Grosse-Brömer: Wir brauchen keine starren, sondern passgenaue Lösungen
Der Antrag zur Frauenquote sei inhaltlich "nicht besonders progressiv", daher gehe er nicht von einer Zustimmung seiner Fraktion im Bundestag aus, sagt Michael Grosse-Brömer. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag räumte aber ein, dass es innerhalb der Fraktion unterschiedliche Auffassungen zu einer Frauenquote gebe.
Jan-Christoph Kitzler: Die Große Koalition steht - das ist nicht etwa schon die Schlagzeile für den Herbst 2013 nach der nächsten Bundestagswahl, das ist die Schlagzeile für die Entscheidung gestern im Bundesrat. Beschlossen wurde nämlich eine Frauenquote in deutschen Spitzenunternehmen von 20 Prozent ab 2018 und 40 Prozent ab 2023. Jetzt muss der Bundestag noch zustimmen, aber trotzdem ist die Entscheidung ungewöhnlich: Im Bundesrat haben sich nämlich gestern die SPD-geführten Länder durchgesetzt, auch weil zwei CDU-Ministerpräsidenten ebenfalls dafür gestimmt haben, nämlich Annegret Kramp-Karrenbauer aus dem Saarland und Reiner Haseloff aus Sachsen-Anhalt. Das Thema muss nun eben in den Bundestag, und das wird für die Regierungskoalition eine Herausforderung, zumal die FDP eine Frauenquote strikt ablehnt. Darüber habe ich mit Michael Grosse-Brömer gesprochen, dem Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, und meine erste Frage war, ob die Große Koalition im Bundesrat denn schon ein Modell für die Zukunft ist.
Michael Grosse-Brömer: Vielleicht sollte man zunächst darauf hinweisen, dass im Bundesrat keine Große Koalition steht mit der Frauenquote, sondern dass die Frauenquote im Bundesrat das Ergebnis zweier Großer Koalitionen in den Ländern ist, nämlich in Sachsen-Anhalt und im Saarland. Das waren ja die beiden CDU-Ministerpräsidenten, die dem Antrag aus Hamburg zugestimmt haben. Infolge dessen lässt sich erst mal feststellen, das ist nicht sozusagen ein Vorbote von einer Großen Koalition, sondern es ist das Ergebnis von Großen Koalitionen - das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Kitzler: Trotzdem, es könnte ja ein Modell sein, weil die Einigkeit der Union mit der SPD in der Frage größer ist als mit der FDP, wo man die Frauenquote vehement ablehnt. Generalsekretär Patrick Döring hat der "Passauer Neuen Presse" gesagt: "Die Haltung der Union in dieser Frage ist - wie so oft - nebulös." Können Sie dem ernsthaft widersprechen?
Grosse-Brömer: Natürlich kann ich dem widersprechen, obwohl ich das bei meinem Freund Patrick Döring natürlich nur ungern tue: Er hat offensichtlich, was den Nebel betrifft bei unseren Auffassungen, so ein wenig ausschweifende Gedanken, das scheint mir nicht so die richtige Beschreibung zu sein. Im Übrigen ist auch bei der Frauenquote bei uns so mancher Abgeordneter davon überzeugt, dass eine starre Quote nicht der richtige Weg ist. Wir haben unterschiedliche Auffassungen bei uns in der Fraktion, aber man könnte nicht sagen, dass da irgendetwas nebulös ist, sondern wir haben uns da schon eigentlich auch klar geäußert.
Kitzler: Die Union ist gespalten, das haben Sie beschrieben: Arbeitsministerin von der Leyen will die Quote, Familienministerin Schröder setzt da eher auf die Selbstverpflichtung der Wirtschaft - Flexiquote nennt sie das. Was heißt denn das für eine künftige Abstimmung über die Frauenquote im Bundestag?
