Einer der besten Plattenläden im Herzen Hamburgs
Nicht nur Vinyl liegt wieder voll im Trend, auch die Plattenläden selbst. Hamburg zum Beispiel hat eine außergewöhnlich hohe Dichte an Plattenläden und einer ist darunter, der laut CNN zu den zehn besten seiner Zunft weltweit gehört: Groove City.
Marga Glanz: "Als ich mich hier um einen Laden beworben habe, wurde mir tatsächlich alles angeboten, dass ich nur ja komme. Ich habe gute Bedingungen. Die wollten nicht einfach noch eine Boutique."
Das war vor zehn Jahren, als Marga Glanz den seit 1992 bestehenden Plattenladen übernahm und mit ihm ins Hamburger Karoviertel zog. Nur, warum damals die Stadtentwicklungsgesellschaft dort noch einen weiteren Plattenladen wollte, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen, denn inzwischen gibt es gleich mehrere Läden, die man in weniger als fünf Minuten zu Fuß erreichen kann. Aber Konkurrenz belebt auch das Geschäft.
"Jeder ist spezialisiert. Auch wenn er, wie Zados, darauf spezialisiert ist, nicht spezialisiert zu sein. Deshalb funktioniert es. Und es funktioniert auch, weil die Plattenladendichte so groß ist. Die Leute kommen im Sommer hierher um Platten zu kaufen. Da kommen sie rein und haben schon fünf Tüten in der Hand, die laufen von einem zum anderen."
Und warum nun kommt man zu Groove City, was findet man dort, was es in den anderen Läden nicht gibt?
"Ich wollte keinen Indie-Rock, keinen Pop… Das sind Sachen, die mich musikalisch nur am Rande interessieren. Das Programm hat sich noch einmal verändert innerhalb dieser zehn Jahre. Aber grundsätzlich haben wir eine große HipHop-Abteilung und wenn man dann gucken will, woher die Samples kommen, dann brauchst Du dich nur umzudrehen und bist beim Jazz, Funk und Soul und inzwischen auch bei den türkischen, persischen und afrikanischen Platten."
Mit den Kunden alt werden
Marga Glanz: "Als ich vor zehn Jahren Groove City übernommen hatte, dachte ich, ich würde mit meinen Kunden alt werden, in die Rente gehen und das war es dann. Aber ich habe inzwischen ganz viele junge Kunden ganz viele 16-, 17- oder 20-jährige! Man dachte, die wären mit MP3s aufgewachsen, aber die kommen hierher, weil sie etwas auf Spotify gehört haben und das dann lieber auf vinyl haben wollen. Viele andere Platten nicht, aber die Eine muss es auf Vinyl sein! MP3 kann jeder, aber mit 20 Euro in den Plattenladen gehen, fünf platten anhören und dann entscheiden, weil ich nur Geld für eine habe – das ist etwas Anderes. Und viele Leute entdecken das wieder. Wenn mamn was kauft und dann steht drunter: Leute,die das gekauft haben, kauften auch…, dann kaufen alle das Gleiche. Aber hier hört man die Leute am Tresen über etwas reden, man hört eine interessante Musik laufen oder man stösst beim Blättern auf eine Platte, die man nicht gesucht hat. Viele Leute mögen das wieder."
Und deswegen gibt es bei Groove City auch nur eine ganz spärliche Webseite mit den nötigsten Informationen. Kein Webshop, keine Internetangebote. Alles ist hier analog auch wenn es schon die eine oder andere CD ins Ladensortiment geschafft hat. Aber man muss sich selbst auf den Weg machen, um genau die Platten zu finden, die man vielleicht nicht gesucht hat. Doch auch ganz andere Kunden hat Marga Glanz in ihrem Laden, Kunden, die eigentlich nicht die Musik selbst suchen.
"Ich habe einen Kunden, der vertreibt audiophile Plattenspieler. Da kostet Einer 20.000 Euro und die Nadel 5.000 Euro. Und der will von mir dann Sachen, die besonders dynamisch aufgenommen wurden. Manchmal habe ich Glück und erinnere mich, daß da eine besonders toll aufgenommen wurde. Aber meistens ist das so eine Frage, die ich nicht so richtig beantworten kann."
Ein Plattenladen wie früher
"Dieser Plattenladen ist in seiner Art wie früher. Du kommst rein, findest was du suchst, aber du findest auch Sachen, die du nicht gesucht hast. Ich glaube, das macht den Unterschied aus. Und meine Kunden kommen auch und sagen: Marga, hast du eigentlich schon von dieser und jener Platte gehört? Die würde gut in deinen Laden passen. Und dann höre ich mir die an und denke: Ja, genau! Und dann versucht man sie zu besorgen…"
Aber auch wenn das klingt wie im Nachbarschaftsbegegnunszentrum mit Kaffee und Kuchen, bleiben doch zwei eiserne Grundsätze gewahrt. Der erste: es gibt weder Kaffee noch Kuchen und der zweite…
Marga Glanz: "Jede Platte, die hier steht, steht, weil ich das will. Mit Platten kann man nicht viel Geld verdienen. Und ich muss hier nichts verkaufen, was ich nicht gut finde."
Wer aber nach allen Neuveröffentlichungen fast vergessener oder schon einmal gehabter Platten sucht, der kann bei Groove City doch auch an seine Grenzen stoßen. Nicht alles, was die Plattenfirmen heute nachpressen, findet Gnade vor dem strengen Auswahlverfahren der Chefin.
Marga Glanz: "Wenn ich daran denke, was im augenblick alles auf Platte wiederveröffentlicht wird, das macht mich manchmal richtig wütend. Das Interesse der Plattenindustrie, Leuten die Platten zu verkaufen, die sie eh schon haben… Die sollen doch ihr Geld für was Neues ausgeben! Ich will nicht so was Totes haben, nur weil es noch einmal in HQ-blah blah-Qualität erscheint. Das finde ich relativ uninteressant."
Aber manchmal gibt es dann doch die stillen Augenblicke, die auch für Marga Glanz ganz besonders sind und die sie auch mit den treuesten Kunden nicht teilen möchte…
Marga Glanz: "Ich arbeite mit einer kleinen Firma in den USA zusammen. Die haben eine suchliste von uns, gehen auf Börsen, kaufen an und schicken mir einmal im Monat Platten. Das ist für mich jedes mal wie Weihnachten! Da warte ich, bis ich im Laden allein bin, damit keiner kommt und fragt: was hast du denn da?! Das mache ich ganz in Ruhe für mich allein und denke: Schöööön!"