Russlands zweifelhafte Syrienpolitik
In Syrien versuche Russland, sich zur Weltmacht zu bomben, kommentiert Thomas Franke. Das Regime Putin brauche diesen Krieg. Denn innenpolitisch gehe es steil bergab. Und die Kriegseinsätze lenkten davon ab.
Da ist es wieder, das Großmachtgehabe. Russland bietet einen Waffenstillstand in Syrien an. Klingt gut. Doch gleichzeitig sagt Außenminister Sergej Lawrow, dass die Bombardements gegen den sogenannten IS weitergingen. Klingt nicht gut und nicht nach Waffenstillstand. Aber es ist schon fesch, sich in München hinzustellen und so zu tun, als hätte man die Lage im Griff; anders als die USA und die EU. Russland hat nichts im Griff, Russland tut nur so. Syrien ist total zersplittert, diverse Gruppen sind bewaffnet. So zu tun, als könne man in München in der Syrien-Unterstützergruppe einen tragfähigen Waffenstillstand beschließen, ist mehr Wunsch als Realität.
Die russische Regierung hat bisher kein Interesse gezeigt, in Syrien die Opferzahlen niedrig zu halten und den Menschen zu helfen. Russlands Ziel ist die Schwächung der USA, der EU und der NATO. Russlands Interesse ist, jede Art von demokratischer Opposition, die gegen Diktatoren aufsteht, zu diskreditieren und das Chaos den USA in die Schuhe zu schieben. Bisher hat Russland alles getan, um die Lage zu verschlimmern. Die Ergebnisse der russischen Bombenangriffe sind sichtbar: noch mehr Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa, die Türkei an der Grenze ihrer Belastbarkeit, westeuropäische Gesellschaften gespalten und beschäftigt.
In Syrien versucht Russland, sich zur Weltmacht zu bomben. Deshalb muss man Russland ernst nehmen. Aber ist Russland auch in der Lage, das Assad-Regime unter Kontrolle zu bringen? Die russische Regierung könnte ja testweise Assad dazu bewegen, den Angriff auf Aleppo zu stoppen. Medienberichten zufolge sind die Regierungstruppen dabei, dank russischer Unterstützung, den Belagerungsring um die Stadt zu schließen. Laut Angaben der Vereinten Nationen hat das zu weiteren 51.000 Flüchtlingen geführt.
Russland genügt allen Anforderungen einer Diktatur
Das Regime Putin braucht diesen Krieg, denn innenpolitisch geht es steil bergab. Und die Kriegseinsätze lenken davon ab. Die Sanktionen greifen, Reisen ist für viele Russen mittlerweile zu teuer geworden, der Lebensstandard sinkt, die Armutsschere wird immer größer. Selbst Manager von Rüstungsunternehmen beteuern, dass westliche Technologie nur schwer durch Kopien aus China zu ersetzen sei. Der niedrige Ölpreis sorgt für den Rest. Russland ist abhängig vom Verkauf von Öl und Gas.
Nebenbei hat Putin Russland in seiner aktuellen Amtszeit systematisch in einen Staat verwandelt, der alle sozialwissenschaftlichen Anforderungen einer Diktatur erfüllt. In demokratischen Staaten wäre so eine Regierung längst vom Parlament in den unverdienten Ruhestand geschickt worden. Nicht so in Russland. Seit Jahren bereiten die Staatsmedien mit viel Getöse und Manipulation die Menschen auf einen Krieg gegen die "Faschisten" vor, Russland, das das Abendland retten muss, ergo einen Krieg mit der NATO und den USA.
Medwedew sprach von der Gefahr eines Weltkriegs
Im Vorfeld der Sicherheitskonferenz sprach Premierminister Dmitri Medwedew von der Gefahr eines Weltkriegs für den Fall, dass arabische Länder unter Führung der USA Bodentruppen nach Syrien schickten. Man kann das als Drohung verstehen oder als Luftnummer. Denn die USA beteuern seit Jahren, dass sie keine Bodentruppen nach Syrien schicken wollen. Aber Medwedews Warnung klingt gut. Wären da nicht die Zwischenfälle, mit denen Russland in letzter Zeit versucht, die NATO zu provozieren. Russlands Regierung spielt mit dem Feuer. Opfer sind ihr egal. Und da ist sie sich mit dem Assad-Regime in Syrien einig. Dieser Verbündete Russlands hat den IS gewähren lassen, da er die Opposition schwächt und die Macht sichert.
Ein Waffenstillstand in Syrien? Russland äußert oft mit viel Getöse Dinge, die sich gut anhören, macht dann aber etwas völlig anderes. Dieser Krieg wird weitergehen, und Russland wird lautstark die USA und die EU dafür verantwortlich machen.