Blutiger Kampf um Unabhängigkeit
Viele Jahrzehnte hatten Hindus und Muslime auf dem indischen Subkontinent einen gemeinsamen Feind: die britische Besatzungsmacht. Nach der Kolonialzeit wollten die Muslime einen eigenen Staat und wurden selbst zu Feinden Indiens. Mit der Pakistan-Resolution wurde vor 75 Jahren die Gründung Pakistans beschlossen.
"Der 15. August ist der Geburtstag des unabhängigen souveränen Staates Pakistan. An diesem Tag erfüllt sich die Bestimmung der muslimischen Nation, die in den vergangenen Jahren große Opfer gebracht hat, um ein eigenes Vaterland zu schaffen. Wir wollen friedlich und in herzlicher Freundschaft mit unseren Nachbarn leben und mit der ganzen Welt."
Als der erste Generalgouverneur Pakistans, Muhammed Ali Jinnah, am 14. August 1947 vor das Mikrofon tritt, ist die Entscheidung bereits gefallen. Die britische Kronkolonie Indien wird mit ihrer Entlassung in die Unabhängigkeit geteilt – in das mehrheitlich hinduistische Indien und das mehrheitlich muslimische Pakistan. Als Mitglied des indischen Nationalkongresses hatte der Muslim Jinnah jahrelang für die Einheit von Hindus und Muslimen auf dem Subkontinent gestritten, doch mit dem Aufstieg Gandhis wurde ihm klar, dass es eine wirkliche Gleichberechtigung der beiden Volksgruppen nicht gab.
"Wenn Gandhi seinen Bauern da im Dorf erklärt hat, was der indische Nationalkongress will, da hat er gesagt: Ram Raj. Ram Raj ist die Herrschaft des Gottes Rama aus dem Ramayana, wo alle glücklich waren, alles gerecht zuging und es keine Probleme gab. Er nimmt also dieses Bild aus der Hindu-Mythologie, und Jinnah hat den Kongress verlassen, weil er sagt: diese Dinge gehören nicht in die Politik."
Um von der hinduistischen Mehrheit in Indien und im Nationalkongress nicht an den Rand gedrängt zu werden, sah Jinnah nur eine Möglichkeit, so die Historikerin und Pakistan-Expertin an der Humboldt-Universität Berlin, Bettina Robotka.
"Wir definieren uns nicht mehr als Minderheit, sondern wir definieren uns als Nation. Klar sind wir weniger, aber wir sind eine Nation, und als Nation haben wir Anspruch auf einen wie auch immer gearteten Staat, autonom oder souverän."
Als Präsident der All India Muslim League machte sich Jinnah für die Zwei-Nationen-Theorie stark, für die er auch beim Treffen der Muslimliga im März 1940 in Lahore warb.
Tiefe Wunden, die das pakistanisch-indische Verhältnis bis heute belasten
"Hindus und Muslime haben verschiedene religiöse Hintergründe, unterschiedliche kulturelle Traditionen und eine andere Literatur. Sie heiraten nicht untereinander und essen auch nicht miteinander, weil sie tatsächlich zu zwei verschiedenen Kulturen gehören, die auf widersprüchlichen Ideen und Konzepten beruhen. Solche Völker in einem einzigen Staat zusammenzuzwängen – die einen als Minderheit, die anderen als Mehrheit – muss zu wachsender Unzufriedenheit und schließlich zur Zerstörung eines solchen Staates führen."
Am Tag nach Jinnahs Rede, am 23 März 1940, beschloss die Muslimliga die sogenannte Pakistan-Resolution, deren zentrale Forderung lautete: Gebiete, die mehrheitlich von Muslimen bewohnt werden, - gemeint waren vor allem der Nordwesten und der Osten Indiens - sollten nach dem Ende der britischen Herrschaft zu geografischen Einheiten zusammengefasst und von den Muslimen autonom und souverän regiert werden.
Das hieß aber auch: Es waren noch zwei Optionen denkbar: ein gemeinsamer Staat, der Hindus wie Muslimen in ihren jeweiligen Mehrheitsgebieten Autonomie garantierte oder zwei getrennte souveräne Staaten. Die Briten favorisierten einen gemeisamen Staat, doch letztlich konnten sich Nationalkongress und Muslimliga nicht auf ein föderatives Modell einigen. Und so kam der britische Generalgouverneur und Vizekönig von Indien, Lord Mountbatten, der eine Nachfolgeregelung für die Kronkolonie ausarbeiten sollte, im Juni 1947 zu einem ernüchternden Ergebnis.
"Nichts von dem, was ich in den vergangenen Wochen gesehen oder gehört habe, hat meine feste Überzeugung erschüttert, dass Indien vereint in die Unabhängigkeit gehen könnte. Doch zu meinem größten Bedauern hat es keine Einigung auf ein Konzept gegeben, das die Einheit Indiens bewahren würde. Es ist jedoch ausgeschlossen, ganze Bevölkerungsgruppen gegen ihren Willen dazu zu zwingen, unter einer Regierung zu leben, die von einer anderen Bevölkerungsgruppe dominiert wird. Die einzige Alternative zum Zwang aber heißt: Teilung."
Die Folgen waren katastrophal. In den Monaten nach der Teilung kamen bei Übergriffen auf die jeweils andere Bevölkerungsgruppe eine Million Menschen ums Leben, rund zehn Mal so viele verließen ihre Heimat, um sich im Nachbarland, wo sie selbst zur Bevölkerungsmehrheit gehörten, anzusiedeln – Wunden, die das Verhältnis zwischen Indien und Pakistan bis heute belasten.