Griechenlands Buchhändler kämpfen ums Überleben

Von Theodora Mavropoulos |
Für den Buchhandel in Griechenland geht es durch die Krise und die allgemeine Verarmung der Gesellschaft immer weiter bergab. Zugleich erleben die rund 300 öffentlichen Bibliotheken einen regelrechten Boom.
Die Buchhandlung Korfiatis - ein kleines familiengeführtes Geschäft im Stadtzentrum Athens - bekommt die Krise hart zu spüren. 1960 eröffnete der Laden. Giannis Korfiatis übernahm das Geschäft von seinem Vater und hat heute selbst einen Sohn. Ob dieser den Buchladen einst erben wird, ist nicht mehr sicher.

"Die Krise bedeutet für uns, sich vor Investitionen in Acht zu nehmen und unsere Ausgaben so weit wie möglich einzuschränken. Unser tägliches Leben hat sich bereits komplett gewandelt. Und wir haben Angst, dass es noch weiter bergab geht. Dann wird es für uns kaum möglich sein, den Laden zu halten und weiterzumachen. Wir leben von diesem Geschäft. Wir haben keine anderen Einnahmen. Der Laden ist überlebenswichtig."

Vielen griechischen Buchhändlern geht es wie Korfiatis. Denn der Buchverkauf ist in Griechenland um 20 Prozent rückläufig, wie auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober verkündet wurde. Einige Buchhändler mussten bereits aufgeben. Für Sokratis Kampouropoulos, Leiter des Buchzentrums in Athen, ist der Einbruch in der Buchbranche ein natürliches Phänomen der Krise.

"Nachdem sich die Krise im Jahr 2009 bemerkbar machte, war selbstverständlich die Buchbranche eine der ersten, die die Folgen der Krise zu spüren bekam. Weil Bücher, wie andere Kulturerzeugnisse auch, eben nicht zu den überlebenswichtigen Gütern wie Ernährung und Gesundheit, Brot, Milch und so weiter gehören. Die größten Probleme gab es im Verkauf. Weil die Zahl derjenigen, die Geld für Bücher ausgeben, immer stärker abnimmt. Die Reaktion ist natürlich und vorhersehbar."

Durch die ausbleibenden Einnahmen kommt es zur Kettenreaktion: Buchläden können ihre Rechnungen bei den Verlagen nicht bezahlen. Dadurch wird es für die Verlage schwieriger, für die Vorauszahlung von Papierimporten notwendige Kredite bei den Banken aufzunehmen. Um das Geld dennoch aufzubringen, werden Honorare an Autoren und Übersetzer oftmals verspätet und teilweise gar nicht ausgezahlt.

Die Buchbranche Griechenlands kämpft an allen Ecken und Enden ums Überleben.
Hingegen erfreuen sich die rund 300 öffentlichen Bibliotheken Griechenlands regen Zulaufs. Allein in Athen gibt es 65. Die Mitgliedschaft ist für alle – egal ob Grieche oder Ausländer – kostenlos, was dankend angenommen wird. Davon berichtet auch die Direktorin der Bibliothek Palataki im Athener Stadtviertel Xaidari, Despina Melou.

"In der Zeit der Wirtschaftskrise ist die Zahl der Mitglieder drastisch angestiegen, weil es sich die Leute einfach nicht mehr leisten können, Bücher zu kaufen. Das konnten wir besonders in den letzten zwei Jahren beobachten. Und so kommen immer mehr Leute in die Bibliotheken und leihen sich umsonst jeweils für 15 Tage so viele Bücher aus, wie sie möchten."

Despina Melou ist überzeugt: Bibliotheken in Griechenland sind nicht mehr bloße Ausleihstellen. Sie haben sich mittlerweile zu regelrechten Anlaufpunkten für die Menschen entwickelt.

"Die Menschen kommen aus den verschiedensten Gründen in die Bibliothek, wie zum Beispiel junge Arbeitslose, die es zu Hause vor dem Fernseher oder Radio nicht mehr aushalten. Oder die sogenannten 'Neuarmen', die von einem Moment auf den anderen ihre Absicherung verloren haben, weil sie in die Arbeitslosigkeit entlassen wurden. Sie alle nehmen gern den offenen Raum und die Möglichkeiten der Bibliotheken wahr. Wir organisieren auch Griechischunterricht für Einwanderer, damit sie überhaupt erst einmal die Möglichkeit haben, einen Job zu suchen. In vielen Haushalten muss wieder am Heizöl gespart werden. Die Bibliothek wird beheizt. Hier kann man sich aufwärmen. Die Beziehung zwischen den Menschen und den Bibliotheken wird immer enger."

Doch der starke Zulauf bringt den Bibliotheken trotz der Bestätigung ihrer gesellschaftlichen Wichtigkeit keine – notwendige – finanzielle Spritze. Im Gegenteil. Infolge der Sparauflagen wurde auch bei den staatlichen Bibliotheken Griechenlands stark gekürzt. Das Gehalt der Direktorin sank von 1600 auf 1000 Euro pro Monat, Kollegen wurden entlassen, Verträge nicht verlängert.

"Die Lage ist tragisch. Wir bekommen nicht einmal mehr Geld für Schreibwaren oder Kopierpapier und Druckertinte. Auch haben wir seit mehr als drei Jahren aufgrund der finanziellen Lage keine Bücher mehr gekauft."

Despina Melou bleibt dennoch optimistisch. Sie erhält Buchspenden von den Lesern der Bibliothek und setzt sich - trotz Lohnkürzungen bei mehr Arbeit - für ihre Besucher ein. Auch die Verkaufsbranche des griechischen Buchmarktes verzichtet auf Profit, um gemeinsam der Krise entgegenzutreten. Wie zum Beispiel der Besitzer der mittelständischen Buchhandlung mit dem Familiennamen Tzanakakis unweit des Omoniaplatz im Athener Stadtzentrum.

"Ich hätte eigentlich schon längst einige meiner Mitarbeiter entlassen müssen. Aber ich kenne diese Menschen schon seit Jahren. Das sind Menschen mit Familien, Menschen mit Kindern. Ich selbst habe auch Kinder und möchte nicht, dass sie hungern müssen. Ich habe also allen gesagt, wenn es sein muss, werden wir alle gemeinsam unsere Ausgaben kürzen. Wir werden gemeinsam versuchen, das hier zu überstehen."