Große Koalition als Untergang der SPD
Sie sind scharf auf Ministerposten und verraten ihr letztes sozialdemokratisches Erbe. So sieht der Journalist Thilo Schmidt die SPD-Unterhändler in den Koalitionsverhandlungen. Linke Größen früherer Tage wie Ferdinand Lassalle, August Bebel und vielleicht sogar Willy Brandt hätten aufs "Gestalten" - und damit auf Rot-Rot-Grün gesetzt, glaubt er.
Schon wieder. Angela Merkel könnte abgewählt sein, seit mehr als einem Monat. Aber nein. Lieber ergibt sich die SPD der Union, mal wieder.
So setzt sich fort, was unmittelbar mit der politischen Wende 1990 begonnen hatte: Damals ließ sich die Sozialdemokratie, einst eine stolze Sammlungsbewegung, von den Rote-Socken-Kampagneros der Politischen Rechten durchs Land treiben. Und sie lässt sich bis heute treiben - ausgerechnet von der Politischen Rechten, die wie nie zuvor zur Klientel- und Interessenlobbythek der wirtschaftlichen Klasse verkommen ist. Und das auf dem Rücken der Wehr-, Hilf- und Mittellosen.
Die gute, alte Sozialdemokratie kniet devot vor der Union nieder, versucht ihre eigene Basis mit dem Mindestlohn abzuspeisen. Und mit der Union schachert sie sich im Vorgriff auf die wohl kommende Koalition gut bezahlte Posten zu. Umarmt haben sollen sich die Unterhändler zu Beginn der Koalitions-Verhandlungen. Umarmt. Ja, nee, is' klar.
Warum hat ein Sigmar Gabriel oder eine Andrea Nahles Interesse daran, in einem Akt politischer Faulheit eine Große Koalition einzugehen und damit Deutschland einmal mehr nicht zu gestalten, sondern zu verwalten? Um im letzten Drittel ihrer persönlichen politischen Karriere doch noch mal Minister zu sein und damit die eigene Biografie zu versilbern?
Die Sozialdemokratie ist zu feige, zu faul oder sich zu fein, ein Bündnis mit der Linken auch nur in Erwägung zu ziehen. Und sie ist zu feige, zu mutlos oder auch zu faul, um der Union aus dem Weg zu gehen. Jener Union, die eine Großspende von BMW erhält und fast zeitgleich dafür sorgt, dass deutsche Luxusautos noch eine Weile länger das Weltklima über Gebühr belasten dürfen.
Jener Union, deren Innenminister auch nach der Tragödie von Lampedusa gegen "Armutsflüchtlinge" wettert. Um nur zwei Punkte zu nennen, die offenbaren, wie fern sich die Kulturen der sozialdemokratischen Idee und der Politischen Rechten im Kern stehen. Oder besser: Stehen sollten.
So setzt sich fort, was unmittelbar mit der politischen Wende 1990 begonnen hatte: Damals ließ sich die Sozialdemokratie, einst eine stolze Sammlungsbewegung, von den Rote-Socken-Kampagneros der Politischen Rechten durchs Land treiben. Und sie lässt sich bis heute treiben - ausgerechnet von der Politischen Rechten, die wie nie zuvor zur Klientel- und Interessenlobbythek der wirtschaftlichen Klasse verkommen ist. Und das auf dem Rücken der Wehr-, Hilf- und Mittellosen.
Die gute, alte Sozialdemokratie kniet devot vor der Union nieder, versucht ihre eigene Basis mit dem Mindestlohn abzuspeisen. Und mit der Union schachert sie sich im Vorgriff auf die wohl kommende Koalition gut bezahlte Posten zu. Umarmt haben sollen sich die Unterhändler zu Beginn der Koalitions-Verhandlungen. Umarmt. Ja, nee, is' klar.
Warum hat ein Sigmar Gabriel oder eine Andrea Nahles Interesse daran, in einem Akt politischer Faulheit eine Große Koalition einzugehen und damit Deutschland einmal mehr nicht zu gestalten, sondern zu verwalten? Um im letzten Drittel ihrer persönlichen politischen Karriere doch noch mal Minister zu sein und damit die eigene Biografie zu versilbern?
Die Sozialdemokratie ist zu feige, zu faul oder sich zu fein, ein Bündnis mit der Linken auch nur in Erwägung zu ziehen. Und sie ist zu feige, zu mutlos oder auch zu faul, um der Union aus dem Weg zu gehen. Jener Union, die eine Großspende von BMW erhält und fast zeitgleich dafür sorgt, dass deutsche Luxusautos noch eine Weile länger das Weltklima über Gebühr belasten dürfen.
