Griechenland nach Gläubiger-Einigung

Banges Warten auf neue Sparmaßnahmen

Griechische und europäische Fahnen vor einem Geschäft in Athen
Griechische und europäische Fahnen vor einem Geschäft in Athen © Yannis Kolesidis/dpa
Von Thomas Bormann · 11.08.2015
Etliche Frührenten sollen abgeschafft, viele Steuervorteile gestrichen, Privatisierungen vorangebracht werden - insgesamt 35 neue Sparmaßnahmen kommen nach der Einigung mit den Gläubigern auf Griechenland zu. Die Sorgen in der Bevölkerung über die Folgen sind groß.
Alle griechischen Nachrichtensender berichten seit dem frühen Morgen unablässig über die "Sinfonia" – so das griechische Wort für Einigung.
Nach dem Verhandlungsmarathon durch die gesamte Nacht hindurch hat sich die griechische Regierung mit den EU-Institutionen und dem Internationalen Währungsfonds auf ein neues, drittes Hilfsprogramm geeinigt. Demnach soll Griechenland 86 Milliarden Euro an neuen Hilfskrediten bekommen, muss aber im Gegenzug für die kommenden drei Jahre neue Sparmaßnahmen durchsetzen.

Über die Reaktionen der EU in Brüssel auf die Einigung mit Griechenland berichtete in "Studio 9" Thomas Otto.
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Ganz Griechenland wartet nun auf die, ja grausamen Neuigkeiten, welche Sparmaßnahmen das im einzelnen sind, aber Finanzminister Tsakalotos hat sich heute Vormittag erst mal mit Ministerpräsident Tsipras beraten – noch ist die Sparliste quasi geheim.
Tsakalotos hatte heute früh auch nur bedingt bestätigt, dass es eine Einigung gibt. Den wartenden Journalisten sagte er beim Vorbeigehen:
"Ja, es gibt noch ein, zwei kleine Fragen, aber wir sind praktisch durch",
so Tsakalotos, die Einigung liege also auf dem Tisch.
Aich Menschen mit niedrigem Einkommen betroffen
Nach Recherchen der Athener Tageszeitung Kathimerini will die Regierung jetzt 35 verschiedene Sparmaßnahmen umsetzen.
So sollen viele Frührenten nach und nach abgeschafft werden. Etliche Steuervorteile sollen gestrichen werden, zum Beispiel für Reeder, das betrifft also vor allem reiche, aber auch Steuervorteile für Landwirte sollen wegfallen, das wiederum betrifft viele mit niedrigem Einkommen.
Damit Geld in die Staatskasse fließt, sollen viele Staatsbetriebe privatisiert werden, auch im Energie-Sektor. Dort soll künftig Wettbewerb herrschen und das Geschäft beleben. Aber: Viele Beschäftigte in Elektrizitätswerken fürchten Massenentlassungen, wenn private Investoren die Werke übernehmen. Die Gewerkschaften haben hier bereits im Vorfeld Proteste angekündigt und gedroht, landesweit den Strom abzuschalten.
Die Regierung aber will das Programm dennoch umsetzen, und zwar schnell.
Wenn die Einigung denn heute noch offiziell verkündet wird, dann könnte das Parlament in Athen schon übermorgen Abend, am Donnerstag, zusammenkommen und das Paket beschließen. Zwar will der linke Flügel der Regierungspartei Syriza gegen das Hilfspaket stimmen, aber trotzdem gilt die Mehrheit im Parlament als sicher, weil die pro-europäischen Oppositionsparteien mit der Regierung für das Hilfspaket stimmen wollen.
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