Gut angelegte Milliarden
Die Bundeskanzlerin hat erklärt, dass am Atomausstieg nicht gerüttelt wird - auch wenn die Energiewende mindestens 57 Milliarden Euro kosten wird und dies dem Wahlvolk im Herst 2013 sauer aufstoßen könnte. Doch um den Kraftakt zu meistern, müssen konkrete Beschlüsse folgen, meint Theo Geers.
3800 Kilometer neue Stromtrassen, weitere 4000 Kilometer, die ausgebaut werden, beides zusammen für 20 Milliarden Euro. Dazu noch einmal 12 Milliarden nur für Seekabel, um die Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee an die Stromtrassen an Land anzuschließen. Und noch einmal 25 Milliarden Euro, um die nachgeordneten Verteilnetze bis in jedes Haus hinein zu ertüchtigen. Und in zehn Jahren soll alles geschafft sein.
Es sind imposante Zahlen, die uns in dieser Woche über den notwendigen Ausbau der Stromnetze präsentiert wurden. Und auf den ersten Blick sind 57 Milliarden Euro auch eine happige Rechnung, selbst wenn sie sich auf zehn Jahre verteilen. Aber es sind gut angelegte Milliarden, wenn man sich den tieferen Sinn dieser ganzen Aktion ins Gedächtnis ruft: Immerhin geht es um den Ausstieg aus der Risikotechnologie Atomkraft. Wem das zu teuer erscheint, dem sei ein Besuch in Fukushima und Umgebung empfohlen. Dort sind die Kosten eines einzigen Atomunfalls schon jetzt höher als das, was wir uns die Energiewende in den nächsten Jahren kosten lassen.
Wohltuend deshalb in dieser Woche die deutlichen Worte der Kanzlerin, die keinen Zweifel daran ließ, dass am deutschen Atomausstieg nicht gerüttelt wird. Atomausstieg heißt aber auch Abmarsch ins Zeitalter der erneuerbaren Energien. Da aber dämmert der Kanzlerin erst jetzt, was für ein Projekt sie unter dem Schock von Fukushima ausgerufen hat. Diese Energiewende könnte dereinst mit dem Namen Angela Merkel so verbunden sein wie der Name Willy Brandt mit der Ostpolitik oder der Helmut Kohls mit der deutschen Einheit. Für die Kanzlerin steht also einiges auf dem Spiel. Doch es geht nicht um persönlichen Ruhm einer Einzelnen. Es geht darum zu zeigen, dass in einem Land wie Deutschland, das eine Industrienation bleiben will, diese Energiewende machbar ist. Technisch, aber auch zu bezahlbaren Preisen, und zwar gleichermaßen bezahlbar für Verbraucher wie für Unternehmen. Über ihren Preis geht diese Energiewende jeden an, weil sie jeden trifft. Das aber hat die Kanzlerin erst reichlich spät realisiert. Was hinter der Steckdose passiert und welche ungelösten Probleme da vor sich hin dümpelten, war ihr nach Verkündung der Energiewende erst einmal egal.
Ein Jahr hat es gedauert, bis diese Energiewende vom Zankapfel zweier Minister zur Chefsache wurde. Aufgewacht ist Angela Merkel eigentlich erst, als ihr langjähriger Umweltminister als Wahlkämpfer entzaubert worden war - und als Garant einer sich auf gutem Wege befindenden Energiewende gleich mit. Und einen weiteren Stromstoß hat sie erhalten beim Blick in den politischen Kalender. Danach steht nach Lage der Dinge in gut einem Jahr eine für Angela Merkel nicht ganz unwichtige Wahl an, und pünktlich zu dieser Wahl sollen ihr dann nicht die ganzen Probleme vor die Füße fallen, die diese Bundesregierung nicht gelöst bekommt. Das erklärt auch das plötzliche Interesse der Kanzlerin an den offenen Problemen bei der Energiewende. Es ist nicht nur Sorge um das Land, es ist auch Sorge um die Macht.
Tatsächlich könnte sich in punkto Energiepolitik im kommenden Jahr einiger Ärger im Volk über der Kanzlerin zusammenbrauen. Beim Netzausbau sollen Bürger jetzt gerade mal sechs Wochen Zeit haben, sich mit Eckpunkten vertraut zu machen, wobei das Wort "Eckpunkte" besser durch "Endpunkte" beschrieben wird. Denn nur die Endpunkte der neuen Stromtrassen stehen seit dieser Woche fest, ihr genauer Verlauf noch nicht. Und damit bleibt die spannende Frage erst einmal offen, vor wessen Wohnzimmerfenster genau diese Leitungen entlang führen und wessen Ackerflächen genau zerschnitten werden; von Naturschutzgebieten oder Schneisen, die vielleicht durch Wälder geschlagen werden müssen, ganz zu schweigen. Diese spannenden Fragen könnten – wenn es schlecht läuft – dem Wählervolk im nächsten Jahr schon die Stimmung verderben; steigende Strompreise würden ein Übriges tun.