Grosse-Brömer: Ich finde, das bedeutet zunächst einmal, dass eine breite Übereinstimmung dahin gehend besteht, dass Frauen in Führungspositionen auch gefördert werden sollten, und dass es auch Unternehmen im Zweifel guttut, wenn Frauen an der jeweiligen Spitze tätig sind. Was jetzt die konkrete Ausgestaltung betrifft, da ist bei uns eigentlich der Weg so weit absehbar, dass wir sagen, wir wollen keine starre Lösung, sondern wir wollen passgenaue Lösungen, also eine individuelle, sachgerechte Frauenförderung, aber unter Beachtung unternehmerischer Freiheit, und ich glaube, das ist auch der sinnvolle Weg, denn dann werden beide Aspekte beachtet - Frauenförderung, wo sie sinnvoll ist, aber auch die unternehmerische Freiheit, die wir brauchen in unserem Land, um erfolgreich wirtschaftlich tätig zu sein.
Kitzler: Das heißt, wenn ich es mal auf den Punkt bringen darf: Ihre Fraktion wird nicht stimmen für die Frauenquote, wie sie der Bundesrat jetzt beschlossen hat?
Grosse-Brömer: Das kann ich mir schwer vorstellen, zumal dieser Antrag ja auch inhaltlich nicht besonders progressiv ist. Er beschäftigt sich mit den Aufsichtsräten, die ohnehin die geringsten Probleme haben bei der Beteiligung oder bei der Besetzung mit Frauen. Da gibt es andere Ebenen, wo die prozentuale Berücksichtigung wesentlich geringer ist. Also insofern ist dieser Antrag aus meiner Sicht jetzt in der Sache nicht besonders progressiv, da müsste man, wenn man da eine passgenaue Lösung haben will, auch noch grundsätzlich andere Aspekte mit einbeziehen. Insofern kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser Antrag, so einfach er gestrickt ist, im Bundestag eine Mehrheit bekommt, zumal die FDP und die CSU davon, glaube ich, nicht so viel hält.
Kitzler: Aber wie kommt das denn in Ihrer Partei an, wenn zwei CDU-Ministerpräsidenten, Frau Kramp-Karrenbauer und Herr Haseloff, der Partei so in die Parade fahren?
Grosse-Brömer: Wir haben ja die glückliche föderale Struktur in Deutschland, und demzufolge auch selbstbewusste Länder, und in diesem Fall haben wir eine sehr erfolgreiche Ministerpräsidentin im Saarland, die schon immer für Frauenförderung in der in dem Antrag vorgesehenen Art war. Infolgedessen hat sie sich mit dem SPD-Koalitionspartner wohl auch schon im Koalitionsvertrag darauf verständigt, so abzustimmen, jedenfalls ist das mein Kenntnisstand, und infolge dessen würde ich das nicht überbewerten, das wird sicherlich nicht der Regelfall bei künftigen Abstimmungen sein.
Kitzler: Es wimmelt ja nur so an Themen, bei denen sich CDU, CSU und FDP nicht einig sind. Man denke nur an das Thema Altersarmut, an die Energiewende oder die Pflegeversicherung - gibt es denn aus Ihrer Sicht überhaupt noch wichtige Themen, bei denen Union und FDP gemeinsam bis zu diesem Ende der Legislaturperiode etwas erreichen wollen und können?
Grosse-Brömer: Keine Frage, es werden in der öffentlichen Darstellung und Wahrnehmung natürlich auch nur die Unterschiede herausgestellt. Wir haben doch eine totale Übereinstimmung mit unserem Koalitionspartner dahin gehend, dass wir erfolgreich eine Energiewende umsetzen wollen, die im Übrigen sonst noch keiner sich vorgenommen hat und noch keiner getraut hat, dieses Thema so anzugehen. Wir sind doch völlig einer Meinung mit der FDP, dass wir Altersarmut - im Übrigen mit Blick auf 2030, das wird ja häufig vergessen, darauf hat sich die Ministerin bezogen in ihrer Prognose -, dass wir Altersarmut vermeiden wollen. Wenn es da bei diesen doch sehr großen Themen marginale Unterschiede gibt, dann werden die natürlich in der Öffentlichkeit immer herausgestellt und auch besonders betont, die Übereinstimmungen, eine bürgerliche Gesellschaft zu schaffen ohne Altersarmut, mit einer funktionierenden Wirtschaft, das haben wir doch nicht nur gemeinsam mit der FDP und der CSU, sondern das haben wir ja sogar schon bei einer erfolgreichen Politik umgesetzt. Wenn Sie uns mal als Deutschland vergleichen mit den anderen Mitgliedsstaaten in der EU, dann, glaube ich, kann man sehen, dass diese Regierung doch sehr erfolgreich ist.
