Klimaneutrale Energie
„Jetzt von der Wasserstoffwirtschaft zu reden, die uns aus der Gasabhängigkeit von Putin zum Beispiel herausführt, das ist natürlich eher so ein bisschen Wunschdenken", sagt Volker Quaschning. © IMAGO/Alexander Limbach
Deutschland, die Wasserstoffrepublik?
08:58 Minuten
Die Bundesforschungsministerin verbindet auf dem Weg zur Klimaneutralität viel Hoffnung mit sogenanntem grünen Wasserstoff. Man wolle Deutschland zur Wasserstoffrepublik machen. Ingenieurwissenschaftler Volker Quaschning ist skeptisch.
Auf der Suche nach Energiealternativen hat am Donnerstag Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger den Fokus auf Wasserstoff gelegt und den neuen Wasserstoff-Atlas vorgestellt. Darin wird aufgezeigt, wo und wie Wasserstoff schon genutzt wird in Deutschland und welche Techniken vielleicht einmal exportfähig sein werden. Man sei bei der Energiewende entschlossener denn je, sagte sie.
„Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Das wird nur mit der Zukunftsenergie Wasserstoff auch gelingen. Grüner Wasserstoff ist unsere große Chance, grüner Wasserstoff ist unfassbar vielseitig. Er ist sicher, er ist klimaneutral. Und er ist eben auch aus Ländern zu beziehen, die unsere Werte teilen.“
Zur Wasserstoffrepublik wolle man Deutschland machen, so Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger. Deutsche Wasserstofftechnologien hätten das Zeug, zum Exportschlager zu werden, so die Bundesministerin weiter.
Für Wasserstoff braucht es erneuerbare Energien
Deutschland, die Wasserstoffrepublik - aber wie realistisch ist das überhaupt? Volker Quaschning ist Professor für Regenerative Energiesysteme und er dämpft die hohen Erwartungen. „Man muss erst mal schauen, wo wir momentan stehen. Für Wasserstoff braucht man erneuerbare Energien, um ihn herzustellen. Wasserstoff kann man nicht fördern, wie Erdgas irgendwie aus der Erde rausholen. Und wir haben in Deutschland erst 20 Prozent erneuerbare Energien.“
Das bedeute, bevor signifikante Wasserstoffmengen hergestellt werden können, müsste zunächst „Expresstempo“ beim Ausbau erneuerbarer Energien an den Tag gelegt werden, sagt Volker Quaschning. Man brauche Wasserstofftechnologien, "aber jetzt von der Wasserstoffwirtschaft zu reden, die uns aus der Gasabhängigkeit von Putin zum Beispiel herausführt, das ist natürlich eher so ein bisschen Wunschdenken".
"Es ist unendlich teuer“
Für Volker Quaschning sollten auch die hohen Kosten bedacht werden: „Wasserstoff ist vielleicht nicht der Champagner, aber der Kaviar der Energiewende. Es ist einfach unendlich teuer.“ Deshalb sieht er es auch kritisch, wenn zuweilen suggeriert werde, in manchen Anwendungsgebieten brauche man Wasserstoff wie z.B. bei E-Fuels.
Dennoch werde man an Wasserstoff auch nicht vorbeikommen, um klimaneutral zu werden, meint der Experte für Regenerative Energiesysteme. Stahl könne ohne Wasserstoff nicht klimaneutral hergestellt werden und in den nächsten zehn Jahren könne man auch Langstrecken nicht klimaneutral ohne Wasserstoff fliegen, sagt Volker Quaschning. Man werde Wasserstoff zudem als Energiespeicher brauchen, um mehrere Wochen oder Monate zu überbrücken, wenn es wenig Wind und Sonne gibt.
Insgesamt plädiert der Experte dafür, auch auf andere Technologien wie Batterien oder Wärmepumpen zu setzen. „Wir sollten die Technologien, die sinnvoll sind, entwickeln, aber nicht auf tote Pferde wie zum Beispiel E-Fuels setzen.“