Große Koalition

    Das ist Merkels Kabinett

    Gabriel (SPD), Merkel (CDU) und Seehofer (CSU): Das Kabinett steht.
    Gabriel (SPD), Merkel (CDU) und Seehofer (CSU): Das Kabinett steht. © picture alliance / dpa/ Wolfgang Kumm
    Acht Unionsminister, sechs SPD-Minister, so sieht Merkels Mannschaft aus. Und auch die größte Überraschung der Regierungsbildung wurde am Sonntag Abend bestätigt.
    Das Rätselraten über die Besetzungsliste "Wer wird was in der großen Koalition" ist zu Ende. Am Sonntagabend wurden die Personalia von den Parteichefs von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, auch offiziell bekanntgegeben. Acht Unions-Ministern stehen sechs Minister von der SPD gegenüber.
    KANZLERIN: ANGELA MERKEL (59/CDU): Die erste deutsche Kanzlerin wird am kommenden Dienstag zum dritten Mal zur Regierungschefin gewählt. Sie wollte diese dritte Kanzlerschaft unbedingt. Nach Ansicht vieler Parteimitglieder hat sie damit ihren politischen Zenit erklommen. Als sie im Jahr 2000 an die Spitze der CDU kam, traute kaum jemand der ostdeutschen Physikerin eine solche Karriere zu.
    Seit 1990 hat sie ein Bundestagsmandat, wurde unter Kanzler Helmut Kohl zunächst Frauen-, dann Umweltministerin. Als CDU-Generalsekretärin forderte sie die Partei in der Spendenaffäre auf, sich von Kohl zu lösen. 2005 wurde sie Kanzlerin einer großen Koalition, 2009 von Schwarz-Gelb. Sie rückte die CDU mit der Abkehr von Wehrpflicht und Atomkraft stark in die Mitte der Gesellschaft. Merkel ist kompromissorientiert, scheut sich aber auch nicht vor harten Entscheidungen.
    KANZLERAMTSCHEF: PETER ALTMAIER (55/CDU): Der bisherige Umweltminister wird im Kanzleramt Nachfolger von Ronald Pofalla. Als Umweltminister brachte er nach der Entlassung seines Vorgängers Norbert Röttgen 2012 neuen Schwung in die Energiewende, konnte aber viele Probleme nicht abräumen.
    Der kommunikative, selbstironische Saarländer ist ein Freund guten Essens und für Merkel ein wichtiger Mann. Er ist politisch gut vernetzt, duckt sich bei heiklen Fragen nicht weg, kennt sich in der Europapolitik bestens aus und spricht viele Sprachen fließend. Schon als Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion bewies er Talent bei der Kompromisssuche.
    FINANZMINISTERIUM: WOLFGANG SCHÄUBLE (71/CDU): Der altgediente Amtsinhaber bleibt. Sein jetziges Ministerium leitet er seit 2009. Davor war er - in der letzten großen Koalition von 2005 bis 2009 - schon zum zweiten Mal Bundesinnenminister. Für die Union ist er der Mann mit der größten Regierungserfahrung: Neben seinen Ämtern als Ressortchef war Schäuble Chef der Bundestags-Unionsfraktion und CDU-Parteivorsitzender. 1990 wurde er während einer Wahlkampfveranstaltung niedergeschossen. Seitdem sitzt Schäuble im Rollstuhl. Mehrfach sah es so aus, dass Gesundheitsprobleme seine Laufbahn beenden könnten. Doch er kämpfte sich immer wieder zurück. Er gilt als glühender Europäer, zäh und mitunter mürrisch.
    INNENMINISTERIUM: THOMAS DE MAIZIÈRE (59/CDU): Er muss - vermutlich nicht auf eigenen Wunsch - aus dem Verteidigungsministerium ins Innenressort wechseln, das er bereits von Oktober 2009 bis März 2011 leitete.
    Als Verteidigungsminister geriet de Maizière wegen des gescheiterten Rüstungsprojekts "Euro-Hawk" massiv in die Kritik: Er habe das Ministerium nicht im Griff, lauteten die Vorwürfe. Der aus Bonn stammende und als ruhig und besonnen geltende Politiker war schon als Nato-Generalsekretär im Gespräch. Als Kanzleramtsminister in der großen Koalition von 2005 bis 2009 erwarb er sich großen Respekt, wurde bis zur Drohnen-Affäre sogar als möglicher Merkel-Nachfolger gehandelt.
    VERTEIDIGUNGSMINISTERIUM: URSULA VON DER LEYEN (55/CDU): Sie wechselt vom Arbeitsministerium ins Verteidigungsressort. Deutschland erhält damit erstmals eine Verteidigungsministerin. Dieser Postenwechsel ist die größte Überraschung der Regierungsbildung.
    Da die SPD das Arbeitsministerium für sich beanspruchte, musste für von der Leyen ein gleichwertiges Ressort gefunden werden. Das Gesundheitsministerium - für das sie mehrfach gehandelt wurde - kam deshalb nicht infrage.
    Die frühere niedersächsische Sozialministerin und CDU-Vize gilt wegen ihres scharfen Verstandes und ihrer Redegewandtheit als Allroundtalent in der Partei, ist aber nicht sehr beliebt. Für Empörung in der CDU sorgte sie, als sie drohte, mit der Opposition für die Frauenquote zu stimmen. Von der Leyen ist die Tochter des früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht und hat sieben Kinder.