Kitzler: Die Frage ist dann nur, wie das in konkrete Politik umgemünzt wird.
Grosse-Brömer: Ja, ich bin da sehr zuversichtlich, dass diese schwierigen Fragen - nehmen wir nur die Problematik, wie kann die künftige Rentenpolitik noch ergänzt werden zu dem, was wir jetzt schon vorhalten - das sind natürlich auch keine einfachen Fragen. Deswegen ist es ja auch die Aufgabe einer Regierung, sich damit erst einmal auseinanderzusetzen, die Fachleute sich auch mit dem Thema beschäftigen zu lassen und dann zu einem Ergebnis zu kommen. Politik ist heute ja auch nicht einfacher geworden angesichts der Vielfalt der Herausforderungen, und Helmut Schmidt hat auch in diesem Fall recht: Die wichtigste Eigenschaft eines Politikers ist es doch, gerade bei besonders schwierigen Themen Kompromisse zu machen, denn eine Alleinregierung irgendeiner Partei wird es in Deutschland nicht geben. Und man darf Kompromissfähigkeit und die Suche nach Kompromissen auch nicht mit dauerhaftem Streit verwechseln.
Kitzler: Ihre Partei, die CDU, hat zwei Koalitionspartner, die vor den nächsten Wahlen in großer Profilierungsnot sind: Die CSU will in Bayern, muss in Bayern gewinnen, die FDP bangt um den Einzug in den Bundestag. Ist es dann nicht vielleicht ganz praktisch, wenn man auch anders Mehrheiten organisieren kann?
Grosse-Brömer: Ich würde das nicht aus praktischen Gesichtspunkten sehen. Völlig klar ist - und das hat die Kanzlerin ja auch auf ihrer großen Pressekonferenz betont - dass eine demokratische Partei auch mit anderen demokratischen Parteien zusammenarbeiten können muss. Man kann ja nicht so lange wählen, bis das irgendwie rauskommt, was sich jeder so vorstellt. Aber sie hat genau so deutlich gemacht, und das finde ich auch richtig, dass die größten Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten eben zwischen CDU/CSU und FDP bestehen. Und dass der bayrische Löwe zwischendurch auch brüllt, das ist eigentlich ein üblicher Ton in der deutschen Politik, und ich würde ihn auch fast vermissen, wenn es nicht so wäre.
Kitzler: Michael Grosse-Brömer war das, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch, einen schönen Tag!
Grosse-Brömer: Ihnen auch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Michael Grosse-Brömer: Vielleicht sollte man zunächst darauf hinweisen, dass im Bundesrat keine Große Koalition steht mit der Frauenquote, sondern dass die Frauenquote im Bundesrat das Ergebnis zweier Großer Koalitionen in den Ländern ist, nämlich in Sachsen-Anhalt und im Saarland. Das waren ja die beiden CDU-Ministerpräsidenten, die dem Antrag aus Hamburg zugestimmt haben. Infolge dessen lässt sich erst mal feststellen, das ist nicht sozusagen ein Vorbote von einer Großen Koalition, sondern es ist das Ergebnis von Großen Koalitionen - das ist ein kleiner, aber feiner Unterschied.
Kitzler: Trotzdem, es könnte ja ein Modell sein, weil die Einigkeit der Union mit der SPD in der Frage größer ist als mit der FDP, wo man die Frauenquote vehement ablehnt. Generalsekretär Patrick Döring hat der "Passauer Neuen Presse" gesagt: "Die Haltung der Union in dieser Frage ist - wie so oft - nebulös." Können Sie dem ernsthaft widersprechen?
