Großedition

Hannah Arendt elektronisch

Die Politologin und Philosophin Hannah Arendt
Hannah Arendt © picture alliance / dpa
Barbara Hahn im Gespräch im Gespräch mit Maike Albath |
Die Politologin und Philosophin Hannah Arendt ist eine der profiliertesten Denkerinnen des 20. Jahrhunderts. Aus dem amerikanischen Exil kehrte sie nicht mehr nach Deutschland zurück. Der größte Teil ihres Nachlasses liegt in der Library of Congress in Washington, ein weitaus kleinerer Teil im Marbacher Literaturarchiv. Eine geplante Gesamtausgabe beschreitet editorisch neue Wege und will unter anderem deutlich machen, wie die Philosophin dachte.
Barbara Hahn, Germanistin an der Vanderbilt University in Nashville und Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin, hat vor ein paar Monaten mit der Arbeit an einer kommentierten Gesamtausgabe der Schriften Hannah Arendts begonnen. Ein Projekt, das sowohl zwischen den klassischen Buchdeckeln als auch im Internet stattfinden soll.
Das Internet "entlastet" das Buch
"Das Internet kann das Buch entlasten", sagt Hahn. In einem Buch könne man vor allem das langsame Lesen praktizieren, betont sie. "Das braucht man für Hannah Arendt." Man müsse sich immer wieder zur Langsamkeit zwingen, um zu begreifen, wie neu die Gedanken seien, die man in ihren Schriften finde.
Die Darstellung von Inhalten auf einem Bildschirm sei hingegen gut für Dinge, die man sehen könne. Mit Hilfe des Internets könne man beispielsweise verschiedene Fassungen eines Textes auf verschiedenen Monitoren zeigen.
Abbildung von Arendts Denkprozessen ist spannend
Spannend wird das Editions-Projekt auf jeden Fall, wenn es um die Abbildung von Arendts Denkprozessen geht. "Wenn jemand schreibt, dann macht er einen Fortschritt": So hätten bisher die Mitarbeiter des Editionsprojektes gedacht, berichtet Hahn. Texte würden geschrieben und dann überarbeitet und verbessert.
Bei Arendt sei das aber völlig anders, vor allem bei ihrem Eichmann-Buch: "Da gibt es Fassungen, die gehen in völlig unterschiedliche Richtungen. Das heißt, sie hat immer völlig von vorne angefangen zu überlegen, wie schreibt man überhaupt über so etwas." Die Fassungen lägen also nicht teleologisch übereinander, sondern nebeneinander. Das werde die Edition erstmals zeigen.
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