"Grüner Daumen ist sexy"
Der Öko-Aktivist Edouard van Diem gestaltet Nachbarschaftsgärten - zum Beispiel im Hamburger Volkspark. Seinen grünen Daumen verdankt er der Öko-Bewegung der 80er-Jahre. Doch van Diem möchte nicht moralisch bekehren, sondern Neugier auf Selbstversorgung wecken.
"Ja, wie man hört, obwohl das hier so ein idyllischer Ort am Parkrand ist, wir sind hier eigentlich mitten in der Stadt. Deswegen haben wir auch den Flugzeuglärm. Es ist eine ganz schöne Nische, auf der einen Seite ruhig, aber doch super gut erreichbar."
Nach zwei Jahren Verhandlungen mit den Hamburger Behörden hat es Edouard van Diem geschafft. Mitten im Hamburger Volkspark ist ein offener Nachbarschaftsgarten entstanden.
"Das ist Mangold, dann habe ich hier dicke Bohnen, hier ist Rhabarber…"
Auf 7500 Quadratmetern legen hier Hobbygärtner eigene Beete an, lernen, wie man aus sandigem Boden fruchtbare Erde macht - und einiges mehr.
"Hier haben wir zum Beispiel einen jungen Haselbaum. Du siehst, ich würde jetzt immer schauen, dass ich mir junge Blätter nehme, das sieht man auch häufig an der Färbung. Je heller ein Blatt ist, desto jünger ist das Blatt. Das kann man wunderbar essen. Ich mach mir das in Salate oder in Getränke rein, genau."
"Ich glaube, es wäre wichtig, dass wir den öffentlichen Raum essbar machen, damit wir kurze Wege, direkte Beziehungen zu unserer Nahrung haben und die Menschen ohne Transportkosten, ohne ökologische Schäden hier zu Hause satt werden könnten."
"Sie dürfen schwärmen und ihren Schwarmtrieb ausleben, so vermehren wir die Bienen, dann nutzen wir ihren Bautrieb, indem sie eben wesensgemäß auf eigenem Wachs brüten und bauen. Und wir probieren nicht, die Honigernte zu maximieren, das heißt, nicht wie aus anderen Kisten, wo man so vierzig Kilo Honig raus prügelt, sondern gerade mal zwölf bis fünfzehn Kilo Honig kriegt man aus der Bienenkiste, und das reicht für eine Familie ja eigentlich auch aus."
"Ich hab ein paar Gläser mitgebracht, möchten Sie sowas haben? – Nee, weil ich hab eigene Gläser und Imker nicht im Dip-Glas. – Also, nicht diese… - Nicht Deutscher-Imker-Bund- Glas... – Das sind Sie nicht…? - Das bin ich gar nicht. Ich bin… Freestyle-Gärtner und Freestyle-Imker!"
Seinen grünen Daumen verdankt der Freestyle-Gärtner der Öko-Bewegung der 80er-Jahre; bereits als Schüler pflanzte van Diem Bäume gegen das Waldsterben. Doch er suchte seinen eigenen Weg.
"Ja, eigentlich habe ich mal Erziehungswissenschaften studiert, mir ging es schon um die Menschen. Ich habe aber gemerkt, ich brauche einen Gegenstand, und das war die Natur. Und Umweltbildung fand ich immer noch viel zu sehr belehrend und langweilig. Was ich jetzt probiere, ist, mit den Menschen zusammen ihre Welt zu schaffen."
Van Diem und die Hobby-Gärtner im Hamburger Volkspark gestalten ihren Nachbarschaftsgarten zugleich als eine Art Schul- und Experimentierwiese für innovative Ideen. Am Rande des Gartens entsteht eine kleine, aber revolutionäre Anlage. Hergestellt wird hier Terra Preta – dauerfruchtbare, schwarze Erde.
"Unter Zuhilfenahme verschiedener Zuschläge, unter Anderem Holzkohle, ist es möglich, einen Humus zu schaffen, der selber weiterwächst, und das können wir in der ganzen Welt nachbilden. Mein Ziel ist jetzt zum Beispiel ins Westjordanland, wo ich nächste Woche hinfahre, die Terra- Preta-Methodik und eine spezielle Lösung mitzunehmen, um dort für eine lokale NGO elftausend Quadratmeter zu einer Minivorzeigefarm zu wandeln."