Grosse-Brömer: Natürlich kann ich dem widersprechen, obwohl ich das bei meinem Freund Patrick Döring natürlich nur ungern tue: Er hat offensichtlich, was den Nebel betrifft bei unseren Auffassungen, so ein wenig ausschweifende Gedanken, das scheint mir nicht so die richtige Beschreibung zu sein. Im Übrigen ist auch bei der Frauenquote bei uns so mancher Abgeordneter davon überzeugt, dass eine starre Quote nicht der richtige Weg ist. Wir haben unterschiedliche Auffassungen bei uns in der Fraktion, aber man könnte nicht sagen, dass da irgendetwas nebulös ist, sondern wir haben uns da schon eigentlich auch klar geäußert.
Kitzler: Die Union ist gespalten, das haben Sie beschrieben: Arbeitsministerin von der Leyen will die Quote, Familienministerin Schröder setzt da eher auf die Selbstverpflichtung der Wirtschaft - Flexiquote nennt sie das. Was heißt denn das für eine künftige Abstimmung über die Frauenquote im Bundestag?
Grosse-Brömer: Ich finde, das bedeutet zunächst einmal, dass eine breite Übereinstimmung dahin gehend besteht, dass Frauen in Führungspositionen auch gefördert werden sollten, und dass es auch Unternehmen im Zweifel guttut, wenn Frauen an der jeweiligen Spitze tätig sind. Was jetzt die konkrete Ausgestaltung betrifft, da ist bei uns eigentlich der Weg so weit absehbar, dass wir sagen, wir wollen keine starre Lösung, sondern wir wollen passgenaue Lösungen, also eine individuelle, sachgerechte Frauenförderung, aber unter Beachtung unternehmerischer Freiheit, und ich glaube, das ist auch der sinnvolle Weg, denn dann werden beide Aspekte beachtet - Frauenförderung, wo sie sinnvoll ist, aber auch die unternehmerische Freiheit, die wir brauchen in unserem Land, um erfolgreich wirtschaftlich tätig zu sein.
Kitzler: Das heißt, wenn ich es mal auf den Punkt bringen darf: Ihre Fraktion wird nicht stimmen für die Frauenquote, wie sie der Bundesrat jetzt beschlossen hat?
Grosse-Brömer: Das kann ich mir schwer vorstellen, zumal dieser Antrag ja auch inhaltlich nicht besonders progressiv ist. Er beschäftigt sich mit den Aufsichtsräten, die ohnehin die geringsten Probleme haben bei der Beteiligung oder bei der Besetzung mit Frauen. Da gibt es andere Ebenen, wo die prozentuale Berücksichtigung wesentlich geringer ist. Also insofern ist dieser Antrag aus meiner Sicht jetzt in der Sache nicht besonders progressiv, da müsste man, wenn man da eine passgenaue Lösung haben will, auch noch grundsätzlich andere Aspekte mit einbeziehen. Insofern kann ich mir nicht vorstellen, dass dieser Antrag, so einfach er gestrickt ist, im Bundestag eine Mehrheit bekommt, zumal die FDP und die CSU davon, glaube ich, nicht so viel hält.
Kitzler: Aber wie kommt das denn in Ihrer Partei an, wenn zwei CDU-Ministerpräsidenten, Frau Kramp-Karrenbauer und Herr Haseloff, der Partei so in die Parade fahren?
Grosse-Brömer: Wir haben ja die glückliche föderale Struktur in Deutschland, und demzufolge auch selbstbewusste Länder, und in diesem Fall haben wir eine sehr erfolgreiche Ministerpräsidentin im Saarland, die schon immer für Frauenförderung in der in dem Antrag vorgesehenen Art war. Infolgedessen hat sie sich mit dem SPD-Koalitionspartner wohl auch schon im Koalitionsvertrag darauf verständigt, so abzustimmen, jedenfalls ist das mein Kenntnisstand, und infolge dessen würde ich das nicht überbewerten, das wird sicherlich nicht der Regelfall bei künftigen Abstimmungen sein.
Kitzler: Es wimmelt ja nur so an Themen, bei denen sich CDU, CSU und FDP nicht einig sind. Man denke nur an das Thema Altersarmut, an die Energiewende oder die Pflegeversicherung - gibt es denn aus Ihrer Sicht überhaupt noch wichtige Themen, bei denen Union und FDP gemeinsam bis zu diesem Ende der Legislaturperiode etwas erreichen wollen und können?
