Grüner Tee, Sport und innere Ausgeglichenheit

Harte Fakten statt esoterischer Mutmaßungen bietet das "Antikrebsbuch" von David Servan-Schreiber. Der selbst von der Krankheit betroffene Autor belegt die Bedeutung von Ernährung, Bewegung und innerer Ausgeglichenheit beim Kampf um die Genesung. Es ist ein Buch, das Mut macht.
Über 400.000 Menschen erkranken allein in Deutschland jedes Jahr an Krebs. Noch stirbt jeder Zweite trotz verbesserter Früherkennung, besserer Behandlungsmethoden, neuer Medikamente. Unnötigerweise, meint der französische Arzt und Neurobiologe David Servan-Schreiber in seinem Antikrebsbuch. Die Chancen, die Neubildung oder das Wachstum eines Tumors zu stoppen, zumindest aber zu verzögern, lassen sich noch steigern. Bekanntlich bleiben nach der Krebsbehandlung einzelne Krebszellen übrig. Es gilt also alles zu vermeiden, was sie mobilisiert und zu erneutem Wachstum anregt.

Doch da wird man als Patient von der klassischen Schulmedizin nach Operation, Chemotherapie und Bestrahlung häufig im Stich gelassen. Sie gibt einem nach der Behandlung oftmals nicht mehr auf den Weg als den Rat, auf sein Gewicht zu achten. Wer das einmal miterlebt hat, kennt das hilflose Gefühl, sich selbst überlassen zu bleiben und scheinbar nichts machen zu können, als abzuwarten.

Auch dem Neurowissenschaftler und Psychiater David Servan-Schreiber erging es ähnlich. Durch einen Zufall wurde bei ihm ein bösartiger Gehirntumor entdeckt. Aus dem Arzt wurde plötzlich ein Patient. Kaum wieder genesen, stellte sich Davod Servan-Schreiber dieselbe Grundfrage wie alle Betroffenen: Wie vermeide ich, dass der Krebs wieder ausbricht?

Seine Recherchen brachten Erstaunliches zutage, denn man kann in der Tat eine Menge dazu beitragen, sein Immunsystem auf Trab zu bringen. Laborversuche und epidemiologische Studien beweisen: Regelmäßige Bewegung, eine Umstellung der Ernährung und psychisches Wohlbefinden können die Entstehung von Krebs entscheidend beeinflussen.

Das liegt vor allem an zwei wichtigen Grundeigenschaften der Krebszellen, wie es der Autor sehr anschaulich und jedem verständlich erklärt. Um wachsen zu können, produzieren sie entzündungsfördernde Stoffe, wie sie der Körper zur Heilung von Wunden herstellt. Ist die Wunde verschlossen, stoppt dieser Vorgang normalerweise. Bei der Krebszelle läuft dieser Prozess aus dem Ruder. Die Entzündungsstoffe tricksen die Immunabwehr sozusagen aus. Außerdem schicken die Krebszellen Botenstoffe aus, die dafür sorgen, dass sich neue Blutgefäße bilden, die den Tumor verstärkt mit Nährstoffen versorgen.

Diese Entzündungsvorgänge zu hemmen und die Angiogenese, also die Entstehung von neuen Blutgefäßen zu stoppen, sind also zwei entscheidende Maßnahmen in der Krebsbekämpfung. Die Pharmaindustrie sucht denn auch nach entsprechenden Medikamenten. Dabei gibt es bereits sehr wirksame. Nur liefert die die Ernährung, wie David Servan-Schreiber anhand einer ganze Rei-he von erstaunlichen Forschungsergebnissen belegt.

So zeigte sich im Labor zum Beispiel, dass grüner Tee das Wachstum bestimmter Krebszellen signifikant verlangsamt und auch das indische Gewürz Kurkuma hemmt die Entwicklung bestimmter Krebstumoren. Dagegen wirken Lebensmittel, die hohe Anteile von Omega-6-Fettsäuren aufweisen, entzündungsfördernd. Dazu gehörten fast alle Fastfood-Produkte, Biowaren jedoch nicht, so Servan Schreiber.

Positive Wirkung zeigt offenkundig auch regelmäßige Bewegung. So haben zum Beispiel Kontrolluntersuchungen bei Frauen mit Brustkrebs ergeben, dass diejenigen eine deutlich erhöhte Überlebenschance haben, die regelmäßig Sport treiben.

Und schließlich spielt auch die Psyche eine wichtige Rolle. Depressionen und Stress können das Krebswachstum fördern. Gelassenheit, Ruhe, eine optimistische Lebenseinstellung wirken offenbar bei Krebspatienten lebensverlängernd.

David Servan-Schreiber präsentiert hier keine Mutmaßungen, sondern harte Fakten. Das unterscheidet sein Buch prinzipiell von vielen esoterischen Krebsratgebern. Er verspricht auch keine Wunder und gehört auch nicht zu denjenigen, die die konventionellen Krebstherapien Operation, Bestrahlung, Chemotherapie ablehnen oder von ihr abraten. Aber er beweist, dass jeder durch seine Lebensführung sehr viel dazu beitragen kann, dass Krebs gar nicht erst entsteht oder nicht wieder ausbricht.

Während das Buch die wissenschaftlichen Beweise aufführt, gibt ein kleines Beiheft "Krebsvorbeugung im Alltag" konkrete Tipps und Ratschläge. Servan-Schreibers "Antikrebsbuch" ist genau das Buch, auf das man als Krebspatient seit langem gewartet hat. Die Krankenkassen sollten es verschicken, jeder Onkologe seinen Patienten in die Hand drücken. Endlich ein Krebssachbuch, das Mut macht und aufklärt.

Rezensent: Johannes Kaiser

David Servan-Schreiber: Das Antikrebsbuch
Kunstmann Verlag, Frankfurt a.M 2008
352 Seiten, 24.90 Euro