"Grüner Daumen ist sexy, heißt für mich letztendlich, ich möchte nicht probieren, die Leute mit der Moralkeule abzuholen, und genau darum geht`s, einfach den Menschen zu zeigen, dass es ganz viele Qualitäten gibt, die vor der Tür, im Garten, im Wald, um uns herum sind und wir sie nur zu pflücken brauchen, und das hat ganz viel zu tun mit unserem Selbstverständnis und mit unserer Sicht auf die Welt."
Zu Hause bei Edouard van Diem, nur wenige Fahrradminuten vom Nachbarschaftsgarten entfernt:
"Ja, wir haben jetzt gerade mal unsere WG-Kompostkiste aufgemacht. Übrigens, das ist immer so die erste Hürde, ob jemand Lust hat, hier einzuziehen oder nicht, wenn wir ihn darauf hinweisen, dass wir hier noch ein paar tausend Würmer wohnen haben. Huch, und da ist gerade eine Assel runtergefallen."
Auf dem Küchentisch stapelt sich zwischen Honiggläsern und Kaffeebechern Schriftverkehr und Papierkram. Als Öko-Aktivist verhandelt van Diem mit Behörden und kooperiert mit Stiftungen, ist innovativer Gärtner und Seminarleiter in einer Person. Vor allem möchte van Diem andere Menschen für ökologische Fragen begeistern und neugierig machen. Und spannendes zu entdecken, gibt es für den leidenschaftlichen Naturbeobachter van Diem beinahe überall, auch in den eigenen vier Wänden - in einer zur Kompostkiste umgerüsteten Küchenschublade.
"Also diese Würmer, ja, nicht irgendwelche Würmer, sondern echte Mistwürmer, genau genommen der Eiseniafolia Foetida, ein ganz besonders vermehrungsfreudiger und geselliger Mistwurm und sehr aktiv im richtigen Temperaturbereich zwischen 18 und 20 Grad, eben genauso, wie wir es auch gerne mögen -, aber grundsätzlich ist es erstaunlich, wie schnell diese Umsetzungsprozesse, hier, in der eigenen Küche, stattfinden können. Und das Ergebnis ist eine der besten Erden, die man überhaupt produzieren kann."
Links bei dradio.de:
Deutschlandradio Kultur, Politisches Feuilleton: Frische Kräuter, frische Ideen
Der neue Drang zum Gärtnern ist modern
Nach zwei Jahren Verhandlungen mit den Hamburger Behörden hat es Edouard van Diem geschafft. Mitten im Hamburger Volkspark ist ein offener Nachbarschaftsgarten entstanden.
"Das ist Mangold, dann habe ich hier dicke Bohnen, hier ist Rhabarber…"
Auf 7500 Quadratmetern legen hier Hobbygärtner eigene Beete an, lernen, wie man aus sandigem Boden fruchtbare Erde macht - und einiges mehr.
"Hier haben wir zum Beispiel einen jungen Haselbaum. Du siehst, ich würde jetzt immer schauen, dass ich mir junge Blätter nehme, das sieht man auch häufig an der Färbung. Je heller ein Blatt ist, desto jünger ist das Blatt. Das kann man wunderbar essen. Ich mach mir das in Salate oder in Getränke rein, genau."
"Ich glaube, es wäre wichtig, dass wir den öffentlichen Raum essbar machen, damit wir kurze Wege, direkte Beziehungen zu unserer Nahrung haben und die Menschen ohne Transportkosten, ohne ökologische Schäden hier zu Hause satt werden könnten."
"Sie dürfen schwärmen und ihren Schwarmtrieb ausleben, so vermehren wir die Bienen, dann nutzen wir ihren Bautrieb, indem sie eben wesensgemäß auf eigenem Wachs brüten und bauen. Und wir probieren nicht, die Honigernte zu maximieren, das heißt, nicht wie aus anderen Kisten, wo man so vierzig Kilo Honig raus prügelt, sondern gerade mal zwölf bis fünfzehn Kilo Honig kriegt man aus der Bienenkiste, und das reicht für eine Familie ja eigentlich auch aus."
