Großbritannien

Was bedeutet der Brexit für den britischen Buchmarkt?

Die Flagge Großbritanniens über der Londoner Oxford Street nach dem Brexit-Referendum
Die Flagge Großbritanniens über der Londoner Oxford Street nach dem Brexit-Referendum © dpa / picture alliance / Andy Rain
Von Marten Hahn |
Britische Verleger und Buchhändler sprechen sich mit deutlicher Mehrheit gegen den Brexit aus. Marten Hahn versucht in Erfahrung zu bringen, woran das liegt.
Rose Baring und ihr Mann Barnaby Rogerson führen Eland Publishing, einen kleinen Verlag für Reiseliteratur in London. Sie stimmte gegen Brexit. Er - dafür.
Rogerson: "My wife and I argued one month after the referendum, and two months before. I have a completely different opinion.”
Baring und Rogerson stritten monatelang. Das Ehepaar ist im Kleinen so gespalten wie das ganze Land. Aber wer ein Geschäft zusammen führt, muss weiter miteinander reden:
Baring: "It feels a bit like we’re a microcosm of what’s going on out there. And if you’re living with someone and run a business with them you have to find a way to talk.”
Barnaby Rogerson glaubt nicht, dass der Brexit Auswirkungen auf die britische Buchindustrie haben wird. Die wichtigsten Märkte seien schon immer Länder außerhalb Europas gewesen, englischsprachige Länder wie Australien, Neuseeland und Kanada.
Rogerson: "Our main markets have always been Australia and New Zealand, Canada and America, for the English books we print. And I cant believe for a moment that interesting books of any notion are not going to be translated into European languages because of Brexit.”

Der Verlag druckt in Spanien

Britische Bücher würden auch weiterhin für den europäischen Markt übersetzt, meint Rogerson: Alles kein Problem. Seine Frau widerspricht.
Ton Baring: "It is, if you print your book abroad. And it affects the currency exchange rates… .”
Rose Baring rechnet durchaus mit negativen wirtschaftlichen Folgen. Eland Publishing druckt vor allem in Spanien. Der Absturz des Pfunds dürfte die Kosten steigen lassen.
Baring: "We print most of our books in Spain. It hasn’t had an effect on prices yet. I’m very interested, that you are so sure, it’s not going to effect the industry at all. I think that’s one of the problems: People being too sure about things.”
Ein ähnlicher Pessimismus herrscht im Dachgeschoss der Waterstones-Filiale am Picadilly Circus. Hier sitzt James Daunt. Der Chef der größten Buchhandelskette Großbritanniens hat gegen den Brexit gestimmt. Und er glaubt auch nicht, dass er damit in der Branche allein ist:
Daunt: "I don’t believe logically and sensibly, that there’s a huge overwhelming desire for Brexit. As to where it goes: Who the hell knows.”
Eine unsichere politische Zukunft verunsichert die Wirtschaft, glaubt Daunt. Und weniger Investitionen bedeuten langfristig weniger Jobs, weniger Geld und weniger Buchverkäufe.
Ton Daunt: "A crucial part of our business is centred on London and the South-East. What happens if that unravels in any way? What happens if financial services companies begin to relocate to continental Europe? There’s less money, there’s less jobs.”
Ein Abzug der Finanzindustrie aus London würde darum auch auf Waterstones enorme Auswirkungen haben, so Daunt.

Währungsschwankungen spielen eine Rolle

Auch David Campbell stimmte für einen Verbleib in der EU. Er glaubt aber, für ihn als Verleger würde ein Brexit nichts ändern. Campbell leitet die Everyman’s Library und verlegt dort Klassiker der Weltliteratur.
Campbell: "I think in terms of publishing it may make little difference. I feel like completely European publisher. I was a French publisher for 12 years in my career. I’ve printed all my books in Germany.”
27 Millionen Bücher hat Campbell für seine Everyman’s Library schon gedruckt. Alle davon in Deutschland, bei Bertelsmann. Dürften da Währungsschwankungen nicht auch eine Rolle spielen? Ja, sagt der Verleger. Aber das sei in Zeiten der D-Mark genauso gewesen.
Campbell: "Well! In the days when we had the Deutsch-Mark, currency fluctuations were always a problem. I leave second guessing currency fluctuations to somebody else. I’m good at making books. I’m not good at speculating, where the currency is going to be in in three or six months time. But it will be a problem, yes.”
Aber eine schwächelnde Wirtschaft kann auch gut fürs Geschäft sein, sagt Campbell.
Campbell: "When I was a young publisher the older ones used to say: Economic downturns are quite good. People don’t buy a new car, you don’t buy a new television. But you’re going to do something with your leisure time and you’ll probably buy a book. And the book is fine. The book is in good shape.”
Wer wenig Geld hat, kauft sich kein neues Auto und keinen neuen Fernseher. Aber vielleicht kauft er sich ein Buch, um sich die Zeit zu vertreiben, sagt Campbell. Sein Fazit: Dem Produkt "Buch" geht es gut. Brexit hin oder her.
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