"Eine traumatische, schreckliche Erfahrung"
04:49 Minuten
Das Historische Grüne Gewölbe im Dresdner Residenzschloss ist wieder für Besucher geöffnet. Es war seit dem spektakulären Einbruch vor einem halben Jahr geschlossen. Im Juwelenzimmer ist auch die ausgeraubte Vitrine ausgestellt - leer.
Schon gleich zu Einlassbeginn um 11 Uhr bildet sich eine Schlange vor dem Zugang zum Historischen Grünen Gewölbe. Mit Mundschutz und Abstand versucht Direktor Dirk Syndram die ersten Besucher in Richtung Luftschleuse - dem Eingangsportal zu dieser historischen Schatzkammer - zu lotsen:
"Können die Nächsten bitte einfach schon nachrücken und ein bisschen Platz machen?"
Anspannung und Freude liegen an diesem Tag dicht beieinander.
"Ich freue mich für unsere Besucherinnen und Besucher, dass wir jetzt wieder aufmachen können", sagt die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Marion Ackermann. Doch die Wunde, die der Überfall auf die Glasvitrine mit unwiederbringlichen Juwelen in ihre Seele geschlagen hat, ist tief:
"Das ist für mich eine traumatische, schreckliche Erfahrung gewesen."
Ein Stück Normalität kehrt zurück
Auch für Dirk Syndram, den Direktor des Historischen Grünen Gewölbes, haben die dramatischen Ereignisse vom 25. November 2019 nichts von ihrem Schrecken verloren. Ein Albtraum bis heute:
"Das ist wie bei einem schweren Autounfall, den man erlebt oder so etwas. Man muss erst mal wieder den Schock überwinden und dann auch der Zukunft entgegensehen."
"Das ist wie bei einem schweren Autounfall, den man erlebt oder so etwas. Man muss erst mal wieder den Schock überwinden und dann auch der Zukunft entgegensehen."
Die Wiedereröffnung des Historischen Grünen Gewölbes bringt ein Stück Normalität zurück. Aber durch Corona ist nun doch wieder alles anders, drohen neue Gefahren. Am Museumseingang verteilt Tobias Wiedemann in Plastik verpackte Audioguides:
"Die Geräte funktionieren wie ein Telefon: In der Ausstellung gibt es Zahlen, die sind angeschrieben, je nach Wunsch eingeben, auf grün zum Bestätigen und ans Ohr halten - dieses Blatt zum Kunstraub dazu."
"Die Geräte funktionieren wie ein Telefon: In der Ausstellung gibt es Zahlen, die sind angeschrieben, je nach Wunsch eingeben, auf grün zum Bestätigen und ans Ohr halten - dieses Blatt zum Kunstraub dazu."
Auf einem DIN-A-4-Blatt erfahren die Gäste mehr zum Dresdner Kunstraub, der Audioguide ist noch in Überarbeitung. Dann geht es in die Luftschleuse - mit Mundschutz und einzeln, allenfalls Paare dürfen zusammen hinein.
Auch die ausgeraubte Vitrine wird ausgestellt - bewusst leer
In der Ausstellung dann begeistertes Staunen über die vielfältige, hochkünstlerische und opulente Pracht. Seit 1724 wurden in diesen acht Räumen herausragende Schätze des sächsischen Herrscherhauses präsentiert, vornehmlich um die Gäste zu beeindrucken und wohl auch, um sie ein wenig einzuschüchtern. 3000 frei stehende Objekte höchster Juweliers- und Handwerkskunst sind hier in historisch restaurierter Umgebung zu besichtigen.
Im Juwelenzimmer ist die überfallene Vitrine wieder mit Glas verschlossen, aber leer. Man habe bewusst eine Leerstelle gelassen, sagt die Generaldirektorin Marion Ackermann:
"Wir erzählen nebenan auf der digitalen Stele die ganze Geschichte, um auch sehr offen damit umzugehen und um auch den Menschen Raum zu geben für ihre eigenen Emotionen."
"Wir erzählen nebenan auf der digitalen Stele die ganze Geschichte, um auch sehr offen damit umzugehen und um auch den Menschen Raum zu geben für ihre eigenen Emotionen."
Glücklicherweise konnten die - bis heute nicht ermittelten - Diebe nicht alles aus der Vitrine entwenden. Viele Stücke der Juwelengarnituren sind noch da. Sie haben vorübergehend einen neuen Platz gefunden, sagt Direktor Dirk Syndram und zeigt auf zwei kleine Vitrinen:
"Das heißt, wir haben die Perlen der Königin, die Gott sei Dank unversehrt geblieben sind, und den Brillantschmuck der Königin, der immer noch strahlt. Wir haben die Teile der Diamantrautengarnitur auf einem eigenen Tableau und dann auf der anderen Seite doch sehr, sehr vieles aus der Brillantgarnitur - dann eben dort präsentiert."
"Das heißt, wir haben die Perlen der Königin, die Gott sei Dank unversehrt geblieben sind, und den Brillantschmuck der Königin, der immer noch strahlt. Wir haben die Teile der Diamantrautengarnitur auf einem eigenen Tableau und dann auf der anderen Seite doch sehr, sehr vieles aus der Brillantgarnitur - dann eben dort präsentiert."
Internationale Kommission kümmert sich um Sicherheit
Ungeachtet dessen bleibt die Frage nach der Sicherheit. Eine von der sächsischen Kulturministerin, Barbara Klepsch, berufene, hochkarätige internationale Museumsexpertenkommission soll demnächst erstmalig tagen und die Dresdner Kunstsammlungen in Sicherheitsfragen beraten. Es sei unerlässlich, einen gesamtheitlichen Blick auf die Sicherheitsthematik zu werfen, betont Generaldirektorin Marion Ackermann:
"Es ist eine andauernde Aufgabe bei einer immer größer werdenden Dynamik von technischen Entwicklungen und auch kriminellen Handlungen. Und diese Bewegungen machen vor nationalen Grenzen ja nicht halt, deshalb muss man es global und international angehen und da haben wir große Unterstützung von allen Seiten."