    GESUNDHEITSMINISTER: HERMANN GRÖHE (52/CDU): Als Nachfolger für Daniel Bahr von der FDP wird der CDU-Generalsekretär neuer Bundesgesundheitsminister. Er hat großen Anteil an dem erfolgreichen Bundestagswahlkampf, an dessen Ende 41,5 Prozent für CDU/CSU standen. Er gilt auch beim politischen Gegner als sachlich, freundlich und fair. In der CDU hatte es gerade deshalb mitunter offen Kritik gegeben, weil er als zu wenig angriffslustig galt.
    Politische "Wadenbeißerei" ist aber nicht seine Sache. Er löst Konflikte eher geräuschlos. Mitte der 90er Jahre zählte er zu dem Kreis von CDU-Nachwuchspolitikern, der sich in der "Pizza-Connection" regelmäßig mit Grünen-Politikern traf. Gröhe war in der Unionsfraktion Justiziar und lange Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Im Kanzleramt war er für die Bund-Länder- Zusammenarbeit zuständig. Er ist verheiratet und hat vier Kinder.
    BILDUNGSMINISTERIUM: JOHANNA WANKA (62/CDU): Sie wird als Amtsinhaberin ihr Ministerium weiter führen. Sie kam erst Anfang 2013 ins Amt - nach dem Rücktritt von Bildungsministerin Annette Schavan.
    Die CDU stuft das Ressort als eines der wichtigsten im Kabinett ein. Mit den Milliardenausgaben für die Forschung kann man mit diesem Haus viele Punkte bei Wissenschaftlern und Studenten machen. Die promovierte Mathematikerin aus Sachsen war viele Jahre Kultusministerin in Brandenburg und Niedersachsen. Die Berufsorganisation der Uni-Professoren kürte sie 2008 zur "Ministerin des Jahres".
    Im Wendejahr 1989 war sie Gründungsmitglied des oppositionellen Neuen Forums in Merseburg. Wanka ist verheiratet und hat zwei Kinder. Sie gilt als konservativ und pragmatisch und ist eine Verfechterin von Studiengebühren.
    VERKEHRSMINISTERIUM/ DIGITALE INFRASTRUKTUR: ALEXANDER DOBRINDT (43/CSU): Der CSU-Generalsekretär führt künftig als Nachfolger von Peter Ramsauer das um digitale Infrastruktur aufgewertete Verkehrsressort. Das darf als Belohnung für den erfolgreichen CSU-Wahlkampf gesehen werden: Parteichef Horst Seehofer hatte ihm daher einen Ministerposten versprochen.
    Dobrindt tritt an die Stelle von Peter Ramsauer, der das Ministerium vier Jahre lang führte. Er scheidet aus der Bundesregierung aus. Als Generalsekretär war Dobrindt während der Koalitionsverhandlungen eines der wichtigsten CSU-Sprachrohre. Seine Worte wägt er heute mehr als früher ab. Beschimpfungen wie die des früheren Koalitionspartners FDP als "Gurkentruppe" kommen Dobrindt kaum noch über die Lippen.
    AGRARMINISTERIUM: HANS-PETER FRIEDRICH (56/CSU): Der Innenminister wechselt ins weniger bedeutende Agrar-Ressort, denn es muss den Verbraucherschutz ans Justizministerium abgeben. Der Franke hatte dem Vernehmen nach die Wahl, sich auch für das Entwicklungshilfe-Ressort zu entscheiden.
    Als Nachfolger seiner nach Bayern gewechselten Parteifreundin Ilse Aigner leitet Friedrich nun ein Ministerium, das nur noch für Ernährung und Landwirtschaft zuständig ist. Für den Verbraucherschutz ist nun das SPD-geführte Justizministerium zuständig.
    CSU-Chef Seehofer hatte Friedrich noch im August eine Job-Garantie gegeben, bekannte sich aber zuletzt nicht mehr so offen zu dem im Umgang freundlichen Bayern. In der NSA-Abhöraffäre wurde Friedrich eine zu weiche Haltung gegenüber den USA vorgehalten.
    ENTWICKLUNGSMINISTERIUM: GERD MÜLLER (58/CSU): Nach acht Jahren als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium steigt der promovierte Wirtschaftspädagoge überraschend zum Entwicklungsminister auf.
    Müller war im Herbst 2008 schon einmal als Agrarminister gehandelt worden: Damals wechselte Horst Seehofer aus dem Agrarressort als Ministerpräsident nach Bayern. Die Stelle im Landwirtschaftsministerium bekam dann aber Parteifreundin Ilse Aigner. Erste Erfahrungen in internationaler Politik sammelte Müller als Abgeordneter des Europäischen Parlaments von 1989 bis 1994.
    Im Agrarministerium war er mit Themen der Welternährung befasst. Mitglied des Bundestags ist der auf dem elterlichen Bauernhof aufgewachsene CSU-Politiker seit 1994 als Abgeordneter des Wahlkreises Oberallgäu, Kempten, Lindau. Müller hat zwei Kinder.
    (dpa)
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