Guildos Gäste waren cooler
Der Musiker Guildo Horn betritt mit "Guidos Gäste" Neuland im Deutschen Fernsehen: Eine Talkshow mit geistig Behinderten gab es im deutschen Fernsehen bislang nicht. Schon vor seiner Musikerkarriere hat Horn mit Behinderten gearbeitet, bei der Trierer Lebenshilfe. Bei der Premierensendung klebte der Moderator leider jedoch zu sehr an seiner Kunstfigur, während seine Gäste unverkrampft blieben.
"Alles klar. Prost erstmal auf die Sendung."
"Okay, weiß ja nicht, was du vorhast."
"Ich habe überhaupt keine Ahnung, was ich vorhab."
Guildo Horn sitzt mit vier Gästen in einer Wohnzimmeratmosphäre. Er trägt einen knallblauen Anzug mit kurzer Hose, blödelt ein bisschen herum, schafft eine lockere Stimmung. Und kommt dann direkt zur Sache.
"Kirsten, sach mal, wer biste eigentlich?"
"Ich bin Kirsten und wohne in Wesseling."
Die 24-Jährige erzählt, dass sie von zu Hause ausziehen will. Sie fühlt sich von ihren Eltern kontrolliert. Guildo Horn fährt ihr ins Wort. Ihre Eltern seien doch ganz liberale Leute. Kirsten kommt ein bisschen ins Schleudern. Am Wochenende sei schon alles okay, sie möchte einfach mehr Freiheit. Ein professioneller Interviewer würde behutsam weiter bohren und mehr über Kirstens Ziele und Träume erfahren wollen. Aber um Professionalität geht es nicht in der Talkshow "Guildo und seine Gäste".
Die Sendung läuft ab wie ein Kneipengespräch unter Kumpels. Die Gesprächspartner sind geistig Behinderte. Aber sie reden nicht darüber, dass sie ein Down-Syndrom haben oder Autisten sind. Einer sitzt im Rollstuhl, einem anderen zittern die Beine. All das wird nur auf Umwegen zum Thema, wenn die Gäste vom Kampf um Selbstständigkeit erzählen. Behindert sein ist normal, die Sendung will Leben abbilden. Das geht nicht ohne Form.
Guildo Horn ist keinesfalls so ahnungslos, wie er am Anfang vorgibt. Kurze Einspieler sind vorbereitet, "Bild"-Zeitungen zurechtgelegt, kleine Scherze erkennbar abgesprochen. Horn hält die Fäden in der Hand, lässt mal locker, zieht schnell wieder an. Die Themen der letzten Woche werden durch gehechelt. Wer ist Fußball-Weltmeister? Wie war das mit Klinsmanns Rücktritt? Von allgemeinen Themen kommt Guildo Horn schnell auf persönliche Fragen. Rudi Carrell ist tot. Und was ist mit dem eigenen Sterben? Darüber haben die vier noch nicht nachgedacht. Klaus erzählt von der Beerdigung seiner Mutter.
"Wie alt war die, als sie gestorben ist. Klaus!"
"Weiß ich so genau auch nicht mehr."
"Warste traurig?"
"Ja, ich war traurig zum Schluss. Ich bin zur Beerdigung zu ihr hin gegangen, hab noch geweint, Mama, warum musste das alles so passieren. Da habe ich so geweint am Grab. Und ich wusste gar nicht mehr was los war."
Klaus verzieht das Gesicht. Fast kommen ihm die Tränen, als er an die Beerdigung denkt. Das ist so ein unverstellter, emotionaler Moment, wie ihn die Talkshow zeigen will. Sensationsgierig wirkt das nicht. Guildo Horn hat einen ruppigen, freundschaftlichen, manchmal etwas plumpen Ton, den seine Gäste erkennbar gern haben. Er nimmt sie ernst, gerade wenn er mit ihnen Unsinn macht.
Trotzdem bleibt die Show zu oberflächlich. 30 Minuten sind wenig Zeit, um vier Menschen kennen zu lernen. Guildo Horn wirkt oft gehetzt, fällt seinen Gästen ins Wort, reißt platte Witze. Er hat viele ehrliche Töne, klebt aber zu sehr an seinem Image. Vielleicht sollte nicht die Kunstfigur Guildo Horn diese Sendung moderieren, sondern der Mensch dahinter, der Horst Köhler heißt. Verkrampft wirkten in der ersten Sendung jedenfalls nicht die Gäste, sondern manchmal der Talkmaster.
"Magst die Frauen?"
"Ja."
"Ja? Was findste gut an denen? Was denn?"
"Die Oberweite."
"Die Oberweite. Alles klar. Ist also schon ein fleischliches Ding, ne?"
