Grosser Andrang

Buchmesse lädt am Abschlusstag Flüchtlinge ein

Bücher werden auf der Buchmesse in Frankfurt am Main im Pavillon des Gastlandes Indonesien sortiert.
Bücher im Pavillon des Gastlandes Indonesien auf der Frankfurter Buchmesse © dpa / picture alliance / Boris Roessler
Von Ludger Fittkau |
Gleich mehrere hundert Flüchtlinge nahmen die Einladung der Frankfurter Buichmesse zu einem kostenlosen Rundgang durch die Messehallen an. Eine sehr gelungene Aktion, findet Ludger Fittkau.
Anne-Kathrin Häfner von der Frankfurter Buchmesse fragt eine Gruppe junger Flüchtlinge aus Eritrea, Afghanistan und Algerien, ob es ihr erster Besuch auf der Messe sei. Alle nicken. Rund 650 Flüchtlinge – die meisten zwischen 18 und 30 Jahren alt – haben sich für die Führungen am letzten Buchmessen-Tag angemeldet.
Unter ihnen ist der 18 Jahre alte Masut aus Afghanistan. Für die Übersetzung sorgt die gleichaltrige Dana. Sie ist in Frankfurt geboren, spricht aber Farsi, weil sie iranische Wurzeln hat.
Einen Farsi-Dialekt gibt es auch in Afghanistan. Von der größten Buchmesse der Welt am Main hatte Masut in seiner Heimat noch nichts gehört, gesteht er freimütig. Masut ist vor zwei Monaten nach waghalsiger Flucht übers Mittelmeer im Rhein-Main-Gebiet eingetroffen:
"Er ist fünfmal ins Wasser gefallen und fast ertrunken. Die Polizei ist gekommen, hat ihn ergriffen und versucht ihn wegzunehmen, aber er hat es doch geschafft."
Anne- Kathrin Häfner führt die Gruppe in Halle 3 zunächst zum Stand des Klett-Verlages. Hier sorgt ein Wörterbuch für Begeisterung bei den Flüchtlingen, in dem Alltagsbegriffe wie "Schlüsselbund" oder "Aufzug" bebildert sind:
"Ein Bildwörterbuch für Deutsch als Fremdsprache. Wir haben das gemacht, damit man schnell und bei vielen wichtigen Themen des Alltages gleich wissen kann, wie das auf Deutsch heißt."
Masut und einige Flüchtlinge aus Eritrea probieren das Wörterbuch gleich mal aus, in dem sie auf die Briefmarken-großen Abbildungen zeigen und die Wörter darunter vorlesen:
Die Frankfurterin Dana Bagheri erklärt, warum sie heute für die fast gleichaltrigen Flüchtlinge aus dem Iran oder Afghanistan dolmetscht:
"Ich bin selbst ein Flüchtlingskind und deswegen ist das Engagement in meiner Familie sehr wichtig. Meine Eltern sind nach der persischen Revolution nach Deutschland geflüchtet."
Ruth Bachtiar hat eritreische Wurzeln und arbeitet ehrenamtlich bei einer Frankfurter Organisation mit, die sich speziell um junge Flüchtlinge aus Eritra kümmert. Sie hat 25 Freikarten von der Buchmesse bekommen:
"Was richtig toll ist. Jetzt können wir das Angebot nutzen: Weil ich glaube, da das Budget so begrenzt ist, hätten sie sich die Karten nie selber gekauft. Deswegen ist es ein tolles Angebot."
Afghanistik-Verlag mit "Willkommens-Gesprächsbuch"
Weiter geht die Führung durch Halle 3. Die Gruppe versammelt sich an einem Stand, an dem der Verleger Noor Nazrabi vom Afghanistik-Verlag frisch gedruckte schmale Bücher vorstellt, die eigens für die Bedürfnisse der Flüchtlinge produziert wurden. Er nennt die Bücher "Willkommens-Gesprächsbuch".
"Dieses Willkommens-Gesprächsbuch ist in sechs Sprachen erschienen. Und da geht es darum wie man die Neuankömmlinge unterstützt. Da geht es um Behördengänge, da geht es darum, wie man sein Asylverfahren bewältigt. Und das Besondere an diesem Buch ist, dass die Aussprache der deutschen Sprache quasi umgeschrieben ist auf Arabisch, Dari, Paschtu, Farsi , Englisch und Französisch."
Gegen Ende der Führung leitet Anne-Kathrin Häfner die Gruppe auf die Terrasse vor Halle 3. Von hier aus hat man einen großartigen Blick auf das gesamte Messegelände und auch den Pavillon des Gastlandes Indonesien. Ein junger Algerier zeigt sich daran besonders interessiert:
"In diesem Glas-Gebäude findet jedes Mal die Präsentation des Gastlandes statt. Dieses Jahr ist es Indonesien, letztes Jahr war es Finnland. Das ist immer unterschiedlich – und sehr schön."
Schön - das war auch die Aktion der Buchmesse für die Flüchtlinge. Dies konnte man an den Gesichtern der Beteiligten ablesen. Eine besondere "Willkommens-Buchkultur" gewissermaßen. Es wäre löblich, wenn das eine ständige Einrichtung werden könnte.