"Die Erkrankung kommt sehr plötzlich"
Es niest und hustet wieder heftig: Laut Robert-Koch-Institut hat die Grippewelle in diesem Jahr früher als normal begonnen. Wer den Infekt hat, der muss einfach durch. Kann aber dafür sorgen, dass sich möglichst wenige Mitmenschen anstecken. Wie, sagt Grippe-Expertin Silke Buda.
Korbinian Frenzel: Ich gebe zu, bei manchen Themen müssen wir ein bisschen erklären manchmal, was das mit Ihrem Leben zu tun haben könnte, aber bei diesem, glaube ich, reicht es, wenn ich kurz niese oder huste oder ein kleines, fieses Wort sage: Grippe. Die Grippe geht um, alle Jahre wieder, aber auch immer ein bisschen anders. Silke Buda, unser Gesprächsgast jetzt hier in Deutschlandradio Kultur, weiß das besser als wir, die wir nur ganz banal krank werden, die Grippe ist ihr Job sozusagen – Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Influenza beim Robert-Koch-Institut, guten Morgen!
Silke Buda: Guten Morgen!
Frenzel: Gefühlt ist gerade das halbe Land mal wieder krank. Wie heftig ist denn diese Grippewelle 2017?
Buda: Also, sie ist tatsächlich relativ heftig, sie hat relativ früh angefangen dieses Jahr beziehungsweise schon letztes Jahr und die Zahlen steigen weiter. Also, es ist schon ordentlich was los im Moment.
Frenzel: Wissen Sie, warum die Grippe früher angefangen hat? Also ja schon im Dezember?
Buda: Lässt sich schwer sagen. Es ist allerdings so, dass das kein Phänomen ist nur in Deutschland, sondern sie ist in ganz Europa eigentlich früher gestartet. Und Deutschland ist ja keine Insel, insofern sind da natürlich auch Menschen hier in Deutschland dann gewesen, die früher erkrankt sind.
Frenzel: Wie unterscheiden sich denn die Grippen? Ich meine, im Volksmund gibt es dieses eine Wort, aber dann gibt es ja eben auch diese schönen Buchstaben-Zahlen-Kombinationen, die Rede ist jetzt viel von H3N2. Ist das ein unangenehmeres Virus als andere?
Grippe ist nicht gleich Grippe
Buda: Also, die Grippe wird ja von den Influenza-Viren ausgelöst und die saisonale Grippe, da gibt es eben drei verschiedene Viren, die diese Erkrankung auslösen können. Und eins dieser drei ist eben dieses Influenza A H3N2. Und das ist schon dafür bekannt auch in der Vergangenheit, dass es diese ganz typische Grippesymptomatik verursachen kann. Das heißt also, die Erkrankung kommt sehr plötzlich, sie geht häufig mit hohem Fieber einher, man fühlt sich richtig krank. Und es gibt eben auch häufig richtigen Husten.
Frenzel: Um noch mal zu dem Verlauf zu kommen: Also, wir haben festgestellt, die hat früh begonnen in diesem Jahr, aber dann gab es ja so ein Abebben um die Weihnachtszeit herum. Wie kommt denn das eigentlich, eigentlich sind doch da viele Menschen zusammen? Familien, die zusammenkommen …
Buda: Das ist richtig, und um die Weihnachtszeit war es eigentlich auch noch kein Abebben. Aber es ist tatsächlich so, dass Kinder die Grippe relativ stark verbreiten, und in den Schulferien und Kita-Ferien sind die eben nicht zusammen in Schulklassen so auf engem Raum. Das heißt also, in den Schulferien, in der 52. Kalenderwoche und in der ersten Kalenderwoche, haben sich die Kinder weniger angesteckt, weil sie eben zu Hause waren. Und das geht jetzt wieder zurück, das heißt, die Kinder sind ja wieder in der Schule und jetzt gibt es noch mal wieder eine neue Dynamik.
