Konservative Frauen in den USA

Kommt die erste US-Präsidentin von rechts?

06:53 Minuten
Cover des Buchs "Guns n‘ Rosé" von Annett Meiritz und Juliane Schäuble
© Ch. Links Verlag

Juliane Schäuble, Annett Meiritz

Guns n' Rosé. Konservative Frauen erobern die USACh. Links Verlag, Berlin 2022

256 Seiten

18,00 Euro

Von Catrin Stövesand |
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Der konservative Feminismus ist eine gut organisierte Bewegung, die sich Religion, Familie und Freiheit auf die Fahnen schreibt. Sie ist auf dem Vormarsch. Zwei deutsche USA-Korrespondentinnen beleuchten in "Guns n' Rosé" ein unterschätztes Phänomen.
Spätestens seit in den USA das bundesweite Abtreibungsrecht gekippt worden ist, schaut die Öffentlichkeit verstärkt auf die konservativen Frauen, auf den konservativen Feminismus in Amerika. Denn ohne diese Bewegung wäre dieser Schritt nicht erfolgt, sind sich die Journalistinnen Annett Meiritz und Juliane Schäuble sicher. Fast alle Verbände gegen Abtreibung würden von Frauen geführt oder seien von ihnen gegründet worden. Die Autorinnen sind durch die Vereinigten Staaten gereist und haben sich angeschaut, wer die treibenden Kräfte der konservativen Frauenbewegung sind, wie sie vernetzt sind, und wie es ihnen gelingt, trotz übersichtlicher Anzahl so wirksam und sichtbar zu agieren.
„Die konservativen Frauen in den USA, die sind mehrheitlich weiß, oftmals privilegiert", sagt Annett Meiritz. "Aber wir räumen in unserem Buch auch ein wenig auf mit dem Klischee, dass Diversität nur im linken Lager existiert. Wir haben mit Afroamerikanerinnen, mit weiblichen Asian Americans, mit Latinas gesprochen, die sagen, wir lassen uns nicht vom linken Lager vereinnahmen, wir sind klar konservativ. Das zweite ist diese extrem gute Organisation. Die stehen geschlossen und selbstbewusst da. Und der dritte, sehr interessante Aspekt ist, dass alle diese Frauen, die wir gesprochen haben, selbst Macht übernehmen wollen.“
Diese Frauen wollen keinem männlichen Politiker den Boden ebnen, sie wollen selbst an die Spitze. Das arbeiten Meiritz und Schäuble anhand zahlreicher Beispiele heraus und entkräften damit ein Vorurteil in Bezug auf konservative Frauen.

Frauen nutzen Trump als Sprungbrett

Eine der Protagonistinnen im Buch: die republikanische Parteichefin Ronna McDaniel. Sie steht für die Radikalisierung der Partei. So nährt sie die jeglicher Grundlage entbehrenden Zweifel am Ergebnis beziehungsweise Ablauf der vergangenen Präsidentschaftswahl. Außerdem ist sie mitverantwortlich für innerparteiliche Sanktionen gegen Liz Cheney und Adam Kinzinger, die am Untersuchungsausschuss zum Putschversuch am 6. Januar 2021 mitgewirkt haben. Beide wurden in der entsprechenden Parteiresolution als „destruktive Kräfte“ bezeichnet.
Gleichzeitig ist Ronna McDaniel, Chefin des Republican National Committee (RNC) auch einfach pragmatisch, wie es im Buch heißt:

McDaniel ist entschlossen, einen schwierigen Balanceakt hinzukriegen: Einerseits setzt sie auf Trump, denn die Partei kann nicht ohne ihn, davon ist McDaniel überzeugt, andererseits darf sie nicht allen Wahnsinn mitmachen. Mit diesem Ansatz sollen wieder Wahlen gewonnen werden. Die RNC-Chefin spricht häufig mit dem Ex-Präsidenten (…) Es heißt, unter vier Augen könne sie bei Trump, anders als die meisten, durchaus Kritik anbringen.

aus: "Guns n' Rosé"

Wenn Liz Cheney als moderat gilt

Ähnlich klingen die Beschreibungen zu Amy Coney Barrett, der neuen Richterin am Obersten Gerichtshof.
Eine pragmatische und widersprüchliche Figur – sehr konservativ in ihren Ansichten, aber ihre Position verdankt sie der Emanzipation –, vorangetrieben vom linken Feminismus, den sie ablehnt. Diese Widersprüchlichkeit sehen die Autorinnen als einen Grund dafür, warum diese Frauen unterschätzt werden. Dabei ist diese Haltung nichts anderes als machtpolitisches Kalkül.

