Grill-Fische am See Genezareth
Rezepte wie die "Petrus-Makrele in Pistazienkruste", berühmte Gemäldeausschnitte wie "Die Hochzeit zu Kana" und so illustre Titel wie "Ein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht" - versammelt sind sie in dem Buch "Kochen mit der Bibel". Ein Verlagslektor und ein Pfarrer aus New York haben im selbstironisch humorvollen Plauderton diesen Prachband über die Kunst der Gastfreundschaft verfasst.
Wenn man die Kochshows im Fernsehen gründlich satt hat, wenn man leidvoll erfuhr, dass es sooo "schnell und einfach" wie bei Jamie Oliver ja doch nicht geht, wenn man viele riesige Hochglanz-Bildbände exotischer Gerichte zwar im Schrank, aber nie neben dem Herd hat - dann ist dieses Buch eine Erlösung. Ein im Wortsinn "geschmackvolles" Geschenk sogar für jene, die nie kochen.
Denn das Buch selbst ist schon ein Genuss: Ein Verlagslektor und ein Pfarrer aus New York haben im selbstironisch humorvollen Plauderton einen Prachtband über die Kunst der Gastfreundschaft verfasst. Ihr Motto stammt aus dem Hebräerbrief Kapitel 13 Vers 2: "Vergesst nicht, gastfrei zu sein. Denn dadurch haben einige schon ohne ihr Wissen Engel beherbergt!"
Hinter dem Gemäldeausschnitt "Die Hochzeit zu Kana" von Paolo Veronese aus dem Jahr 1563 kommen - nein, keine durchgestylten Lebensmittelfotos - weitere 18 berühmte Bilder biblischer Szenen. Russische Ikonen, toskanische Deckenfresken, byzantinische Bodenmosaike, Wandbilder aus Pompeji, mittelalterliche Altarflügel, Werke von Rembrandt, Bondone, Masyss und Chagall. Eine Augenweide vor dem Gaumenkitzel. Dazu zahllose kunstvolle Vignetten und Landkarten des antiken Orients.
Sie eröffnen Kapitel mit so illustren Überschriften wie "Ein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht", "Josef speist mit seinen Brüdern", "König Davids Hochzeit", "Ein Passah-Mahl", "Der verlorene Sohn kehrt heim" oder "Ein galiläisches Frühstück". Dahinter verbergen sich 18 vegetarische Rezepte, 15 Salatkreationen, 16 Vorspeisen, 13 Suppen und allein elf Arten, Lammfleisch zuzubereiten. Von den Desserts - "Süßes Blendwerk", "Zimtkuchen" oder "Safrankekse für Verliebte" - ganz zu schweigen. Leser und Leserinnen, die bei "Datteln mit Riccotakäse", "Mandelsuppe", "Petrus-Makrele in Pistazienkruste", "Rebekkas Minz-Rippchen" und "Lammsteaks in Aprikose" schon bedenkenvoll ahnen, dass es bei Lidl oder Aldi kein Manna, keine Wachteln, keine Kamelmilch und auch kein Zataarkraut aus Corrido-Thymian geben wird, beruhigen die Autoren mit einer Liste ähnlich schmeckender und bei uns erhältlicher "Ersatz-Stoffe".
Natürlich: Bohnen, Lauch und Linsen, Oliven, Auberginen und Granatäpfel, Sesamcreme, Ziegenkäse, Nüsse und Yoghurt könnten auch in jedwedem "Kochbuch des Nahen Ostens" empfohlen werden und brauchen keine biblischen Quellenangaben. Aber gerade die machen den entscheidenden Mehrwert dieses Kochbuches aus, genauer: machen es zu einem amüsant religionspädagogischen Sachbuch über die jüdisch-christliche Kultur der Bewirtung.
Jedem der 18 Kapitel vorangestellt wird ein Bibeltext in der Lutherübersetzung: Der Besuch der drei Engel bei Abraham im Hain Mamre, die erste Begegnung von Ruth und Boas , das heikle Beschwichtigungs-Dinner der Abigail für Heerführer David, das Fische-Grillen des auferstandenen Jesus am See Genezareth zum Beispiel.
