "

Ist es aber nicht. Die Vorschriften gelten für deutsche wie für polnische Mieter, argumentiert die deutsche Seite. Außerdem könne man für Polen die Mieten nicht senken. Es bleibt also dabei: in Frankfurt werden auf Steuerzahlerkosten leer stehende Wohnungen abgerissen, während auf der anderen Seite der Oder, fünf Gehminuten entfernt, ebenfalls mit Steuergeldern Wohnungen neu gebaut werden. Über Ländergrenzen hinwegzudenken, ist eben doch nicht so einfach - auch, wenn beide Länder zur EU gehören und Slubice vor 1945 ein Stadtteil von Frankfurt/Oder war.