Grosse-Brömer: Keine Frage, es werden in der öffentlichen Darstellung und Wahrnehmung natürlich auch nur die Unterschiede herausgestellt. Wir haben doch eine totale Übereinstimmung mit unserem Koalitionspartner dahin gehend, dass wir erfolgreich eine Energiewende umsetzen wollen, die im Übrigen sonst noch keiner sich vorgenommen hat und noch keiner getraut hat, dieses Thema so anzugehen. Wir sind doch völlig einer Meinung mit der FDP, dass wir Altersarmut - im Übrigen mit Blick auf 2030, das wird ja häufig vergessen, darauf hat sich die Ministerin bezogen in ihrer Prognose -, dass wir Altersarmut vermeiden wollen. Wenn es da bei diesen doch sehr großen Themen marginale Unterschiede gibt, dann werden die natürlich in der Öffentlichkeit immer herausgestellt und auch besonders betont, die Übereinstimmungen, eine bürgerliche Gesellschaft zu schaffen ohne Altersarmut, mit einer funktionierenden Wirtschaft, das haben wir doch nicht nur gemeinsam mit der FDP und der CSU, sondern das haben wir ja sogar schon bei einer erfolgreichen Politik umgesetzt. Wenn Sie uns mal als Deutschland vergleichen mit den anderen Mitgliedsstaaten in der EU, dann, glaube ich, kann man sehen, dass diese Regierung doch sehr erfolgreich ist.
Kitzler: Die Frage ist dann nur, wie das in konkrete Politik umgemünzt wird.
Grosse-Brömer: Ja, ich bin da sehr zuversichtlich, dass diese schwierigen Fragen - nehmen wir nur die Problematik, wie kann die künftige Rentenpolitik noch ergänzt werden zu dem, was wir jetzt schon vorhalten - das sind natürlich auch keine einfachen Fragen. Deswegen ist es ja auch die Aufgabe einer Regierung, sich damit erst einmal auseinanderzusetzen, die Fachleute sich auch mit dem Thema beschäftigen zu lassen und dann zu einem Ergebnis zu kommen. Politik ist heute ja auch nicht einfacher geworden angesichts der Vielfalt der Herausforderungen, und Helmut Schmidt hat auch in diesem Fall recht: Die wichtigste Eigenschaft eines Politikers ist es doch, gerade bei besonders schwierigen Themen Kompromisse zu machen, denn eine Alleinregierung irgendeiner Partei wird es in Deutschland nicht geben. Und man darf Kompromissfähigkeit und die Suche nach Kompromissen auch nicht mit dauerhaftem Streit verwechseln.
Kitzler: Ihre Partei, die CDU, hat zwei Koalitionspartner, die vor den nächsten Wahlen in großer Profilierungsnot sind: Die CSU will in Bayern, muss in Bayern gewinnen, die FDP bangt um den Einzug in den Bundestag. Ist es dann nicht vielleicht ganz praktisch, wenn man auch anders Mehrheiten organisieren kann?
Grosse-Brömer: Ich würde das nicht aus praktischen Gesichtspunkten sehen. Völlig klar ist - und das hat die Kanzlerin ja auch auf ihrer großen Pressekonferenz betont - dass eine demokratische Partei auch mit anderen demokratischen Parteien zusammenarbeiten können muss. Man kann ja nicht so lange wählen, bis das irgendwie rauskommt, was sich jeder so vorstellt. Aber sie hat genau so deutlich gemacht, und das finde ich auch richtig, dass die größten Übereinstimmungen und Gemeinsamkeiten eben zwischen CDU/CSU und FDP bestehen. Und dass der bayrische Löwe zwischendurch auch brüllt, das ist eigentlich ein üblicher Ton in der deutschen Politik, und ich würde ihn auch fast vermissen, wenn es nicht so wäre.
Kitzler: Michael Grosse-Brömer war das, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Vielen Dank für das Gespräch, einen schönen Tag!
Grosse-Brömer: Ihnen auch!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.