Greta Taubert: „Guten Morgen, du Schöner"

Liebeserklärung an die „Ossi-Boys“

05:42 Minuten
Greta Taubert: "Guten Morgen, du Schöner. Begegnungen mit ostdeutschen Männern"
Ihre "Ossi-Boys" lässt Taubert einfach reden, das ist ihr großes Verdienst. © Aufbau Verlag / Deutschlandradio
Von Bastian Brandau |
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Das Ost-Bild vieler Deutscher ist geprägt von Pegida-Gängern und Rechtsextremen. Die Leipziger Journalistin Greta Taubert lässt in „Guten Morgen, Du Schöner!“ ganz andere Ost-Männer zu Wort kommen – sie sind vielfältig, reflektierend, modern.
Mit "Guten Morgen, du Schöne" setzte Maxie Wander der DDR-Frau 1977 ein literarisches Denkmal – sie hörte denen zu, die die DDR am Laufen hielten. Wie viel Prägung durch die Ostfrauen steckt in den heutigen Ost-Männern? Dieser Frage geht Greta Taubert, 1983 in der DDR geboren, in "Guten Morgen, du Schöner" nach.
Denn "der ostdeutsche Mann" ist in Verruf geraten durch die Gewaltexzesse in den 1990ern etwa in Rostock-Lichtenhagen, schreibt Taubert, und seit 2014 haben "hassverzerrte Gesichter von Wutbürgern" die Berichterstattung über Ostdeutschland geprägt. Doch natürlich gibt es auch andere Männer im Osten, und 16 von ihnen lässt Taubert erzählen. Die "schönen" Ost-Männer, überwiegend aus der Dritten Generation Ost, der heute unter 40-Jährigen. Männer, die andere, meist positive Lehren aus DDR- und Transformationszeit nach 1989 gezogen haben. Denn diese Männer, kennt Taubert: mit ihnen lebt sie, diese liebt sie.

Die Stärke: die Männer zum Reden bringen

Die Unterschiede sind groß in den 16 Biografien: Da ist der heute über 60-Jährige, der für das DDR-Innenministerium gearbeitet hat, später als Selbstständiger Pleite ging. Und da ist der angehende Lehrer, der als Kleinkind mit seinen Eltern nach Baden-Württemberg gezogen ist. Darunter sind Biografien, die untrennbar mit der DDR verbunden sind: Wenn etwa der Vater in den Westen abgehauen ist.
Bei anderen fragt man sich, was hier eigentlich das Ost-Spezifische sein soll, ob eine Lebenserzählung, oft von der Provinz in die große Welt oder zumindest nach Berlin, nicht auch in Rheinland-Pfalz spielen könnte. Diesen Einwand thematisieren die Interviewpartner auch selbst.
Ihre "Ossi-Boys" lässt Taubert einfach reden, das ist ihr großes Verdienst: Sowohl die Älteren zu knacken, als auch diejenigen zum Nachdenken zu bringen, die als spätgeborene Ostdeutsche ihr Leben vielleicht einfach gelebt haben. Gerade deren Interviews sind in ihrer Tiefe etwas Neues. Taubert protokolliert. Sie selbst verbindet die Interviews (die sie als "Dates" bezeichnet) in einer amüsant-schnoddrigen Art.

Die Schwäche: vieles bleibt anekdotisch

In Zwischentexten sucht sie immer wieder nach dem, was "Ostdeutsche" verbindet, was dieses "speziell männlich Ostdeutsche" ist, was sie so mag. Das wirkt allerdings teilweise krampfhaft und wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Sie, die selbst beklagt, es brauche immer eine steile These, um Aufmerksamkeit zu erlangen, versucht, ihre der durch Ost-Frauen geprägten Ost-Männer zu belegen. Angesichts ihrer dünnen Quellenlage bleibt dabei vieles im Anekdotischen.
Trotzdem: Wo zuletzt wieder die Ost-West-Gräben tiefer wurden, lohnt sich die Lektüre vor allem für diejenigen, die weit entfernt von Erfurt oder Hoyerswerda die Selbstverständlichkeit erfahren wollen, dass es in Ostdeutschland natürlich auch Männer gibt, die weder bei Pegida mitlaufen noch die AfD wählen. Welche Rolle dabei ihre ostdeutsche Prägung spielt, kann nach der Lektüre jede*r für sich beurteilen.

Hören Sie hier auch ein Gespräch mit Greta Taubert. Audio Player

Greta Taubert: "Guten Morgen, du Schöner. Begegnungen mit ostdeutschen Männern"
Aufbau Verlag, 2020
249 Seiten, 20 Euro

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