Es folgt eine oft mehrseitige "Erläuterung zum Text", die alle Theologen, Religionslehrer und Kirchgänger begeistern dürfte, weil sich hier exegetisch-historische Genauigkeit mit lebensklug-feinsinnigen Beobachtungen, Aphorismen und Sottisen verbindet. Jüdischer Humor trifft christliche Alltagspoesie, könnte man sagen. Und schließlich folgt immer eine "Einstimmung", in der es von archäologischen und kulturhistorischen Erkenntnissen nur so wimmelt, die man aber bereitwillig liest, weil sie
launiges Konversationswissen vermitteln ("Wussten Sie, dass die alten Ägypter
verschiedene Biersorten brauten?") und weil sie die Sorge zerstreuen, man müsse "Heuschrecken und wilden Honig" essen, wie es Johannes der Täufer tat.
Dass die Autoren Chiffolo und Hesse dabei auch mal historisch ungenau werden, sei ihnen verziehen: "Zitronensorbet auf Eis" dürfte einem Nomadenvolk in der Wüste Sinai nur selten gelungen sein. Zwei andere Nachteile dieses Buches sind wiederum der historischen "Werktreue" ihrer Rezept-Interpretationen geschuldet: Die meisten Gerichte brauchen enorm viel Zeit ("abdecken und über Nacht ziehen lassen", "zwei Stunden köcheln lassen"). Und fast all enden mit dem lapidaren Satz "ergibt acht bis zehn Portionen." Fürs Kochen hatte man offenbar Mägde, die nichts anderes taten. Und zum Essen fand sich mindestens eine Großfamilie plus Gäste ein.
Animiert dieses Buch fromme Bibelleser zu neuem Kochen oder motiviert es verwöhnte Hobbyköche zu neugierigem Bibellesen ? Ich glaube, "Kochen mit der Bibel" leistet beides. Vor allem aber macht es Geschmack auf eine alte Tugend, die im Zeitalter des permanenten "Essengehens" und der Catering Services zu verschwinden droht: Gastfreundschaft, handgemacht.
Rezensiert von Andreas Malessa
Anthony F. Chiffolo und Rayner W. Hesse Jr. : Kochen mit der Bibel. Rezepte und Geschichten
Aus dem Amerikanischen von Reinhild Böhnke,
C. H. Beck Verlag, München 2008,
300 Seiten, 19,90 Euro
Denn das Buch selbst ist schon ein Genuss: Ein Verlagslektor und ein Pfarrer aus New York haben im selbstironisch humorvollen Plauderton einen Prachtband über die Kunst der Gastfreundschaft verfasst. Ihr Motto stammt aus dem Hebräerbrief Kapitel 13 Vers 2: "Vergesst nicht, gastfrei zu sein. Denn dadurch haben einige schon ohne ihr Wissen Engel beherbergt!"
Hinter dem Gemäldeausschnitt "Die Hochzeit zu Kana" von Paolo Veronese aus dem Jahr 1563 kommen - nein, keine durchgestylten Lebensmittelfotos - weitere 18 berühmte Bilder biblischer Szenen. Russische Ikonen, toskanische Deckenfresken, byzantinische Bodenmosaike, Wandbilder aus Pompeji, mittelalterliche Altarflügel, Werke von Rembrandt, Bondone, Masyss und Chagall. Eine Augenweide vor dem Gaumenkitzel. Dazu zahllose kunstvolle Vignetten und Landkarten des antiken Orients.