Cheneys Kampf zeigt, dass es die Moderaten in der Republikanischen Partei noch gibt. Sie sind allerdings in der Minderheit und drohen im Chor der extremen Stimmen unterzugehen. Wobei vielleicht das Wort ‚moderat‘ schon zeigt, wie sehr sich die Koordinaten (…) verschoben haben. Denn wenige hätten die Tochter von Dick Cheney vor dem 6. Januar wohl als ‚moderat‘ beschrieben.

aus: "Guns n' Rosé"

Moderat sein ist ein Makel, so richten sich die Republikaner nach Ansicht von Meiritz und Schäuble gerade aus, und das gilt eben auch für die Frauen.

Im Bildungsbereich besonders erfolgreich

Ein Bereich, den die konservativen Frauen sehr erfolgreich besetzen, ist die Bildungspolitik. Das Buch berichtet über Frauen, die den Elternzorn gegen das Pandemiemanagement instrumentalisieren und die vor allem die Debatten über Werteerziehung und Genderfragen aufgreifen.
Weitere prominente Köpfe im Buch sind Nikky Haley, die ehemalige UN-Botschafterin, Kristi Noem, die Gouverneurin von South Dakota – und als Gegenspielerin dieser radikal Konservativen: Liz Cheney. Die Trump-Kritikerin steht im Buch für die politische Mitte, die es derzeit schwer hat. So hat Cheney bei den Vorwahlen in Wyoming auch gerade gegen die Trump-Kandidatin verloren.
Organisationen wie Parents Defending Education seien politisch sehr wirksam, erläutert Annett Meiritz: „Ich habe mit einer ehemaligen Kongressmitarbeiterin gesprochen, die im Weißen Haus unter Trump saß, und die jetzt mit solchen Verbänden in den Bundesstaaten arbeitet: dass beispielsweise Pro-Transgender-Bücher verbannt werden oder andere Bücher, die Konservative stören. Und der Schlüssel ist die Vernetzung mit der großen Politik, mit Kongressabgeordneten, Gouverneuren, Landespolitikern. Und die sagte zu mir: ‚Als ich im Weißen Haus war, hatte ich die Ressourcen und das Geld. Jetzt bin ich viel mächtiger, weil wir das Netzwerk haben, weil wir grenzenlos agieren können und weil keiner auf uns schaut‘.“
Unterschätzt und unbeobachtet – so konnte die konservative Frauenbewegung ihr Netzwerk ausbauen und wirkmächtig machen. Annett Meiritz und Juliane Schäuble haben dieses Phänomen mit ihrem Buch ins Rampenlicht gestellt. Sie verdeutlichen die Strategien, Denkmuster und Ziele. Und sie machen klar: Die konservativen Frauen werden nicht nur bei den Zwischenwahlen eine wichtige Rolle spielen.
Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen 2024 erklärt Annett Meiritz: „Es gibt natürlich Herausforderinnen von Trump innerhalb der Republikanischen Partei, oder die auf jeden Fall kandidieren werden, die sich bewerben auf die Präsidentschaftskandidatur. Und diese Frauen machen sich schon bereit: Nikki Haley, möglicherweise Liz Cheney, vielleicht noch eine der Gouverneurinnen. Sie werden auf jeden Fall sichtbarer. John Kornblum, der frühere US-Botschafter in Deutschland, hält es durchaus für möglich, dass die erste US-Präsidentin eine Republikanerin sein wird. Wenn nicht 2024, dann bei den nächsten Präsidentschaftswahlen.“

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