Leben und Lieder eines Unbequemen
55:07 Minuten
Der DDR-Liedermacher Gerhard Gundermann polarisiert: Die einen verurteilen ihn wegen seiner Stasi-Tätigkeit, die anderen schwärmen von seinem Talent. Grit Lemke erinnert 22 Jahre nach seinem Tod in einer Dokumentation an den Musiker.
Dicke Brille, dünne Haare: Als die Filmemacherin Grit Lemke ihn das erste Mal sah, hat sie über ihn gelacht – und bekam von ihrer Cousine eine Kopfnuss. Über Gerhard Gundermann lacht man schließlich nicht.
Bis zu seinem frühen Tod 1998 war Grit Lemke mit ihm befreundet. Mit "Gundermann Revier" hat sie ihm einen Dokumentarfilm gewidmet - ihm, Gundermann, dem Baggerfahrer aus der Lausitz, dem Liedermacher, dem Informellen Stasi-Mitarbeiter, der auch selbst bespitzelt wurde. Ursprünglich sollte der Film in die Kinos kommen - jetzt erscheint er coronabedingt voerst auf DVD.
Kann man die DDR ohne Stasi erzählen?
Nachdem Andreas Dresens Spielfilm "Gundermann" den Liedermacher inklusive seiner Stasivergangenheit ins öffentliche Bewusstsein gerückt hat, geht Grit Lemke in ihrer Dokumentation über dieses Lebenskapitel hinaus. Sie blättert die Geschichte eines Streitbaren mit provokanten Gedanken auf, der gerne sagt, was er denkt. Egal, was für Konsequenzen das hat.
Lemke glaubt, dass sie anhand Gundermanns Geschichte die DDR wieder anders erzählen konnte und berichtet von überwältigenden Reaktionen auf ihren Film. Die Regisseurin, die selbst in Hoyerswerda großgeworden ist, erzählt von Aufführungen im Braunkohlerevier in der Lausitz, bei denen hinterher das ganze Kino gemeinschaftlich geheult habe.
Heute wieder in vieler Ohren
Und dann sind da natürlich seine Lieder zu hören. Wehmütig, melancholisch aber auch trotzig und nachdenklich. Sie werden auch heute noch gesungen: vom Bürgerchor in Hoyerswerda genauso wie im tiefsten Westen von der Randgruppencombo aus Tübingen und sogar von seiner eigenen Tochter Linda. Die sich für ihren Vater freut. Über zwanzig Jahre nach seinem frühen Tod wird er wieder und neu entdeckt.