GSW-Hochhaus in Berlin

Streit um eine einzigartige Fassade

07:39 Minuten
Abendhimmel in Berlin mit Fernsehturm und GSW-Hochhaus.
Rot in allen Variationen: Ob das GSW-Hochhaus sein charakteristisches Aussehen behält, ist unklar. © picture alliance/dpa/Stefan Jaitner
Nikolaus Bernau im Gespräch mit Britta Bürger |
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Die Fassade des GSW-Hochhauses in Berlin ist ein Hingucker und ökologisch vorbildlich. Doch nun sollen die Lamellen am Gebäude durch schnöde Rollos ersetzt werden. Für den Architekturkritiker Nikolaus Bernau ist das die Banalisierung eines Kunstwerks.
Ob vom Alexanderplatz oder vom Funkturm aus: Das GSW-Hochhaus in Berlin ist schon vom Weiten zu erkennen. Unverwechselbar ist es durch seine Fassade, die in allen Rottönen schimmert. An der Außenseite des Gebäudes sind Lamellen angebracht, die sich je nach Sonnenstand verschieben. So bleibt es innen auch ohne Klimaanlage immer angenehm kühl.
Doch die Fassade droht zu verschwinden: Die Eigentümer wollen die Sonnenpaneele durch gewöhnliche Rollos ersetzen. Dagegen regt sich Widerstand: Das Architektenbüro Sauerbruch Hutton, das das Haus in den 1990er-Jahren geplant hat, hat eine Petition im Internet initiiert. In einem offenen Brief protestieren die Planer gegen die "Entstellung der ehemaligen GSW Hauptverwaltung".

Der Anfang ökologischen Bauens in Berlin

Das Hochhaus markiere den Beginn der Hightech-Ökoarchitektur in Berlin, sagt der Architekturkritiker Nikolaus Bernau: "Die Selbstkühlung des Hauses durch die Betondecken, die sich selbst kühlende Fassade: Das sind Elemente, die heute selbstverständlich in der Architektur sind, aber, als der Bau geplant wurde, revolutionär waren."
Auch dass das nebenanstehende Hochhaus aus den 1960er-Jahren nicht abgerissen, sondern in die Planung mit einbezogen wurde, sei Ressourcenschonung gewesen in einer Zeit, in der "fröhlich abgebrochen wurde und man darüber nicht nachgedacht hat", sagt Bernau. Der jetzt geplanten Fassadenumgestaltung kann der Architekturkritiker wenig abgewinnen: "Ein tolles Kunstwerk wird banalisiert."
Eröffnet wurde das Gebäude 1999 als Hauptsitz der damals städtischen und inzwischen privatisierten Immobiliengesellschaft GSW. Diese sei ehemals vom Berliner Senat gezwungen worden, das gerade erst eingeweihte Gebäude mit 40 Millionen Euro Verlust zu verkaufen, berichtet Bernau: "Das war im Grunde genommen eine unglaubliche Peinlichkeit." Seitdem gab es verschiedene Eigentümer, zurzeit ist das Haus im Besitz der Firma Sienna Real Estate und heißt offiziell "Rocket Tower", nach dem Start-up-Unternehmen Rocket Internet, das der Hauptmieter ist.

Kann die Fassade gerettet werden?

Um den Umbau des GSW-Hochhauses zu verhindern, gebe es zwei Möglichkeiten, meint Bernau. Zum einen könne man das Urheberrecht nutzen, das die künstlerische Leistung der Architekten schütze. Dazu müsse schöpferische Individualität nachgewiesen werden, sagt Bernau. Im Fall des GSW-Hochhauses sei das kein Problem: "Das ist gestaltet bis in die letzte Türklinke hinein."
Die zweite Möglichkeit sei, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. Hier sei die Politik gefragt. Aber ob diese sich bei einer Sache engagieren wolle, bei der sie sich bisher nicht mit Ruhm bekleckert habe, sei fraglich, meint Bernau.
(beb)

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