Erkrankte sollten sich verantwortungsvoll verhalten
Frenzel: Das heißt, wenn wir jetzt auf die Frage kommen, was wir am besten tun können, die, die wir noch gesund sind, um nicht krank zu werden: Kinder und Schulen meiden?
Buda: Nein, das ist sicher unpraktikabel. Aber auch Kindern genauso wie Erwachsenen kann man natürlich raten, sich auf jeden Fall so zu verhalten, dass das Infektionsrisiko minimiert wird, das heißt also, nicht seinen Nachbarn anhusten oder anniesen, wenn man schon krank ist, sondern in den Ärmel, sich häufig die Hände waschen, oder niesen kann man natürlich auch in ein Einwegtaschentuch, das dann aber bitte wegschmeißen in den Müll und Hände waschen, und eben auch Abstand halten bei Personen, die schon erkrankt sind. Das ist natürlich für Kinder noch ein bisschen schwieriger umzusetzen, aber das sollte man auf jeden Fall jetzt beachten in der Grippewelle.
Frenzel: Viele Menschen arbeiten in Büros, auch in Großraumbüros, da werden jetzt – hier bei Deutschlandradio Kultur ist das auch so – so Dosen verteilt mit Tüchern, dass man regelmäßig seinen Arbeitsplatz abwischen kann. Hilft das eigentlich oder ist das eher Augenwischerei?
Buda: Das kann ich schlecht beurteilen. Aber es ist sicher so, man muss sich ja überlegen, wo das Virus herkommt: Das ist eine Erkrankung, die von Mensch zu Mensch übertragen wird, das heißt also, sicher sollte man auch nicht auf Geräte niesen oder husten, aber vor allen Dingen sollte man eben selbst Hände waschen, und wenn sich mehrere Personen Geräte teilen, dann ist natürlich auch wichtig, wenn da eine erkrankte Person dabei ist, dass man da zwischendurch mal vielleicht sauber macht. Aber ansonsten ist es tatsächlich eher so, dass man … Diejenigen, die schon krank sind, sollten versuchen, ihre Kolleginnen und Kollegen möglichst nicht anzustecken.
Das tückische Risiko einer Lungenentzündung
Frenzel: Frau Buda, Sie beschäftigen sich immer wieder mit diesem immer ja wiederkehrenden Fall der Grippe. Wird einem das nicht irgendwann langweilig?
Buda: Nein, das ist tatsächlich so, dass eigentlich in jeder Saison neue Aspekte zu beachten sind oder, ja, auf uns zukommen. Und wir können eben auch nie voraussehen, wie eigentlich das Geschehen weitergeht. Also, es gibt natürlich bestimmte Grundmuster, unter anderem eben die Symptomatik, die eben bei diesem Virus H3N2 doch sehr typisch ist, und dass eben bei diesem Virus auch ältere Menschen ein besonders großes Risiko haben, schwerer zu erkranken.
Und was da dann wieder eigentlich sehr gemein ist, dass gerade ältere Menschen häufig nicht so typisch an Grippe erkranken, also möglicherweise gar kein Fieber bekommen und trotzdem eben ein Risiko haben, eine Lungenentzündung zu bekommen. Deshalb also auch bei diesen Personen lieber früher den Arzt konsultieren, dass der eben nachschauen kann, dass sich da keine Komplikation entwickelt.
Frenzel: Und bei denen, bei denen sie nicht so schwer ist, da gilt die alte Aussage: Mit Arzt sieben Tage, ohne Arzt eine Woche?
Buda: Also, man sollte sich eben tatsächlich schonen dann und entsprechend zu Hause bleiben und weniger Personen anstecken. Sonst ist es sicher eine Erkrankung bei denjenigen, die ein gutes Immunsystem haben, eine gute Konstitution, die dann eben selbstlimitierend ist und dann eben auch wieder vorübergeht.
Frenzel: Silke Buda sagt das, die Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Influenza beim Robert-Koch-Institut. Ich danke Ihnen für das Gespräch! Und gute Gesundheit!
Buda: Danke, gleichfalls!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.