Maurice Philip Remy: "Der Fall Gurlitt. Die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal", Europa Verlag, 600 Seiten, 35 Euro, erscheint am 3. November 2017
Ausstellung "Bestandsaufnahme Gurlitt. 'Entartete Kunst' - beschlagnahmt und verkauft", Kunstmuseum Bern, 2. November 2017 bis 4. März 2018
Ausstellung "Bestandsaufnahme Gurlitt. Der NS-Raub und die Folgen", Bundeskunsthalle Bonn, 3. November 2017 bis 11. März 2018
Mit der Aufarbeitung noch lange nicht am Ende
Dem Kunstsammler Cornelius Gurlitt wurde nach neuesten Recherchen Unrecht getan: Nur wenige seiner 1500 Kunstwerke stellten sich als NS-Raubkunst heraus. Kunstkritiker Carsten Probst sieht den Fall dennoch als Teil eines wichtigen Lernprozesses.
Von einem vermeintlichen "Nazi-Schatz" war in den Medien 2013 die Rede, als der so genannte Schwabinger Kunstfund öffentlich gemacht wurde: eine Sammlung, die der greise Cornelius Gurlitt von seinem Vater, dem NS-Kunsthändler Hildebrand Gurlitt, geerbt hatte. Wie das neue Buch von Maurice Philip Remy - "Der Fall Gurlitt. Die wahre Geschichte über Deutschlands größten Kunstskandal" - belegt, wurden die allermeisten Bilder zu Unrecht beschlagnahmt.
Spekulationen schossen anfangs ins Kraut
Dennoch: Die Debatte über Raubkunst auch in Museen und Provenienzforschung nahm an Fahrt auf. Kunstkritiker Carsten Probst spricht im Deutschlandfunk Kultur von einer "Bewusstseinsarbeit", einem Prozess, der bereits mit der Restitution des Kirchner-Gemäldes "Berliner Straßenszene" 2006 begonnen hatte. Die "Kampflinien" seien schon damals zwischen denen verlaufen, die etwas bewahren wollten - den Museen - und jenen, die einen riesigen Bereich erkannten, der noch nicht genügend erhellt worden war:
"Ich glaube, daraus leitet sich auch ein bisschen die (…) Hysterie bei den Journalisten ab, die am Anfang (im Fall Gurlitt - d. Red.) vielleicht ein bisschen zu viel auf die Tube gedrückt haben. Wo ein Bereich ist, der nicht aufgeklärt ist, der zu wenig Fakten präsentiert, schießen die (…) Spekulationen anfangs natürlich ins Kraut. Insofern war es auch erst mal im Fall Gurlitt ein Lernprozess."