"Ich hab ein paar Gläser mitgebracht, möchten Sie sowas haben? – Nee, weil ich hab eigene Gläser und Imker nicht im Dip-Glas. – Also, nicht diese… - Nicht Deutscher-Imker-Bund- Glas... – Das sind Sie nicht…? - Das bin ich gar nicht. Ich bin… Freestyle-Gärtner und Freestyle-Imker!"
Seinen grünen Daumen verdankt der Freestyle-Gärtner der Öko-Bewegung der 80er-Jahre; bereits als Schüler pflanzte van Diem Bäume gegen das Waldsterben. Doch er suchte seinen eigenen Weg.
"Ja, eigentlich habe ich mal Erziehungswissenschaften studiert, mir ging es schon um die Menschen. Ich habe aber gemerkt, ich brauche einen Gegenstand, und das war die Natur. Und Umweltbildung fand ich immer noch viel zu sehr belehrend und langweilig. Was ich jetzt probiere, ist, mit den Menschen zusammen ihre Welt zu schaffen."
Van Diem und die Hobby-Gärtner im Hamburger Volkspark gestalten ihren Nachbarschaftsgarten zugleich als eine Art Schul- und Experimentierwiese für innovative Ideen. Am Rande des Gartens entsteht eine kleine, aber revolutionäre Anlage. Hergestellt wird hier Terra Preta – dauerfruchtbare, schwarze Erde.
"Unter Zuhilfenahme verschiedener Zuschläge, unter Anderem Holzkohle, ist es möglich, einen Humus zu schaffen, der selber weiterwächst, und das können wir in der ganzen Welt nachbilden. Mein Ziel ist jetzt zum Beispiel ins Westjordanland, wo ich nächste Woche hinfahre, die Terra- Preta-Methodik und eine spezielle Lösung mitzunehmen, um dort für eine lokale NGO elftausend Quadratmeter zu einer Minivorzeigefarm zu wandeln."
"Grüner Daumen ist sexy, heißt für mich letztendlich, ich möchte nicht probieren, die Leute mit der Moralkeule abzuholen, und genau darum geht`s, einfach den Menschen zu zeigen, dass es ganz viele Qualitäten gibt, die vor der Tür, im Garten, im Wald, um uns herum sind und wir sie nur zu pflücken brauchen, und das hat ganz viel zu tun mit unserem Selbstverständnis und mit unserer Sicht auf die Welt."
Zu Hause bei Edouard van Diem, nur wenige Fahrradminuten vom Nachbarschaftsgarten entfernt:
"Ja, wir haben jetzt gerade mal unsere WG-Kompostkiste aufgemacht. Übrigens, das ist immer so die erste Hürde, ob jemand Lust hat, hier einzuziehen oder nicht, wenn wir ihn darauf hinweisen, dass wir hier noch ein paar tausend Würmer wohnen haben. Huch, und da ist gerade eine Assel runtergefallen."
Auf dem Küchentisch stapelt sich zwischen Honiggläsern und Kaffeebechern Schriftverkehr und Papierkram. Als Öko-Aktivist verhandelt van Diem mit Behörden und kooperiert mit Stiftungen, ist innovativer Gärtner und Seminarleiter in einer Person. Vor allem möchte van Diem andere Menschen für ökologische Fragen begeistern und neugierig machen. Und spannendes zu entdecken, gibt es für den leidenschaftlichen Naturbeobachter van Diem beinahe überall, auch in den eigenen vier Wänden - in einer zur Kompostkiste umgerüsteten Küchenschublade.
"Also diese Würmer, ja, nicht irgendwelche Würmer, sondern echte Mistwürmer, genau genommen der Eiseniafolia Foetida, ein ganz besonders vermehrungsfreudiger und geselliger Mistwurm und sehr aktiv im richtigen Temperaturbereich zwischen 18 und 20 Grad, eben genauso, wie wir es auch gerne mögen -, aber grundsätzlich ist es erstaunlich, wie schnell diese Umsetzungsprozesse, hier, in der eigenen Küche, stattfinden können. Und das Ergebnis ist eine der besten Erden, die man überhaupt produzieren kann."
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Deutschlandradio Kultur, Politisches Feuilleton: Frische Kräuter, frische Ideen
Der neue Drang zum Gärtnern ist modern