Griechenland-Krise

Verhandlungen gehen in die letzte Runde

Alexis Tsipras vor unzähligen Kameras und Mikrofonen in Brüssel.
Alexis Tsipras vor Journalisten in Brüssel. © Thierry Roge, dpa picture-alliance
Von Mario Dobovisek |
Kann die griechische Staatspleite noch abgewendet werden? Eine Lösung des Schuldenstreits ist nicht in Sicht. Die Verhandlungen beim EU-Gipfel blieben ohne Ergebnis und sollen am Samstag fortgesetzt werden.
Eine Woche Dauerverhandlungen sind allen Beteiligten in Brüssel anzusehen. Die Augen müde, das Lächeln gequält. Und doch werden sie weitergehen, die Gespräche zwischen den Schuldnern in Athen und den Geldgebern der Institutionen, wie der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die Europäische Union bloß noch genannt werden.
Bis zur letzten Millisekunde, wie EU-Kommissions-Präsident Jeanne-Claude Juncker sagt. Doch wann genau kommt die, die letzte Millisekunde? Am Dienstag jedenfalls wird die nächste Rate fällig – Athen muss 1,6 Milliarden Euro an den IWF überweisen. Und das dürfte ohne das ohne eine Einigung auslaufende EU-Hilfspaket schwierig werden. Immer wieder verzögert, unterbrochen und vertagt wurden die Gespräche der Finanzminister in Brüssel. Morgen sollen sie nun weitergehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel:
"Wir waren uns einig, dass weitergearbeitet werden muss mit den drei Institutionen und der Euro-Gruppe und Griechenland und dass der Euro-Gruppe am Samstag eine entscheidende Bedeutung zukommt."
Für die Institutionen ist klar: Die Vorschläge liegen alle samt auf dem Tisch. Mehrwertsteuer, Renten, Beamtengehälter, Privatisierungen, Militärbudget. Es sei nun an der griechischen Regierung, sie zu akzeptieren. Spielraum gebe es keinen mehr. Doch Premier Alexis Tsipras steht mit dem Rücken zur Wand – und das gleich doppelt: in Brüssel bei den Amtskollegen der EU, die ihn sich am Abend noch einmal fast zwei Stunden lang zur Brust genommen haben. Und zu Hause in Griechenland, wo er im Grunde noch am Sonntag die von den Geldgebern geforderten Gesetze durchs Parlament peitschen muss. Ausgang ungewiss.

Keine verbindliche Flüchtlingsquote

Ebenso in der Flüchtlingsfrage, dem ursprünglichen Top-Thema des Gipfels in Brüssel. Griechenland und Italien entlasten wollte die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag einer verbindlichen Quote für die gerechtere Verteilung von Asylbewerbern.
Am Ende kein rein italienisches Thema, sagt Italiens Premierminister Matteo Renzi. Sondern eines für ganz Europa. Großbritannien und viele osteuropäische Staaten sehen das anders, sie bekämpfen die Pflichtquote. Aller Apelle der Bundeskanzlerin an die europäische Solidarität zum Trotz. Und die Kritiker haben sich durchgesetzt. Die Quote soll kommen; für 60.000 Asylbewerber – darunter 20.000 Bürgerkriegsflüchtlinge zum Beispiel aus Syrien. Allerdings nur freiwillig, nicht verpflichtend. Bis früh in den Morgen hinein stritten die Staats- und Regierungschefs über diese abgeschwächte Formulierung. Dennoch: Renzi freut sich.
Es gibt noch viel zu tun, sagt Matteo Renzi, hätte es bei einer solchen vergleichsweise kleinen Zahl an Flüchtlingen keine Solidarität gegeben, wäre das so, als hätte Europa die europäische Idee auf den Arm genommen.
"Es gab insgesamt eine sehr engagierte Diskussion und die ist dem Thema auch angemessen, weil wir - was die Flüchtlingsfrage anbelangt - glaube ich, vor der größten Herausforderung stehen, die ich jedenfalls in meiner Amtszeit bezüglich der Europäischen Union gesehen habe."
Klare Worte von Bundeskanzlerin Angela Merkel, denn sie unterstützte verbindliche Regeln. Genau wie EU-Kommissionspräsident Jeanne-Claude Juncker, der die Pflichtquote vorgeschlagen hatte.
Über die Entscheidungsprozesse in Europa habe ich nie die Illusionen verloren, sagt Juncker. Weil ich nie welche hatte.
Heute geht es weiter in Brüssel – gesprochen wird unter anderem über den Kampf gegen den Terror und die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU. Auch das Stichwort Ukraine soll dabei fallen.
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