Jener Union, deren Innenminister auch nach der Tragödie von Lampedusa gegen "Armutsflüchtlinge" wettert. Um nur zwei Punkte zu nennen, die offenbaren, wie fern sich die Kulturen der sozialdemokratischen Idee und der Politischen Rechten im Kern stehen. Oder besser: Stehen sollten.
Autolobby statt Klimaschutz und ein Innenminister, der in der Flüchtlingsfrage wenig Gnade kennt - das passt nicht zur SPD
Ist nicht Rot-Rot-Grün die eigentlich linke Vision? Ist nicht so ein Umbau dieser Gesellschaft im Sinne aller fortschrittlichen Ideen machbar? Die SPD könnte wieder zum Gestalter werden, könnte sich an die Spitze dieser Bewegung setzen. Jetzt! Andernfalls siecht sie so lange im Kanzlerinnenschoß, bis es vielleicht dafür zu spät ist.
Doch noch könnte sie es. Und unter rot-rot-grünem Dach wäre das Beste von Rot, Rot und Grün gerade gut genug, um die Gesellschaft zu verändern. Die Grünen setzten endlich Tempo 130 auf der Autobahn und Tempo 30 in der Stadt durch, für Umwelt, für Menschenleben. Und erheben die ökologische Landwirtschaft zum Standard. Sind das keine linken Visionen?
Die Linken? Wären nur mit dabei, wenn radikal an die Rente mit 67 und Hartz IV herangegangen würde, wenn die Mieten per Gesetz an die Lebenswirklichkeit der Menschen angepasst werden. Sind das keine linken Visionen? Willy Brandt hätte sie unterschrieben; vielleicht. Ferdinand Lassalle, August Bebel und die anderen Wegbereiter der Sozialdemokratie hätten es mit Sicherheit getan. Weil sie mutig waren, weil sie Visionen hatten – die den Wortführern der heutigen SPD völlig abgehen.
Wessen Herz wirklich links schlägt, der wird diese Große Koalition nicht eingehen. Sondern endlich mit linken Mehrheiten gestalten – denn die sind da.
Doch wenn die Genossen nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen beim Basisentscheid tatsächlich der Großen Koalition zustimmen – dann ist dieser Partei endgültig nicht mehr zu helfen.
Thilo Schmidt, geboren 1976, Diplom-Politologe, ist freier Autor und Hörfunk-Journalist. Unter anderem setzt er sich mit dem Themenbereich "Rechtsextremismus" auseinander. Seit 2010 ist er zudem Lehrbeauftragter im Masterstudiengang "Kulturjournalismus" an der Universität der Künste Berlin. Schmidt lebt in Berlin.
Doch noch könnte sie es. Und unter rot-rot-grünem Dach wäre das Beste von Rot, Rot und Grün gerade gut genug, um die Gesellschaft zu verändern. Die Grünen setzten endlich Tempo 130 auf der Autobahn und Tempo 30 in der Stadt durch, für Umwelt, für Menschenleben. Und erheben die ökologische Landwirtschaft zum Standard. Sind das keine linken Visionen?
Die Linken? Wären nur mit dabei, wenn radikal an die Rente mit 67 und Hartz IV herangegangen würde, wenn die Mieten per Gesetz an die Lebenswirklichkeit der Menschen angepasst werden. Sind das keine linken Visionen? Willy Brandt hätte sie unterschrieben; vielleicht. Ferdinand Lassalle, August Bebel und die anderen Wegbereiter der Sozialdemokratie hätten es mit Sicherheit getan. Weil sie mutig waren, weil sie Visionen hatten – die den Wortführern der heutigen SPD völlig abgehen.
Wessen Herz wirklich links schlägt, der wird diese Große Koalition nicht eingehen. Sondern endlich mit linken Mehrheiten gestalten – denn die sind da.
Doch wenn die Genossen nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen beim Basisentscheid tatsächlich der Großen Koalition zustimmen – dann ist dieser Partei endgültig nicht mehr zu helfen.
Thilo Schmidt, geboren 1976, Diplom-Politologe, ist freier Autor und Hörfunk-Journalist. Unter anderem setzt er sich mit dem Themenbereich "Rechtsextremismus" auseinander. Seit 2010 ist er zudem Lehrbeauftragter im Masterstudiengang "Kulturjournalismus" an der Universität der Künste Berlin. Schmidt lebt in Berlin.