Doch nichts wäre fataler als wenn die Bürger in diesem Land die Energiewende nicht länger mittrügen. Deshalb muss die Regierung Merkel endlich Nägel mit Köpfen machen – beim Netzausbau, beim Kraftwerksbau, bei der Förderung der Erneuerbaren. So gesehen bleibt die Energiepolitik – gleich nach der Schuldenkrise – die zweitwichtigste Baustelle der Kanzlerin.
Es sind imposante Zahlen, die uns in dieser Woche über den notwendigen Ausbau der Stromnetze präsentiert wurden. Und auf den ersten Blick sind 57 Milliarden Euro auch eine happige Rechnung, selbst wenn sie sich auf zehn Jahre verteilen. Aber es sind gut angelegte Milliarden, wenn man sich den tieferen Sinn dieser ganzen Aktion ins Gedächtnis ruft: Immerhin geht es um den Ausstieg aus der Risikotechnologie Atomkraft. Wem das zu teuer erscheint, dem sei ein Besuch in Fukushima und Umgebung empfohlen. Dort sind die Kosten eines einzigen Atomunfalls schon jetzt höher als das, was wir uns die Energiewende in den nächsten Jahren kosten lassen.
Wohltuend deshalb in dieser Woche die deutlichen Worte der Kanzlerin, die keinen Zweifel daran ließ, dass am deutschen Atomausstieg nicht gerüttelt wird. Atomausstieg heißt aber auch Abmarsch ins Zeitalter der erneuerbaren Energien. Da aber dämmert der Kanzlerin erst jetzt, was für ein Projekt sie unter dem Schock von Fukushima ausgerufen hat. Diese Energiewende könnte dereinst mit dem Namen Angela Merkel so verbunden sein wie der Name Willy Brandt mit der Ostpolitik oder der Helmut Kohls mit der deutschen Einheit. Für die Kanzlerin steht also einiges auf dem Spiel. Doch es geht nicht um persönlichen Ruhm einer Einzelnen. Es geht darum zu zeigen, dass in einem Land wie Deutschland, das eine Industrienation bleiben will, diese Energiewende machbar ist. Technisch, aber auch zu bezahlbaren Preisen, und zwar gleichermaßen bezahlbar für Verbraucher wie für Unternehmen. Über ihren Preis geht diese Energiewende jeden an, weil sie jeden trifft. Das aber hat die Kanzlerin erst reichlich spät realisiert. Was hinter der Steckdose passiert und welche ungelösten Probleme da vor sich hin dümpelten, war ihr nach Verkündung der Energiewende erst einmal egal.
Ein Jahr hat es gedauert, bis diese Energiewende vom Zankapfel zweier Minister zur Chefsache wurde. Aufgewacht ist Angela Merkel eigentlich erst, als ihr langjähriger Umweltminister als Wahlkämpfer entzaubert worden war - und als Garant einer sich auf gutem Wege befindenden Energiewende gleich mit. Und einen weiteren Stromstoß hat sie erhalten beim Blick in den politischen Kalender. Danach steht nach Lage der Dinge in gut einem Jahr eine für Angela Merkel nicht ganz unwichtige Wahl an, und pünktlich zu dieser Wahl sollen ihr dann nicht die ganzen Probleme vor die Füße fallen, die diese Bundesregierung nicht gelöst bekommt. Das erklärt auch das plötzliche Interesse der Kanzlerin an den offenen Problemen bei der Energiewende. Es ist nicht nur Sorge um das Land, es ist auch Sorge um die Macht.
Tatsächlich könnte sich in punkto Energiepolitik im kommenden Jahr einiger Ärger im Volk über der Kanzlerin zusammenbrauen. Beim Netzausbau sollen Bürger jetzt gerade mal sechs Wochen Zeit haben, sich mit Eckpunkten vertraut zu machen, wobei das Wort "Eckpunkte" besser durch "Endpunkte" beschrieben wird. Denn nur die Endpunkte der neuen Stromtrassen stehen seit dieser Woche fest, ihr genauer Verlauf noch nicht. Und damit bleibt die spannende Frage erst einmal offen, vor wessen Wohnzimmerfenster genau diese Leitungen entlang führen und wessen Ackerflächen genau zerschnitten werden; von Naturschutzgebieten oder Schneisen, die vielleicht durch Wälder geschlagen werden müssen, ganz zu schweigen. Diese spannenden Fragen könnten – wenn es schlecht läuft – dem Wählervolk im nächsten Jahr schon die Stimmung verderben; steigende Strompreise würden ein Übriges tun.
Doch nichts wäre fataler als wenn die Bürger in diesem Land die Energiewende nicht länger mittrügen. Deshalb muss die Regierung Merkel endlich Nägel mit Köpfen machen – beim Netzausbau, beim Kraftwerksbau, bei der Förderung der Erneuerbaren. So gesehen bleibt die Energiepolitik – gleich nach der Schuldenkrise – die zweitwichtigste Baustelle der Kanzlerin.