Guido Westerwelle besser nicht ins Auswärtige Amt

Von Sabine Adler, Hauptstadtstudio |
Er war die Personifizierung des Horrors. Als Sozialdemokraten im Wahlkampf vor einem schwarz-gelben Gruselkabinett warnten, galt Guido Westerwelle als Außenminister als Schreckgespenst schlechthin.
Wovor genau sollten sich die Wähler fürchten? Vor dem Schwulen, der nun das Land nach außen vertritt? Sicher nicht, denn wenn jemand für die Akzeptanz von Homosexuellen eingetreten ist, dann ja wohl SPD und Grüne. Deutschland muss die Wahl seines Außenministers weiß Gott nicht davon abhängig machen, ob die arabische Welt damit zurechtkommt oder Russland, wo man noch immer glaubt, dass Menschen mit homosexueller Orientierung einfach nur fehlgeleitet sind und umerzogen werden können. Wo die Teilnahme an einer Schwulendemonstration nicht minder gefährlich ist, als sich auf die Seite der unterdrückten und kaum noch vorhandenen Opposition bzw. Menschenrechtler zu stellen.

Doch wofür steht der Chefliberale außenpolitisch? In Erinnerung ist Westerwelles Partei einzig mit der Ablehnung des Einsatzes der deutschen Marine im Rahmen des UNIFIL-Mandats im Libanonkrieg 2006 geblieben.

Anders bei Steuerfragen. Die vertritt er zwar monothematisch aber doch so glaubwürdig, dass ihn und seine Partei immerhin 14,6 Prozent der Wähler ihre Stimme gegeben haben, mehr als jemals zuvor.

Wenn er jetzt das Auswärtige Amt nicht übernehmen soll, dann wahrlich nicht wegen bescheidener Englischkenntnisse. Die lassen sich verbessern. Die Rolle, die er für sich im Sinn hat, die Schablone, geprägt von FDP-Traditionen im Auswärtigen Amt, ist falsch an allen Ecken und Enden.

Wie ein Schönheitschirurg schnippelt Westerwelle an seiner Person, anstatt sich zu nehmen, wie er ist. Westerwelle ist dann gut und überzeugend, wenn er spontan sein darf, witzig, polemisch, polarisierend. Man sieht ihn förmlich vor sich, wie er von der Opposition für falsch gehaltene Steuersenkungen im Bundestag mit Verve verteidigt. Nichts spricht gegen einen Vizekanzler, der das Finanzressort leitet…

Wenn sich Westerwelle künstlich dämpft, wie jüngst im Bundestag bei der Afghanistan-Debatte nach dem Tanklaster-Angriff der Bundeswehr in Kundus, wirkt er unglaubwürdig. Mutet an, als würde er den ernsthaften Staatsmann nur spielen, um alsbald in sein wahres Naturell zurückzufallen.

So wenig wie der SPD-Spitzenkandidat und Außenminister einen echten Rabauken geben konnte, so wenig wird Westerwelle als Chefdiplomat durchgehen. Wenn er eines nicht kann, dann genau das. Und wofür sich auch über Jahre hinweg derartig an die Kandare nehmen? Warum der Partei und Regierung die eigentlichen Stärken vorenthalten? Diese Anstrengung ist überflüssig.

Wie leicht der vom Amt geliehene Glanz verblasst, wie schnell Beliebtheitswerte in den Keller sausen, durfte der noch amtierende Hausherr am Werderschen Markt gerade erleben. Auch bei Frank-Walter Steinmeier hielt sich die Freude übrigens in engen Grenzen, wenn er zur Seite treten musste, sobald die Kanzlerin den roten Teppich für sich allein beanspruchte. Denn eines dürfte Westerwelle nicht entgangen sein: Seiner Freundin Angela macht Außenpolitik auch sehr viel Spaß.