Service:
Die nächsten Sendungen laufen am 25. Juli, 1. und 8. August, jeweils 23.05 Uhr im Südwestfernsehen.
Guildo Horn sprach im Radiofeuilleton von Deutschlandradio Kultur über seine Talkshow. Sie können das vollständige Gespräch mit ihm für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.
"Okay, weiß ja nicht, was du vorhast."
"Ich habe überhaupt keine Ahnung, was ich vorhab."
Guildo Horn sitzt mit vier Gästen in einer Wohnzimmeratmosphäre. Er trägt einen knallblauen Anzug mit kurzer Hose, blödelt ein bisschen herum, schafft eine lockere Stimmung. Und kommt dann direkt zur Sache.
"Kirsten, sach mal, wer biste eigentlich?"
"Ich bin Kirsten und wohne in Wesseling."
Die 24-Jährige erzählt, dass sie von zu Hause ausziehen will. Sie fühlt sich von ihren Eltern kontrolliert. Guildo Horn fährt ihr ins Wort. Ihre Eltern seien doch ganz liberale Leute. Kirsten kommt ein bisschen ins Schleudern. Am Wochenende sei schon alles okay, sie möchte einfach mehr Freiheit. Ein professioneller Interviewer würde behutsam weiter bohren und mehr über Kirstens Ziele und Träume erfahren wollen. Aber um Professionalität geht es nicht in der Talkshow "Guildo und seine Gäste".
Die Sendung läuft ab wie ein Kneipengespräch unter Kumpels. Die Gesprächspartner sind geistig Behinderte. Aber sie reden nicht darüber, dass sie ein Down-Syndrom haben oder Autisten sind. Einer sitzt im Rollstuhl, einem anderen zittern die Beine. All das wird nur auf Umwegen zum Thema, wenn die Gäste vom Kampf um Selbstständigkeit erzählen. Behindert sein ist normal, die Sendung will Leben abbilden. Das geht nicht ohne Form.
Guildo Horn ist keinesfalls so ahnungslos, wie er am Anfang vorgibt. Kurze Einspieler sind vorbereitet, "Bild"-Zeitungen zurechtgelegt, kleine Scherze erkennbar abgesprochen. Horn hält die Fäden in der Hand, lässt mal locker, zieht schnell wieder an. Die Themen der letzten Woche werden durch gehechelt. Wer ist Fußball-Weltmeister? Wie war das mit Klinsmanns Rücktritt? Von allgemeinen Themen kommt Guildo Horn schnell auf persönliche Fragen. Rudi Carrell ist tot. Und was ist mit dem eigenen Sterben? Darüber haben die vier noch nicht nachgedacht. Klaus erzählt von der Beerdigung seiner Mutter.
"Wie alt war die, als sie gestorben ist. Klaus!"
"Weiß ich so genau auch nicht mehr."
"Warste traurig?"
"Ja, ich war traurig zum Schluss. Ich bin zur Beerdigung zu ihr hin gegangen, hab noch geweint, Mama, warum musste das alles so passieren. Da habe ich so geweint am Grab. Und ich wusste gar nicht mehr was los war."
Klaus verzieht das Gesicht. Fast kommen ihm die Tränen, als er an die Beerdigung denkt. Das ist so ein unverstellter, emotionaler Moment, wie ihn die Talkshow zeigen will. Sensationsgierig wirkt das nicht. Guildo Horn hat einen ruppigen, freundschaftlichen, manchmal etwas plumpen Ton, den seine Gäste erkennbar gern haben. Er nimmt sie ernst, gerade wenn er mit ihnen Unsinn macht.
Trotzdem bleibt die Show zu oberflächlich. 30 Minuten sind wenig Zeit, um vier Menschen kennen zu lernen. Guildo Horn wirkt oft gehetzt, fällt seinen Gästen ins Wort, reißt platte Witze. Er hat viele ehrliche Töne, klebt aber zu sehr an seinem Image. Vielleicht sollte nicht die Kunstfigur Guildo Horn diese Sendung moderieren, sondern der Mensch dahinter, der Horst Köhler heißt. Verkrampft wirkten in der ersten Sendung jedenfalls nicht die Gäste, sondern manchmal der Talkmaster.
"Magst die Frauen?"
"Ja."
"Ja? Was findste gut an denen? Was denn?"
"Die Oberweite."
"Die Oberweite. Alles klar. Ist also schon ein fleischliches Ding, ne?"
Service:
Die nächsten Sendungen laufen am 25. Juli, 1. und 8. August, jeweils 23.05 Uhr im Südwestfernsehen.
Guildo Horn sprach im Radiofeuilleton von Deutschlandradio Kultur über seine Talkshow. Sie können das vollständige Gespräch mit ihm für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.