Sie eröffnen Kapitel mit so illustren Überschriften wie "Ein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht", "Josef speist mit seinen Brüdern", "König Davids Hochzeit", "Ein Passah-Mahl", "Der verlorene Sohn kehrt heim" oder "Ein galiläisches Frühstück". Dahinter verbergen sich 18 vegetarische Rezepte, 15 Salatkreationen, 16 Vorspeisen, 13 Suppen und allein elf Arten, Lammfleisch zuzubereiten. Von den Desserts - "Süßes Blendwerk", "Zimtkuchen" oder "Safrankekse für Verliebte" - ganz zu schweigen. Leser und Leserinnen, die bei "Datteln mit Riccotakäse", "Mandelsuppe", "Petrus-Makrele in Pistazienkruste", "Rebekkas Minz-Rippchen" und "Lammsteaks in Aprikose" schon bedenkenvoll ahnen, dass es bei Lidl oder Aldi kein Manna, keine Wachteln, keine Kamelmilch und auch kein Zataarkraut aus Corrido-Thymian geben wird, beruhigen die Autoren mit einer Liste ähnlich schmeckender und bei uns erhältlicher "Ersatz-Stoffe".
Natürlich: Bohnen, Lauch und Linsen, Oliven, Auberginen und Granatäpfel, Sesamcreme, Ziegenkäse, Nüsse und Yoghurt könnten auch in jedwedem "Kochbuch des Nahen Ostens" empfohlen werden und brauchen keine biblischen Quellenangaben. Aber gerade die machen den entscheidenden Mehrwert dieses Kochbuches aus, genauer: machen es zu einem amüsant religionspädagogischen Sachbuch über die jüdisch-christliche Kultur der Bewirtung.
Jedem der 18 Kapitel vorangestellt wird ein Bibeltext in der Lutherübersetzung: Der Besuch der drei Engel bei Abraham im Hain Mamre, die erste Begegnung von Ruth und Boas , das heikle Beschwichtigungs-Dinner der Abigail für Heerführer David, das Fische-Grillen des auferstandenen Jesus am See Genezareth zum Beispiel.
Es folgt eine oft mehrseitige "Erläuterung zum Text", die alle Theologen, Religionslehrer und Kirchgänger begeistern dürfte, weil sich hier exegetisch-historische Genauigkeit mit lebensklug-feinsinnigen Beobachtungen, Aphorismen und Sottisen verbindet. Jüdischer Humor trifft christliche Alltagspoesie, könnte man sagen. Und schließlich folgt immer eine "Einstimmung", in der es von archäologischen und kulturhistorischen Erkenntnissen nur so wimmelt, die man aber bereitwillig liest, weil sie
launiges Konversationswissen vermitteln ("Wussten Sie, dass die alten Ägypter
verschiedene Biersorten brauten?") und weil sie die Sorge zerstreuen, man müsse "Heuschrecken und wilden Honig" essen, wie es Johannes der Täufer tat.
Dass die Autoren Chiffolo und Hesse dabei auch mal historisch ungenau werden, sei ihnen verziehen: "Zitronensorbet auf Eis" dürfte einem Nomadenvolk in der Wüste Sinai nur selten gelungen sein. Zwei andere Nachteile dieses Buches sind wiederum der historischen "Werktreue" ihrer Rezept-Interpretationen geschuldet: Die meisten Gerichte brauchen enorm viel Zeit ("abdecken und über Nacht ziehen lassen", "zwei Stunden köcheln lassen"). Und fast all enden mit dem lapidaren Satz "ergibt acht bis zehn Portionen." Fürs Kochen hatte man offenbar Mägde, die nichts anderes taten. Und zum Essen fand sich mindestens eine Großfamilie plus Gäste ein.
Animiert dieses Buch fromme Bibelleser zu neuem Kochen oder motiviert es verwöhnte Hobbyköche zu neugierigem Bibellesen ? Ich glaube, "Kochen mit der Bibel" leistet beides. Vor allem aber macht es Geschmack auf eine alte Tugend, die im Zeitalter des permanenten "Essengehens" und der Catering Services zu verschwinden droht: Gastfreundschaft, handgemacht.
Rezensiert von Andreas Malessa
Anthony F. Chiffolo und Rayner W. Hesse Jr. : Kochen mit der Bibel. Rezepte und Geschichten
Aus dem Amerikanischen von Reinhild Böhnke,
C. H. Beck Verlag, München 2008,
300 Seiten, 19,90 Euro