Bedenkliche Machtverschiebung auf die Exekutive
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Der aktuelle Grundrechte-Report stellt klar: Der Staat muss Maßnahmen gegen die Pandemie ergreifen. Der ebenso laxe wie pragmatische Umgang mit der Beschneidung von Grundrechten dürfe jedoch nicht Normalität werden, warnt die Juristin Sarah Lincoln.
Jährlich wird der Grundrechte-Report vorgestellt. Das gemeinsame Projekt von zehn Bürger- und Menschenrechtsorganisationen trägt zusammen, wo und wie im Laufe eines Jahres Gesetzgeber, Verwaltung und Behörden, aber auch Gerichte und Privatunternehmen die demokratischen und freiheitlichen Grundlagen unserer Gesellschaft gefährden.
Keine Nähe zu Querdenkern
Der diesjährige Report trägt den Titel "Ungleiche (Un-)Freiheiten in der Pandemie". Die Juristin Sarah Lincoln, Fallkoordinatorin bei der Gesellschaft für Freiheitsrechte, Wirtschaft und Menschenrechte, stellt klar: Mit den Ideen der Querdenker habe der Report nichts gemeinsam.
Es sei klar, dass der Staat Maßnahmen gegen die Pandemie ergreifen müsse und dass dabei zwischen verschiedenen Grundrechten abgewogen werden müsse: etwa zwischen Reise- und Versammlungsfreiheit auf der einen und der Unversehrtheit und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger auf der anderen Seite.
Trotzdem sei es wichtig, dem Staat "auf die Finger zu schauen". Denn: "So weit reichende Grundrechteeingriffe gab es in den zurückliegenden 70 Jahren noch nie." Als "bedenklich und nicht erforderlich" stuft Lincoln beispielsweise pauschale Demonstrationsverbote zu Beginn der Pandemie ein oder auch das Verbot, sich alleine in einem Park aufzuhalten.
Laxer Umgang mit Grundrechteeingriffen
Auch seien unter anderem die Rechte von Geflüchteten, die "in engen Sammelunterkünften unter Zwangsquarantäne standen", stark eingeschränkt worden.
Vor allem aber kritisiere der Report "die Machtverschiebung auf die Exekutive: Weitreichende Grundrechtsveränderungen wurden ja per Verordnung entschieden und nicht, wie in einer Demokratie vorgesehen, im Parlament", sagt Lincoln.
Obwohl damit zu rechnen sei, dass alle Einschränkungen der Freiheitsrechte bald zurückgenommen würden, nennt die Juristin eine möglich Gefahr: "Dass sich dieser sehr laxe oder pragmatische Umgang mit Grundrechtseingriffen und auch diese Machtverschiebung auf die Exekutive vielleicht künftig auch auf andere Bereiche überträgt – etwa in der inneren Sicherheit und beim Ausbau von Polizeibefugnissen. Das wäre wirklich verheerend."
(mkn)